Zwischen Schamgefühl und Fürsorgepflicht

Völklingen · In den Umkleiden und Duschen der Schwimmbäder gilt die Geschlechtertrennung. Aber heißt das auch, dass man Mütter und schutzbefohlene Minderjährige trennen darf? Gilt Moral mehr als Aufsichtspflicht? Hier ein Fall aus Völklingen, bei dem eine Mutter protestierte.

 Im Becken schwimmen Kinder und Erwachsene gemeinsam – in der Umkleide gilt Geschlechtertrennung. Symbolfoto: dpa/W. Pfeiffer

Im Becken schwimmen Kinder und Erwachsene gemeinsam – in der Umkleide gilt Geschlechtertrennung. Symbolfoto: dpa/W. Pfeiffer

Frauen und Mädchen hier, Männer und Buben dort. So kennen und akzeptieren es Badegäste allerorten, diese Regelung - so bringt es die Stadt Völklingen auf den Punkt - trage dem Schamgefühl der Menschen Rechnung. Doch ist nicht auch ein Fall denkbar, wo man eine Ausnahme machen könnte, ohne Anstand und Moral zu gefährden? Caroline M. aus Ludweiler wollte kürzlich mit ihrem sechsjährigen Sohn und dem neunjährigen Patenkind das Hallenbad Völklingen besuchen, war aber schneller wieder draußen als gedacht. Die Mitarbeiterin an der Kasse ließ nämlich nicht zu, dass die Kinder in den Umziehbereich der Damen mitgingen.

Was ist mit der Aufsichtspflicht ?

Sie sollten allein in den Herrenbereich. Caroline M. war perplex über dieses ihrer Ansicht nach "absurde" Verbot, schließlich habe sie eine Aufsichtspflicht über die Minderjährigen. Ihre Fragen: "Wenn die Kinder schneller fertig sind als ich und in die Halle stürmen und als Nichtschwimmer ins Becken springen, wer übernimmt die Verantwortung? Oder wenn sie beim Duschen in der Herrendusche ausrutschen und mit dem Kopf aufschlagen?"

Die Stadtverwaltung Völklingen , mit den Vorwürfen konfrontiert, hat sich um eine detaillierte Aufarbeitung der Angelegenheit bemüht. Nach ihrer Darstellung verstand die Kassenmitarbeiterin das Alter der Jungs als "acht und neun Jahre", nicht als "sechs und neun Jahre" - ein nicht ganz unwichtiges Detail, denn "kleinere Kinder, etwa bis zum Einschulungsalter, können von den Begleitpersonen, je nach Geschlecht, in den jeweiligen Umkleidebereich mitgenommen werden, um diesen beim Umziehen oder Duschen zu helfen beziehungsweise sie zu begleiten". Dass der Sohn nicht mit der Mutter in die Umkleide durfte, könnte also auf ein Kommunikationsproblem zurückzuführen sein.

Für den Neffen hätte es allerdings keine Chance gegeben. Die Stadt Völklingen sagt: "Bei Kindern ab dem Grundschulalter gilt aus moralischen Gründen und zur Wahrung der jeweiligen Intimsphäre der Badbesucher normalerweise die Regelung, dass diese allein den Umkleidebereich ihres jeweiligen Geschlechtes nutzen, da man von Kindern in diesem Alter erwarten kann, dass sie sich ohne fremde Hilfe umziehen und duschen können. Erst recht gelten diese Umgangsformen für einen Jungen im Alter von neun Jahren." Was die von Frau M. angeführten Unfallgefahren angeht, hält der kommunale Badbetreiber entgegen, dass "andere Nutzer oder auch eine Reinigungskraft sich dort aufhalten und unverzüglich Hilfe leisten können, wenn ein Kind sich verletzen sollte".

Service in Sonderfällen

Vielleicht nicht allgemein bekannt ist folgender Service, auf den die Stadtverwaltung aus Anlass dieser Angelegenheit nun hinweist: "Ausnahmsweise werden Kinder, die zum ersten Mal das Bad besuchen und somit die Einrichtung noch nicht kennen, von einer Reinigungskraft des Bades bei der Umkleide und dem anschließenden Duschvorgang begleitet. In Einzelfällen wird kleineren Familien angeboten, einen gesondert abgetrennten Bereich, der für die übrigen Badegäste nicht zugänglich ist, zu nutzen. Für den Duschbereich ist dann aber trotzdem nur die Nutzung durch das jeweilige Geschlecht zulässig."

Bevor die Kassiererin dazu gekommen sei, Caroline M. diese Ausweichmöglichkeit anzubieten, habe diese sich bereits umgedreht und das Bad verlassen, "so dass eine Lösungsfindung nicht mehr möglich war, was von unserer Seite bedauert wird".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort