Serie Wie gehts? Unternehmer Scheer denkt über „Timing“ nach

Unsere Serie liefert private Momentaufnahmen während der Corona-Krise. SZ-Redakteurin Cathrin Elss-Seringhaus stellt bekannten Saarländern ähnliche zentrale Fragen und bittet um ein Selfie oder einen Schnappschuss.

 Hightech-Pionier August-Wilhelm Scheer an seinem Arbeitsplatz zu Hause in Saarbrücken.

Hightech-Pionier August-Wilhelm Scheer an seinem Arbeitsplatz zu Hause in Saarbrücken.

Foto: August-Wilhelm Scheer

Heute: Professor Wilhelm August Scheer (78), Hightech-Pionier, Alleininhaber und Geschäftsführer der Scheer Holding in Saarbrücken und Musiker.

Wie lebt es sich gerade so?

Die Zugehfrau versorgt ihn. „Ich bin in Isolation wie alle in der Risikogruppe“, sagt Scheer. Dabei fühlt er sich ganz gut gewappnet, er hat keine Vorerkrankungen, ist gegen Lungenentzündung geimpft, nimmt Immunabwehr stärkende Präparate und hält sich fit. Am Tag des Anrufs hat Scheer bereits einen eineinhalbstündigen schnellen Waldgang hinter sich. Er geht um 7.15 Uhr morgens raus, wenn er ziemlich allein ist. „Ich tue das, was ich für mich tun kann“, sagt er und meint doch: „Man kann das Virus wohl nicht vermeiden.“ 60 Prozent der Bevölkerung würden ja wohl erwischt.

Welche Pläne wurden torpediert?

Musikalische. „Eigentlich wäre ich jetzt in Krakau und würde jeden Abend ein Konzert spielen“, sagt der Saxophonist.

Was hat er in der Krise gelernt?

Wie leicht es ist, noch effektiver zu arbeiten, indem man digital kommuniziert. Scheer und seine Mitarbeiter merkten jetzt, wie viel unnötige Zeit man mit Hin-und-Herreisen verbringt. „Wir sparen gerade 100 000 Euro an Reisekosten“, sagt Scheer. Trotzdem laufe alles rund, am 1. April seien 25 neue Mitarbeiter gestartet, die Einführungs-Gespräche seien über Videokonferenzen gelaufen. Auch andere Unternehmen schwenkten jetzt um, man forciere E-Learning in der Weiterbildung. „Die Arbeitsformen werden jetzt umgestellt und werden nicht wieder auf den alten Stand zurückkehren.“ Deshalb brumme in seiner Firma das Geschäft. Für ihn selbst bedeute der Zeitgewinn, dass er endlich ein längeres Manuskript vollenden könne. Nicht etwa über digitale Zukunftsstrategien, Scheers Thema lautet „Timing“, es stammt aus der Vor-Corona-Zeit, passt aber gerade bestens, da viele mit Langeweile oder mit Heimarbeits-Stress kämpfen. Bei Scheer geht es allerdings um „Kairós“, den rechten, glücklichen Moment, etwa für Erfindungen. „Es gibt auch in meinem Leben verpasste Gelegenheiten. Mal war ich viel zu früh dran mit Ideen, dann wiederum haben mir andere Sachen weggeschnappt, weil ich zu langsam war.“

Was plant Scheer für die Nach-Corona-Zeit?

Ziemlich gleich mal einen Restaurantbesuch: „Ich freue mich darauf, was Ordentliches zu essen“. Wo? Bei einem „gehobenen Italiener“, denn langes Tafeln im Sternetempel mache ihn nervös.

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