Handwerkskunst mit Hochdruck Wo Heidi stöhnt und schnauft

Vöklingen · Digitaldruck? Nein danke: Gegen den Trend setzt Christoph Hauser auf seine alten Heidelberger Hochdruckmaschinen – und hat sich eine Nische als Veredelungsbetrieb geschaffen.

 Christoph Hauser, Buchdrucker aus Überzeugung, bedient „Heidi“, eine seiner alten, aber vielfältig einsetzbaren Heidelberger Druckmaschinen. Mit denen schwimmt „Hauser Druck“ in Völklingen-Geislautern bewusst gegen den Trend. Im Hintergrund das Farblager, es erlaubt über 8000 Mischfarben.

Christoph Hauser, Buchdrucker aus Überzeugung, bedient „Heidi“, eine seiner alten, aber vielfältig einsetzbaren Heidelberger Druckmaschinen. Mit denen schwimmt „Hauser Druck“ in Völklingen-Geislautern bewusst gegen den Trend. Im Hintergrund das Farblager, es erlaubt über 8000 Mischfarben.

Foto: BeckerBredel

„Ssssss-Tack-Tack-Fffffft ...“ – Heidi schnauft und stöhnt bei der Arbeit, hört sich beim Papier-Ansaugen an wie ein asthmatisches Dampfbügeleisen. Und sie müffelt so wunderbar nach Maschinenfett und Druckerschwärze, dass dem Reporter, der diese Düfte noch aus dem alten SZ-Druckhaus kennt, das Herz aufgeht.

„Heidi“, das ist eine der alten Heidelberger Druckmaschinen aus den frühen 1960ern, die bei Hauser-Druck in Völklingen-Geislautern stehen. „Aber eigentlich ist ihre Lebenszeit unbegrenzt. – Wenn nur genug Öl, Fett und Liebe an die Maschine herangetragen wird“, sagt Christoph Hauser, Chef der kleinen Firma, die eine ungewöhnliche Marktnische gefunden hat: Während fast alle Druckereien schon lange auf Digitaldruck umgesattelt haben, hat Christoph Hauser, der seine Firma selbst als „Einhorn unter den Druckereien“ bezeichnet, den umgekehrten Weg gewählt.

Im Laufe der Jahre hat er sich von vier modernen Offset-Druckmaschinen getrennt und stattdessen alte Hochdruckmaschinen angeschafft – darunter fünf der in Drucker-Kreisen renommierten Heidelberger Druckmaschinen, die alle ihre individuellen Namen bekommen haben. Hauser deutet auf eine und sagt stolz: „In der Maschine gibt es kein einziges elektronisches Teil – läuft alles mechanisch. Wenn Sie den externen Antriebsmotor wegnehmen, dann könnten Sie als Antrieb auch ein Wasserrad nehmen.“

Was auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint: Gerade diese alten Maschinen können dank An- und Umbauten so einiges, bei dem ihre digitalen Nachfahren passen müssen. Und so hat sich der Handwerksbetrieb im Laufe von 25 Jahren auch zu einem Veredelungsbetrieb entwickelt, denn „etwa 70 Prozent unserer Kunden sind andere Druckereien, die diese Art der Weiterverarbeitung nicht mehr im Programm haben“, erklärt Hauser.

So können Bücher zum Beispiel eine Kantenveredelung mit Goldschnitt erhalten, und Einbände können mit Reliefs oder aufgedruckten Buchstaben aus Goldfolie versehen werden – Letzteres übernimmt „Heinrich“, eine zum Folien-Veredler umgerüstete Heidelberger, die mit Hitze und Druck die verschiedensten Folien auf Buchdeckel und hochwertige Geschäftsausstattungen aufbringt, sogar eine hochmoderne Hologramm-Folie. Manchmal ist allerdings Improvisation gefragt. Etwa als der Firmenchef Goldfolienrollen der Länge nach dreiteilen musste und aus Legosteinen und Teppichmessern eine Schneidemaschine bastelte – was den fünf Kindern von Agnes und Christoph Hauser nicht sonderlich gefallen hatte, „die mussten damals nämlich ihre Legosteine rausrücken“, bekennt der Buchdrucker lachend.

Ein „Buchdrucker“ druckt übrigens keineswegs nur Bücher, denn als Fach- und Oberbegriff gehört zum „Buchdruck“ etwa auch das Drucken von Visitenkarten oder Einladungen. Benjamin Bencivinni, einst, als Marketingberater, Kunde, jetzt mit Siebdruck experimentierender Mitarbeiter der Druckerei („ich bin hier zugelaufen“), zeigt als Beispiel eine Arbeit für einen Berliner Kunden. Der wollte etwas Besonderes für eine Gala haben: Da sind drei Lagen hauchdünne Pappe übereinander angebracht („wir sagen ‚verheiratet’“), die obere Lage nach Kundenwunsch ausgestanzt, so dass die andersfarbige mittlere Lage durchscheint, das Ganze auch noch mit Prägungen versehen. – Viel Handarbeit steckt da drin, was man auch gerne kleinen Besuchergruppen und Praktikanten zeigt.

Christoph Hauser hatte 1975 seine Drucker-Ausbildung mit Schwerpunkt Flachdruck begonnen. Es war der letzte Jahrgang im Saarland, der diese Kunst noch als Ausbildungsberuf erlernte, danach war Schluss. Auf den Rat seines Vaters, eines Schriftsetzers, ergänzte er die Ausbildung um „Buchdruck“ – für Hauser eine wegweisende Entscheidung.

 Benjamin Bencivinni, Mitarbeiter bei „Hauser Druck“, bringt mit der umgebauten Druckmaschine „Heinrich“ Goldfolie aufs Papier.

Benjamin Bencivinni, Mitarbeiter bei „Hauser Druck“, bringt mit der umgebauten Druckmaschine „Heinrich“ Goldfolie aufs Papier.

Foto: BeckerBredel
 Kreative Improvisation: Aus Legosteinen wurde eine Behelfs-Folienschneidemaschine.

Kreative Improvisation: Aus Legosteinen wurde eine Behelfs-Folienschneidemaschine.

Foto: BeckerBredel

Er, seine Frau und Bencivinni mögen gerade das Handwerkliche an ihrer Arbeit („eine Stufe vor dem Kunsthandwerk“) und  dass man dabei mit vielen kreativen Köpfen, nicht zuletzt Grafikern zusammenkommt, mit denen gemeinsam das Machbare bei neuen Projekten ausgelotet wird. Neuerdings stehen dafür sogar, schön in Schubladen geordnet, Tausende alte Bleisatz-Buchstaben zur Verfügung, die der Drucker noch irgendwo aufgetrieben hat. „Und wenn’s sein muss“, sagt Agnes Hauser mit einem Schmunzeln, „benutzen wir für manche Drucke sogar unsere Bio-Trocknungsanlage“ – gemeint ist der Wäscheständer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort