Bildung Die Volkshochschule zeigt mehr Gesicht

Saarbrücken · Orte der Fortbildung sind die Volkshochschulen. Und im Regionalverband soll lebenslanges Lernen stark machen gegen Feinde der Demokratie.

 Viele Zuhörer verfolgten die Reden zum Semesterbeginn der Volkshochschule.

Viele Zuhörer verfolgten die Reden zum Semesterbeginn der Volkshochschule.

Foto: Daniel Schappert

Im Januar jagt ein Neujahrsempfang den anderen. Doch warum soll man so früh einladen, wenn das Semester erst im Februar beginnt, dachte sich die neue Direktorin der Volkshochschule (VHS) des Regionalverbandes Saarbrücken, Caroline Lehberger. Und so lud sie mit Regionalverbandsdirektor Peter Gillo am Montag erstmals Dozenten, Leiter der örtlichen VHS, politische Vertreter des Regionalparlaments und die Öffentlichkeit zur Semestereröffnung ins VHS-Zentrum am Schloss ein.

Dort, vor den mit rund 140 Besuchern gut gefüllten Reihen und musikalisch begleitet vom VHS-Chor Yellow Submarine, machte Gillo der Direktorin für ihre neuen Akzente Komplimente. Etwa für die Werbekampagne mit einem begeisterten VHS-Kursteilnehmer als „Semestergesicht“ (wir berichteten) und das runderneuerte „moderne Outfit“ des Programmhefts. Kleiner und mit neuem Layaout, hat das Heft ein farbiges Register, damit man Programm- und Themenbereiche schneller findet.

Wichtig war Lehberger, zu jedem Themenbereich den jeweiligen Ansprechpartner zu nennen und ihn mit einem Porträtfoto abzubilden. „Die VHS zeigt dadurch mehr Gesicht“, erklärte sie. Auch neue Kurse erhält das Heft. So lässt sich unter dem Titel „Rauchfrei“ erstmals lernen, wie man zum Nichtraucher wird, wie Gillo hervorhob, und in der Akademie für Ältere „Selbstverteidigung“ einüben.

Die politische Jugendbildung nannte Gillo angesichts des Erstarkens rechtspopulistischer Strömungen wichtig und aktuell wie nie. So gibt es für 1000 Jugendliche Exkursionen auf die Schlachtfelder von Verdun und in das ehemalige KZ Natzweiler-Struthof.

Den besonderen Wert der VHS als „organisierter Form des lebenlangen Lernens“ gerade in Zeiten des Internets stellte Horst Busch heraus. Der Chefdramaturg des Saarländischen Staatstheaters, auch als Dozent an der VHS tätig ist, sieht die Volkshochschulen als Ort der Demokratie in der Tradition der Aufklärung. Im Sinne Kants sieht Busch seine Aufgabe nicht darin, zu belehren, „sondern Mut zu machen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, sich seine eigenen Gedanken zu machen, Impulse zu geben“. Doch es gehe ihm nicht nur darum, den Verstand, sondern auch die Sinne zu schärfen, Offenheit und Begeisterung zu vermitteln. „Wir Theaterschaffende können mit Begeisterung von unserer Arbeit erzählen, doch für mich wird dabei das direkte Gespräch, der unmittelbare Austausch immer wichtiger“, sagte Busch. Darin sieht er auch den großen Vorzug von VHS-Kursen. In unserer vermeintlichen Freizeitgesellschaft mit unendlichen Möglichkeiten zögen sich viele ganz zurück, kommunizierten oberflächlich über Internet-Netzwerke.

Sie verlernten so, sich im direkten Gespräch mit anderen Menschen und Ansichten auseinanderzusetzen. Stattdessen beschränke man sich auf oberflächliche Nettigkeiten oder gar Häme, einer enthemmten Sprache, zu der die Netzwerke verleiteten. Den Appell von Autor Stéphane Hessel – der unter dem Titel „Empört Euch!“ zu einem friedlichen Aufstand gegen die Massenkommunikationsmittel, die der Jugend nur Massenkonsum, Verachtung der Schwächsten und der Kultur als Perspektive böten, aufrief – will Busch daher erweitern. An Empörung mangele es heute nicht, jedoch an friedlicher Auseinandersetzung. Deshalb gelte es, wieder zusammenzukommen und diskutieren zu lernen, ohne Schaum vorm Mund. Jeder VHS-Kurs, sagte Busch, biete uns Gelegenheit dazu.

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