Auersmacher Passionsspielzeit 2020 Christ und Muslim erzählen vom Leiden Jesu

Auersmacher · Kriege vertrieben Rami Kardahi und Mohamed Kernafa mit ihren Familien aus der Heimat. In Auersmacher fanden sie ein Zuhause.

 Christ Rami Kardahi (li.) und Muslim Mohamed Kernafa wurden in Auersmacher gute Freunde. Sie spielen ab dem 7. März bei der Passion mit.

Christ Rami Kardahi (li.) und Muslim Mohamed Kernafa wurden in Auersmacher gute Freunde. Sie spielen ab dem 7. März bei der Passion mit.

Foto: Heino Lehmann

Wenn Mohamed Kernafa und Rami Kardahi von ihren Rollen erzählen, haben sie ein Funkeln in den Augen und freuen sich wie kleine Kinder. „Ich bin Simon von Cyrene. Er ist der erste Heilige mit dunkler Haut und half Jesus, das Kreuz zu tragen. Simon stammt wie ich aus Nordafrika“, erzählt Mohamed stolz.

Rami Kardahi spielt den Apostel Bartholomäus. „Ich bin beim Abendmahl dabei und darf vier Sätze sagen. Ich freue mich jetzt schon darauf und kann es gar nicht mehr abwarten“, sagt Rami. Beide sind in diesem Jahr vom 7. März bis zum 19. April bei den Auersmacher Passionsspielen (26 Aufführungen) dabei.

Kardahi ist 40 Jahre alt und kam mit seiner Familie vor sechseinhalb Jahren aus Syrien nach Deutschland. „In Syrien waren wir nicht mehr sicher. Wir sind Christen, und die Wahrscheinlichkeit war sehr groß, dass uns etwas hätte zustoßen können“, erklärt der studierte Mediziner. „In Syrien haben Christen und Moslems über Jahrzehnte zusammengelebt wie Brüder. Quasi von heute auf morgen wurde alles anders, das ist sehr schade“, sagt Kardahi weiter.

Er hat in Auersmacher eine neue Heimat und viele neue Freunde gefunden. „Unsere Familie ist jetzt Auersmacher. Wir lieben diesen Ort. Sei einem halben Jahr sind wir auch offiziell Deutsche und sehr stolz darauf, dass wir hier leben und arbeiten dürfen“, sagt der Laiendarsteller.

Mohamed Kernafa kam vor 28 Jahren, auch wegen eines Krieges, von Algerien nach Deutschland und fand ebenfalls in Auersmacher seine neue Heimat. Zwei seiner drei Kinder sind in Auersmacher geboren. Bis zum vergangenen Jahr hat er als Altenpfleger in seinem Ort gearbeitet, jetzt ist er in Rente.

Das Außergewöhnliche an Mohamed: Er ist Moslem und spielt bei der Inszenierung der Leidensgeschichte von Jesus Christus mit. „Ich bin seit meiner Jugend ein begeisterter Theaterschauspieler. In allen Religionen geht es darum, dass du deinen Nächsten lieben und respektieren sollst. Im Koran bekommt Jesus sehr viel Respekt. Es ist sehr schade, dass viele Menschen auf der Erde ihre Religion falsch interpretieren und meinen, sie müssten besser sein als andere. Das ist der falsche Weg“, sagt Mohamed.

Auch er und seine Familie sind den Auersmacher Bürger sehr dankbar für alles. „Also man muss als Ausländer schon die Bereitschaft zur Integration mitbringen und sich in die Gesellschaft einbringen. Wenn man dann auf Menschen wie in Auersmacher trifft, kann Integration ganz einfach sein“, sagt der 67-Jährige.

Noch knapp zwei Wochen haben Rami und Mohamed Zeit, ihre Rollen einzustudieren. Dann geht es los auf der großen Bühne des Ruppertshofsaales. Etwa 10 000 Besucher erwartet der Theaterverein Junge Bühne Auersmacher. „Das Spielen auf der Bühne macht großen Spaß, aber noch spannender finde ich die ganzen sechs Wochen davor. Wir sind an jedem Wochenende den ganzen Tag zusammen und haben eine schöne Zeit. Wir spielen die Passion meistens zweimal am Tag“, sagt Rami. Und sein Freund Mohamed nickt.

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