Dauerbrenner Zwei-Ämter-Affäre, 3. Teil - kein Bagger in Sicht

Regionalverband · Umstrittenes Projekt am Eurobahnhof stockt. Das Baugelände ruht im Dornröschenschlaf. Beschwerde liegt beim Oberlandesgericht.

 Auch hier gilt: Sie sehen, dass Sie nichts sehen - obwohl das neue Gebäude für Sozialamt und Jugendamt des Regionalverbandes auf diesem Gelände am Saarbrücker Eurobahnhof schon im Dezember bezugsfertig sein sollte.   

Auch hier gilt: Sie sehen, dass Sie nichts sehen - obwohl das neue Gebäude für Sozialamt und Jugendamt des Regionalverbandes auf diesem Gelände am Saarbrücker Eurobahnhof schon im Dezember bezugsfertig sein sollte.   

Foto: Iris Maria Maurer

Starke Nerven sind das A und O, wenn einer baut – egal ob Flugplatz oder Reihenhaus. Was schiefgeh’n kann, das geht auch schief. Fast immer. Und wär’ der Bauherr noch so klug. Er muss es doch erleiden. Beim Bauen sind sogar Behörden schon gescheitert – oder mussten lange, lange warten. Ja, und noch länger kann es dauern, wenn man sich etwas mietet, das noch gar nicht steht. Ein Musterbeispiel dafür ist der Regionalverband (RV) – dessen Zwei-Ämter-Affäre gerade wieder Fahrt aufnimmt.

Worum geht’s? Viele Jahre suchte der RV ein Gebäude, wo er sein Jugendamt und sein Sozialamt gemeinsam unterbringen kann. Das Jugendamt logiert bislang in der Heuduckstraße 1 in einem Haus, das der Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse des Saarlandes (RZVK ) gehört. Das Sozialamt ist in der Talstraße 2 in einem Haus, das dem RV gehört. Beide Gebäude lassen laut RV zu wünschen übrig.

Anfang 2015 schien die Lösung nah. Die Firma Immobilienverwaltung Poststraße Saarbrücken (IPS) bot dem RV ein Gebäude für die beiden Ämter an, die alte Oberpostdirektion in Malstatt. IPS und RV verhandelten lange, die IPS sah sich schon am Ziel. Doch dann entschied sich die Regionalversammlung im Juni 2015 in geheimer Sitzung überraschend für ein anderes Angebot. Das kam von der Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung (Giu) – und die gehört der Stadt Saarbrücken.

Aber das Angebot der Giu hatte einen Haken: Das Haus, das sie vermieten will, muss erst noch gebaut werden. Allerdings – so versicherte der RV damals der SZ – wolle die Giu das Gebäude so gestalten, dass es den Bedürfnissen der beiden Ämter optimal gerecht wird.

Und hier geriet das Ganze zur Affäre. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nämlich am 10. Juli 2014 entschieden: Wenn die öffentliche Hand ein Gebäude mietet, das nach ihren Vorgaben gebaut wird, dann ist das ein verdeckter Bauauftrag, und der muss ausgeschrieben werden. Bei Mietverträgen für existierende Gebäude ist das nicht nötig.

Dazu erklärte RV-Dezernent Werner Jenal 2015: „Dieses Urteil betrifft uns nicht.“ Die IPS sah das anders und legte Beschwerde bei der Vergabekammer des Saarlandes ein. Die wiederum stellte fest: Das Urteil des EuGH gilt auch in Saarbrücken.

Trotzdem durfte der RV seinen Mietvertrag mit der Giu behalten, denn die Kammer sagte auch: Das Giu-Angebot war billiger und hätte selbst bei einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten müssen.

Nun konnte die Giu loslegen. 2016 schrieb sie ihr Projekt (Planung und Bau in einem) europaweit aus – das muss sie, weil sie ja der Stadt gehört. Aber kaum hatte sie entschieden, wen sie beauftragen wollte, da kam das nächste Problem.

Zwei Firmen, die leer ausgingen, legten bei der Vergabekammer Beschwerde gegen die Entscheidung der Giu ein. Da hob die Giu ihre Ausschreibung auf — erklärte sie also samt Ergebnis für ungültig. Auch dagegen legten die beiden Firmen wieder Beschwerde ein. Und eine der Firmen zog sogar vors Oberlandesgericht. Dessen Entscheidung steht noch aus.

Und deshalb ruht der Bauplatz bis heute im Dornröschenschlaf. Obwohl das neue Haus im Dezember 2017 bezugsfertig sein sollte.

Müssen die Mitarbeiter der beiden Ämter nun bald im Freien ihre Schreibtische aufstellen? Der RV gibt Entwarnung. Die Ämter bleiben einstweilen, wo sie sind. „Der Einzug des Jugendamtes und des Sozialamtes in das neue Dienstgebäude am Eurobahnhof wird frühestens Mitte 2019 erfolgen können. Die bestehenden Mietverträge des RV sind so gestaltet, dass dem RV durch die Verzögerungen keine zusätzlichen Kosten oder andere Nachteile entstehen.“

Und was ist mit der Giu? Hätte sie die Verzögerungen vermeiden können? Entstehen ihr finanzielle Nachteile? Schließlich gehört sie der Stadt, und die Stadt steht für Verluste der Giu gerade. Die SZ hakte nach. Gemäß Landespressegesetz und gemäß Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10. Februar 2005 sind Firmen „deren sich die öffentliche Hand zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bedient“ dem Volk zur Rechenschaft verpflichtet.

Die Giu erklärte Folgendes: Erstens, sie habe nicht den Auftrag, „ein Gebäude zu errichten, in dem der RV sein Sozialamt und sein Jugendamt unterbringen will“. Zwischen RV und Giu existiere ein Mietvertrag, und zu dessen „Erfüllung errichtet die Giu einen Neubau zur Nutzung als Verwaltungsgebäude“ am Eurobahnhof. Grundstück und Haus bleiben Eigentum der Giu. Noch sei der Bau nicht genehmigt. Eine europaweite Ausschreibung werde vorbereitet. Zum Vorgang am Oberlandesgericht will die Giu nichts sagen, weil das ein schwebendes Verfahren ist. Auch auf die Frage nach finanziellen Folgen für die Giu erhielt die SZ keine Antwort.

> Weitere Berichte der SZ zur Zwei-Ämter-Affäre im Internet:

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