Werkstättentag 2022 So fordern Menschen mit Behinderung in Saarbrücken Wertschätzung

Saarbrücken · Die Landesarbeitsgemeinschaft der Behindertenwerkstätten nutzt einen Bundeskongress in Saarbrücken, um für faire Löhne zu kämpfen.

So sieht es aus, wenn Behinderte in Saarbrücken Wertschätzung einfordern
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So sieht es aus, wenn Behinderte in Saarbrücken Wertschätzung einfordern

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Foto: BeckerBredel

In der Saarlandhalle und der Congresshalle tauschen sich Experten aus dem gesamten Bundegebiet über die Arbeit mit behinderten Menschen aus. Der Fachkongress ist nicht für externe Besucher bestimmt. „Deswegen haben wir unser Zelt auf dem Ludwigsplatz aufgeschlagen und zeigen dort jedem, der sich für unsere Arbeit interessiert, was wir tun“, sagt Michael Schmaus, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Behinderte Menschen im Saarland. Mehrere Tage lang steht der Ludwigsplatz im Zeichen der behinderten Menschen.

Der Bundeskongress finde nur alle vier Jahre statt, tage jetzt in Saarbrücken und biete die Gelegenheit, sich in größerem Rahmen zu präsentieren und auch zentrale Forderungen laut zu äußern, erklärt Schmaus. Denn die Werkstätten wünschen sich ein anderes Entlohnungssystem für die Beschäftigten, die momentan im Schnitt für einen Monat Arbeit ein Taschengeld von 200 Euro erhalten würden (wir berichteten).

„Natürlich erhalten die Beschäftigten noch andere Leistungen. Aber wir sind uns einig im Verband, dass das neu gestaltet werden muss. Das hat vor allem mit der Wertschätzung für die Beschäftigten zu tun, die noch dazu genötigt sind, jedes Jahr Anträge bei den Ämtern zu stellen und ihre Vermögensverhältnisse offenlegen müssen,“ sagt Schmaus. Den Kongress in Saarbrücken nutze die Landesarbeitsgemeinschaft, um an die Öffentlichkeit zu gehen.

Dabei erreichten die Organisatoren nicht nur Passanten und gezielt vorbeischauende Angehörige, sondern auch viele Politiker. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) kam vorbei, mehrere Minister und auch die ehemalige CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. „Der Gesundheitsminister Magnus Jung will das Thema in die deutsche Sozialministerkonferenz mitnehmen. Wobei die Regelung eine Bundesangelegenheit ist. Aber die Rückmeldungen, die wir hier bekommen, sind alle positiv“, sagt Schmaus.

Klaus Posselt von der Lebenshilfe Obere Saar, einem weiteren großen Betreiber von Werkstätten, sagt: „Wir wollen den Beschäftigten einen fairen Lohn auszahlen. Wir haben noch nicht den konkreten Lösungsvorschlag. Aber die Beschäftigten dürfen nicht wie Bittsteller dastehen. Die Arbeit eines Behinderten darf nicht weniger wert sein als die eines gesunden Menschen.“ Posselt sitzt auch im Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft. Er ist dafür, dass man öffentliche Leistungen, die ohnehin für die Behinderten bezahlt werden, über den Lohn ausschüttet. „Das würde eine ganz andere Stufe der Wertschätzung ausdrücken.“

Auf dem Ludwigsplatz warben die Werkstätten in eigener Sache. Die Lebenshilfe hatte eine Tanzgruppe am Start, bei der Reha GmbH konnte man sich auf einem Rollstuhl-Parcours erproben. Dort versuchte sich Marco Scholer. „Es ist erstaunlich, wie schnell es dann nicht mehr weitergeht. An einer kleinen Kante blieb ich stecken, dann auch im Kiesbett“, sagte er nach der Testfahrt. Ein befreundeter Rollstuhlfahrer lächelte und bot ein Wettrennen an. Denn er meistert diese Alltagshürden jeden Tag. Dies zu verdeutlichen, darum ging es. In einer Ausstellung vor der Kirche zeigten die Werkstätten moderne digitale Assistenzsysteme, ein zweites Kernthema des Kongresses.

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