Apotheker müssen jetzt manchmal um Geduld bitten Warten auf Medikamente im Regionalverband

Regionalverband · Vieles bekommt man in Apotheken noch problemlos – aber nicht mehr alles. Apotheker kritisieren das Produzieren in Billig-Ländern.

 Die Landmann-Apotheke am Montag in der Reichsstraße im sehr menschenleeren Saarbrücken.

Die Landmann-Apotheke am Montag in der Reichsstraße im sehr menschenleeren Saarbrücken.

Foto: BeckerBredel

Manchmal hängt es an Kleinigkeiten. In einer Apotheke in Püttlingen erklärt der Apotheker: Alle Bestandteile, um ein Hände-Desinfektionsmittel herzustellen, sind da, auch die Flaschen zum Abfüllen – aber nicht die Deckel, da gibt’s Lieferschwierigkeiten. Die meisten Medikamente bekommt man. Oder man kann auf andere Hersteller umsteigen. Aber in Einzelfällen muss man länger warten oder den Arzt wegen eines Ersatz-Medikamentes konsultieren.

Ein Beispiel: Ein dreijähriges Mädchen aus Heusweiler (Name ebenfalls bekannt) weint vor Schmerzen, hat hohes Fieber, eine Horrorvorstellung für die Eltern, gerade in dieser Zeit. Die Kinderärztin kann jedoch hinsichtlich der Viruserkrankung Covid-19 beruhigen, stellt aber eine für das Kind schmerzhafte Harnwegsinfektion fest. Sie verordnet ein Antibiotikum. Der Vater des Kindes telefoniert beinahe eine Stunde lang mit Apotheken in der Region. Erhält nach vielem Hin und Her lediglich ein Ersatzmedikament in einer Apotheke in Güdingen, 25 Kilometer von Heusweiler entfernt. Dem Kind geht es inzwischen wieder besser.

Karsten Wohlfeil, Geschäftsführer der Apothekerkammer des Saarlandes und derzeit im Home Office, sagt: „Es gab in der Vergangenheit bei der Versorgung mit Medikamenten ja immer mal wieder Engpässe.“ Dies führt Wohlfeil, wie seine Kollegen in den Apotheken vor Ort, darauf zurück, dass viele Medikamente heutzutage in Billiglohnländern wie China, Indien oder Brasilien produziert werden. Wohlfeil: „Durch die aktuellen Corona-Probleme hat sich die Situation natürlich verschärft.“ Der Geschäftsführer der Apothekerkammer rät der Kundschaft dazu, Ruhe zu bewahren, und insbesondere hinsichtlich der knapp gewordenen Atemschutzmasken oder Handschuhe keine Hamsterkäufe zu machen. Wohlfeil: „Diese Schutzkleider gehören dahin, wo sie wirklich gebraucht werden, in die Krankenhäuser und Arztpraxen.“

 Yasmin Hassan, Chefin der Stadt-Apotheke Saarbrücken, sagt: „Trotz bestehender Lieferengpässe legen wir Wert darauf, alles für die Bevölkerung zu tun. Wir nehmen Bestellungen entgegen, wir fahren aus, wir verschicken. Desinfektionsmittel stellen wir selbst her und beliefern auch Arztpraxen damit.“ Atemschutzmasken, derzeit ein rarer Artikel, seien bestellt.

Gerade in diesem Zusammenhang macht die Saarbrücker Apothekerin verschiedene Ursachen für den bestehenden Mangel aus. Sie nennt unnötige Hamsterkäufe, zudem „Fake News“ und sagt: „Oft hängen die Atemschutzmasken auch beim Zoll fest, wie übrigens andere Medikamente auch.“ Sie sieht in diesem Zusammenhang die Politik in der Verantwortung, die jahrelang die Produktion etwa von Antibiotika in Billiglohnländer vergeben habe, mit dem Langzeiteffekt der Engpässe gerade in der jetzt entstandenen außergewöhnlichen Situation. Was können betroffene Patienten tun? „Uns ansprechen, wir sind im Prinzip gut bevorratet.“

Oliver Blank, Inhaber der Apotheke Landmann in Völklingen – mit zwei Filialen in Saarbrücken – hat einen Bericht zum Thema „Freie Marktwirtschaft im Gesundheitswesen“ verfasst und ist wütend: „Es gab schon vorher Lieferengpässe bei rund 170 Medikamenten, wegen der Globalisierung. Hat doch niemand geglaubt, dass einmal Paracetamol knapp wird.“ Das habe sich mit dem Corona-Knick verschärft. Blank: „Ich hoffe, dass die deutsche Gesundheitspolitik endlich begreift, dass man die Sparschraube nicht unendlich anziehen kann und es schließlich nicht auch noch zu den befürchteten Engpässen bei lebensnotwendigen Medikamenten kommt.“

Hinsichtlich der fehlenden Hilfsmittel wie Schutzmasken oder Schutzhandschuhen bedauert Apotheker Blank besonders die Hamsterkäufe: „Diese Sachen werden nun wirklich eher von den betroffenen Patienten, den Krankenhäusern und Arztpraxen benötigt.“

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