Saarbrücken Wir brauchen mehr Angstmanager

Diese Woche hagelte es förmlich Pressemitteilungen, die uns sagten: Wir, Eure Politiker, haben alles Menschenmögliche vorbereitet – für einen effektiven Kampf gegen Corona. Stimmt sicher. Aber eine Pressemitteilung fiel auf. Sie schien auch gegen Angst zu helfen.

 Jörg Laskowski

Jörg Laskowski

Foto: SZ/Robby Lorenz

Was brauchen wir, um die Corona-Krise zu überstehen? Krisenmanager? Entschlossene Frauen und Männer, die zupacken, die entscheiden, Verantwortung übernehmen und keine Angst haben, auch mal was falsch zu machen? Ja. Genau. Brauchen wir. Und das war‘s dann? Nein. Das reicht beileibe nicht. Was wir vor allem brauchen, sind Angstmanager. Ja, was ist denn das? Das hört sich ganz neu an, ist aber eine uralte Art von Managern. Bewährt über Jahrtausende. Denn in jeder Gefahr haben wir zwei Feinde: die Gefahr und unsere Angst davor.

Die Gefahr macht manchmal Pause, bleibt draußen. Aber die Angst kommt mit rein, ist immer da, geht mit in die Küche, in den Keller, mit aufs Klo. Sie sitzt uns im Nacken, sie raubt uns den Schlaf. Angst macht schlapp und aggressiv. Wer Angst hat, kämpft schlecht, verliert die Übersicht. Usw. Usw. Viel dringender als den Krisenmanager brauchen wir also den Angstmanager – einen, der uns die Angst nimmt und uns Mut macht. Dann kriegen wir den Kopf klar, und dann knacken wir auch die Krise. Und wie nimmt man Menschen die Angst? Indem man geduldig zuhört und verständnisvoll mit den Menschen spricht – und zwar in ihrer Sprache. Ein Musterbeispiel dafür war die Pressemitteilung, mit der Quierschieds Bürgermeister Lutz Maurer in dieser Woche seine  Hilfsangebote vorstellte. Hut ab! Da entsteht das Bild einer Gemeindeverwaltung, bei der Menschen, egal ob alt oder jung, mit allem, was sie drückt, willkommen sind. Zum Sorgentelefon hieß es beispielsweise: Es sei für alle, die „von Kummer geplagt und von Vereinsamung bedroht sind“. Und weiter: „Rufen Sie an, berichten Sie uns von Ihrem Alltag, Ihren Sorgen. Mitarbeiterinnen der Gemeinde freuen sich darauf, Menschen am Telefon Gesellschaft zu leisten, die den Wegfall der sozialen Kontakte nicht einfach über digitale Medien kompensieren können.“ Na, also. Da kann man anrufen, ohne sich zu genieren.

Aber Maurer legte noch eins drauf. Er bewies die wichtigste Eigenschaft des Angstmanagers – Mut. Er appellierte „an alle Vermieter von Wohn- oder Geschäftsräumlichkeiten: „Kommen Sie, wenn es Ihnen möglich ist, Ihren Mietern entgegen. Mittel- bis langfristig werden alle davon profitieren!“ Recht hat der Mann. Die Miete ist für viele Deutsche jeden Monat der bei weitem dickste Brocken. Und wenn wir wüssten, wie viel Geld Deutschlands Mieter jedes Jahr für längst abgezahlte Wohnungen oder Geschäftsräume hinlegen müssen – dann würden uns wahrscheinlich die Socken explodieren, dann käme uns das neue Berliner Hilfspaket wohl ziemlich lächerlich vor.

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