Saarbrücker Helmholtz-Zentrum Helmholtz-Reise in ein Land des Aufschwungs

Saarbrücken · Welche Chancen das künftige Helmholtz-Zentrum bietet, umriss Gründungsdirektor Michael Backes im Saarbrücker VHS-Zentrum. Der Informatikprofessor führte auch aus, welche politischen Hilfen dabei erwünscht sind.

 Auf Einladung der Stiftung Baukultur Saar legte Michael Backes am Donnerstagabend die Potenziale des künftigen Helmholtz-Zentrums dar.

Auf Einladung der Stiftung Baukultur Saar legte Michael Backes am Donnerstagabend die Potenziale des künftigen Helmholtz-Zentrums dar.

Foto: Iris Maria Maurer

„Kommen Sie mal mit auf eine Zeitreise“, begann Professor Michael Backes am Donnerstagabend auf Einladung der Stiftung Baukultur seinen ebenso launigen wie erhellenden Vortrag im Saarbrücker VHS-Zentrum. Backes, Gründungsdirektor des Saarbrücker „Helmholtz-Zentrums für Informationssicherheit – CISPA“, dem schon jetzt der Ruf eines „Saar-Valleys“ vorauseilt, an dem bis 2026 bis zu 800 (inter-)nationale Forschungsmitarbeiter anheuern sollen, sparte bei seiner zugleich retrospektiv wie visionär angelegten Zeitreise nicht mit Superlativen.

Man wolle zur „führenden Forschungseinrichtung weltweit“ werden und dabei auch dem Saarland kräftige Impulse geben – Backes sprach mit Blick auf die von dem künftigen Cybersicherheitsmekka zu erwartende Steigerung der regionalen Kaufkraft und Wertschöpfungsketten von einer „galaktischen Hebelwirkung“. Das vom Land längst zu einem Geschenk des Himmels auserkorene Zentrum wird zwar eine Forschungseinrichtung des Bundes sein (von Berlin künftig jährlich mit 45 Millionen Euro gefördert), weshalb sein Auftrag naturgemäß nicht die „Transformation des Saarlandes“ sei. Er habe sich aber vorgenommen, schob der 1978 in Lebach geborene Informatiker süffisant nach, „das geflissentlich zu ignorieren“.

Backes, der von seinem ganzen Habitus (Headset, Anzug nebst offenem Hemd und sein Publikum mit aus dem Leben gegriffenen Fragen und eingespielten Videos unmittelbar abholend) einen amerikanisch angehauchten Vortragsstil pflegte, machte zuletzt dann doch deutlich, was er sich von der Landesregierung wünscht. „Ein paar Dinge brauchen wir“, hob er an und nannte vier sicherzustellende Rahmenbedingungen für das Helmholtz-Zentrum:

▶ Die „Bildungskette“ müsse stimmen, sprich die hiesigen Schul- und Ausbildungsbedingungen mittelfristig selbst auch für einen gewissen Forschernachwuchs sorgen.

▶ Überdies sei – hier dürften sich die anwesenden Architekten im Saal innerlich die Hände gerieben haben – die Schaffung neuen Wohnraums unerlässlich für all die angeworbenen Forscher sowie weitere, dereinst aus dem Helmholtz-Zentrum hervorgehende ITler (mittels Ausgründungen wie auch Ansiedlungen neuer Firmen). Um die Dimensionen zu umreißen, sprach Backes von „eigenen Stadtvierteln“ – wobei der Gründungsdirektor da einen Radius von nicht mehr als zehn Fahrminuten zwischen Uni und Wohndomizil zog.

▶ Hilfreich seien „Dual-Career-Lösungen“, um Saarbrücken auch für die Partner ins Land gezogener Forscher attraktiv zu machen. Dass das Saarland für diese trotz seiner metropolenfernen Randlage und schmächtigen Finanzbrust „charmant“ sei, steht für Backes außer Frage: Niedrige Lebenshaltungskosten und kurze Wege sind eben auch ein Kapital. Wobei zur Aufwertung der Verkehrsanbindung des Uni-Campus an die City aus seiner Sicht nicht allein „ein paar Busse mehr reichen werden“.

▶ Zuletzt müsse das Land „unbürokratische Ausgründungen“ ermöglichen – was wohl heißen sollte, dass potenzielle Start-up-Unternehmen nicht im Strudel endloser Genehmigungsverfahren versinken.

Dass eine neue Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) dieser Tage vorrechnete, dass die regionale Wirtschaft von dem Helmholtz-Zentrum ab 2026 jährlich in einer Größenordnung von 75 bis 100 Millionen Euro profitieren könnte, wob Backes in seine Tour d’Horizon ein. Eingedenk dessen, dass das Saarland fünf Millionen Fördergelder im Jahr zuschieße, heiße dies unterm Strich, dass „wir dem Land sogar Geld schenken“. So selbstbewusst, wie der Informatikprofessor auftrat, plagen ihn keinerlei Zweifel an dem gewaltigen Aufschwung-Potenzial, den die Helmholtz-Unternehmung verheißt – wenn denn, so könnte man anfügen, das Land seine Hausaufgaben macht. Wobei Backes betonte, dass es „nicht meine Mentalität ist“, nun mit einem Forderungskatalog durchs Land zu laufen. Die anwesenden Politiker im Saal werden ihn schon verstanden haben.

Hatte Backes bei seiner Zeitreise von der digitalen Vergangenheit ins datenmäßig unüberschaubare Heute auf alarmierende Weise klargemacht, wie mangelhaft es um Datenschutz und autonome Systeme bestellt ist, so verdeutlichte sein Ausflug in die Zukunft, dass Cybersicherheit eine der Schlüsselherausforderungen der nächsten Jahrzehnte sein wird. Umso kleinlicher muteten die Wortmeldungen nach seinem vielbeklatschten Vortrag an. Um das Abholzen von Bäumen sorgte man sich da. Weshalb der Saarbrücker Stadtverordnete Peter Bauer (SPD) das für manchen durch die Helmholtz-Ansiedlung in Schieflage geratende ökologische Gleichgewicht wieder mit nackten Zahlen geraderücken musste: Allenfalls 15 Hektar Stadtwald könnten ihr zum Opfer fallen – bei einem Gesamtbestand von 1000 Hektar. Für einen Moment schien da selbst Michael Backes die Contenance zu verlieren, als er meinte: Wenn kein Baum gefällt werden dürfe, müsse man das Saarland beerdigen.

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