Saarbrücken Wie Alex Zewe zur „Chef-Abenteurerin“ wurde
Saarbrücken · Saarbrücken bietet der Tourismus-Expertin die studierten Nachwuchskräfte für das Geschäft mit maßgeschneiderten Fernreisen.
Im Büroflur ihrer Firma auf den Saarterrassen ist eine ganze Wand behängt mit bunten Urlaubskarten. „Hier sammeln wir positive Rückmeldungen unserer Kunden, um uns noch mehr zu motivieren“, sagt Alex Zewe und strahlt dabei, als hätte sie noch mehr Motivation für ihren Job gar nicht nötig. Das war vor Jahren anders. Damals war Zewe nach einem Studium der Interkulturellen Kommunikation als Managerin im Einzelhandel „gelandet“ und mit ihrer Situation eher unglücklich.
Heute ist sie Prokuristin und „Chef-Abenteurerin“ der AbenteuerWege Reisen GmbH, eines Unternehmens, das individuelle Wander- und Radreisen in 17 europäische Länder anbietet.
Die GmbH ist eine eigenständige Tochterfirma des britischen Reiseveranstalters Macs Adventure mit Sitz in Glasgow. Dass die Briten ihren deutschen Ableger 2015 ausgerechnet in Saarbrücken gründeten, verdankt sich der Tatkraft und Begeisterung von Alex Zewe, und ihrem Mut, ihre unglückliche Situation zu verändern. Mit 35 Jahren entschloss sich Zewe, ihre sichere Position im Einzelhandel zu kündigen und noch einmal zu studieren.
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft hatte da gerade einen neuen Studiengang Internationales Tourismusmanagement eingerichtet. „Es ist ein sehr guter Studiengang, mit sehr engagierten Dozenten, die sehr viel Wert auf soziale Kompetenzen legen“, schwärmt Zewe. Zum Studium gehört auch ein verpflichtendes Praktikum im Ausland. Der Gedanke, weit wegzugehen, passte ihr gar nicht, gesteht Zewe. Doch dann sagte sie sich, wenn schon, dann richtig und bewarb sich, auch weil sie gern reist, bei Macs in Glasgow.
„Ich war sofort begeistert, die ganze Energie, die da war, die Mühe, die sie sich gaben, da sagte ich, das will ich auch“, erinnert sich Zewe. Bei Neal Lapping, dem Gründer von Macs Adventures, stieß die motivierte Deutsche mit ihrer Idee eines deutschen Ablegers auf offene Ohren. Denn seine Firma wuchs kräftig, und er sah in Deutschland den größten und zukunftsfähigsten Markt für individuelle Aktivreisen. „Ende 2014, wieder zu Hause, fing ich dann von meinem Esszimmer aus an zu recherchieren und die Gründung vorzubereiten, im Februar 2015 haben Neil und ich dann gegründet.“ Im März holte sie Helen Stein, ebenfalls Absolventin des Tourismus-Studiengangs, fürs Marketing mit ins Boot. Anfangs arbeiten sie im Coworking-Space Ligatura. „Dass der existierte, war ein Glücksfall, dort gab es die ganze Infrastruktur, die wir brauchten, und wir waren nicht allein, wir haben viel von den Ratschlägen der anderen Coworker profitiert“, sagt Zewe.
Nachdem im Mai 2015 die Webseite freigeschaltet war und die Kunden buchten, lief das Geschäft so gut, dass AbenteuerWege ständig weitere Mitarbeiter einstellen musste, vornehmlich HTW-Tourismusabsolventen. Im Jahr drauf brauchten sie neue, größere Räume und wechselten mit inzwischen 15 Mitarbeitern auf die Saarterrassen. Doch warum brauchte Macs Adventures überhaupt eine deutsche Niederlassung? Die Werbung, die Buchung erfolgen übers Internet, der Kundenkontakt läuft telefonisch, hätte man das nicht alles von Glasgow aus machen können?
„Reisen ist Vertrauenssache“, sagt Zewe. Das deutsche Verbraucherschutzgesetz sei für die Kunden besser, die Unternehmensform GmbH vertrauenswürdiger als eine britische Ltd., eine deutsche Adresse für den Kundenkontakt besser. Und außerdem müsse das Produkt angepasst werden, sagt sie.
170 Touren, bei denen der Kunde individuell wandern oder Rad fahren kann und sich das Unternehmen um den Gepäcktransport und die Übernachtung kümmert, haben AbenteuerWege inzwischen im Programm. Ein Großteil wie den Kundenfavoriten West Highland Way hat man vom Mutterhaus übernommen, aber auch bereits 35 eigene Touren, vor allem in Deutschland entwickelt, teils auch für den britischen Markt.
Wandern boomt. „Für den an einigen Stellen überlaufenen Jakobsweg entwickeln wir jetzt schon stillere Alternativrouten“, sagt Zewe. Bei 4500 erwarteten Kunden und einem Wachstum von 80 Prozent in diesem Jahr wird sie bald wieder neue Mitarbeiter einstellen müssen. Doch zum Glück gibt es die HTW. „Ohne ihre Tourismusstudiengänge, soviel steht fest“, sagt Zewe, „hätte es die Firma nie gegeben.“