Wirtschaft Rehlinger stellt Eckpunkte des „Fairer-Lohn-Gesetzes“ vor

Saarbrücken · Das „Fairer-Lohn-Gesetz“ des Saarlandes, das das bisherige Tariftreuegesetz ablösen soll, nimmt Form an. „Wir haben jetzt die juristischen Voraussetzungen geschaffen, um sicherzustellen, dass in Zukunft bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im wesentlichen die Tarifverträge der jeweiligen Branchen oder vergleichbare Regelwerke gelten werden“, sagte Arbeitsministerin Anke Rehlinger (SPD) gestern bei der Vorstellung der Eckpunkte.

 Die saarländische SPD-Chefin und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger.

Die saarländische SPD-Chefin und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Um zu umgehen, dass Branchen mit einer geringen Tarifbindung oder Wirtschaftssektoren, in denen keine Tarifverträge existieren, die Mindestbedingungen nicht einhalten müssen, will das Ministerium per Rechtsverordnung die Unternehmen dazu zwingen, tarifliche Mindeststandards zu befolgen. Wenn das Gesetz vermutlich Anfang 2021 in Kraft tritt, soll für jede Branche eine solche Rechtsverordnung erlassen werden –  zusammen etwa 30 Stück, schätzt der zuständige Abteilungsleiter im Ministerium Lothar Gretsch.

Derjenige Unternehmer, der sich um öffentliche Aufträge bewirbt, verpflichtet sich unter anderem, Tarif- statt Mindestlohn zu zahlen. Weiter wird festgelegt, dass branchenübliche Zuschläge gezahlt werden müssen – außerdem Sondergratifikationen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Darüber hinaus muss er bestimmte Regelungen zu Arbeits- und Urlaubszeit einhalten. Allerdings sollen die Vorgaben den Unternehmen nicht starr auferlegt werden. „Wir achten bei der Umsetzung auf Verhältnismäßigkeit und praktische Machbarkeit“, sagte Rehlinger. Bagatellgrenzen sollen vor unvertretbarem Aufwand schützen. Außerdem will der Gesetzgeber die Bedingungen nach der Dauer des Auftrags staffeln, den das Land vergibt. Wie bisher soll auch das neue Gesetz erst ab einem Auftragsvolumen von mehr als 25 000 Euro gelten.

Verschärft wird hingegen die bisherige Regelung bei der Hauptunternehmer-Haftung. Derjenige, der den Auftrag federführend erhalten hat, könne sich dann nicht mehr herausreden, dass er für das Lohndumping eines seiner Subunternehmer nicht verantwortlich ist. Außerdem müssen sich Busbetriebe, die sich für Fahrten des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bewerben, bei erfolgreichem Zuschlag die Mitarbeiter der Firma übernehmen, die aufgrund der Ausschreibung nicht mehr zum Zug gekommen ist.

Rehlinger geht davon aus, dass die jetzt gefundene Regelung von anderen Bundesländern übernommen wird, da sie Vorbildfunktion habe. Zudem sei das Auftragsvolumen der öffentlichen Hand beträchtlich, so die Ministerin. In den vergangenen sechs Jahren hätten das Land und die Kommunen 8500 Aufträge im Wert von 3,1 Milliarden Euro vergeben. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, begrüßte den Vorstoß des Saarlandes. „Er trägt zur Stabilisierung des Tarifsystems bei und sorgt für eine Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen.“ Nur noch 24 Prozent der saarländischen Betriebe und 57 der Beschäftigten sind tarifgebunden, erinnerte die Ministerin.

Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU), Martin Schlechter, erteilte dem Vorhaben eine Absage. „Es ist nicht Aufgabe der Politik, die Ausgestaltung solcher Tarifverträge vorzuschreiben, indem sie Unternehmen von der öffentlichen Vergabe von Aufträgen ausschließt, wenn die Verträge bestimmte Eckwerte nicht erfüllen. Das stellt die Rolle der Tarifparteien und ihre Unabhängigkeit in Frage“, sagte er.

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