„Wir haben es im Griff“

Völklingen · Wohnungen für Flüchtlinge habe Völklingen genug, meint Kurt Kasper, zuständiger Fachbereichsleiter im Völklinger Rathaus. Die Stadt habe stark profitiert vom Wohnraum-Programm des Landes.

 Hilfe für Flüchtlinge spielt sich in Völklingen mittlerweile leise ab, im Hintergrund. Ende 2015, zu Hoch-Zeiten des Flüchtlingszustroms, stand sie stärker im Blickpunkt der Öffentlichkeit – so wie hier bei einem Frühstück mit Flüchtlingen, Helfern und Oberbürgermeister Klaus Lorig (Mitte). Abläufe, die damals noch hakten, sind jetzt besser eingespielt. Archivfoto: Becker & Bredel

Hilfe für Flüchtlinge spielt sich in Völklingen mittlerweile leise ab, im Hintergrund. Ende 2015, zu Hoch-Zeiten des Flüchtlingszustroms, stand sie stärker im Blickpunkt der Öffentlichkeit – so wie hier bei einem Frühstück mit Flüchtlingen, Helfern und Oberbürgermeister Klaus Lorig (Mitte). Abläufe, die damals noch hakten, sind jetzt besser eingespielt. Archivfoto: Becker & Bredel

Es ist ruhig geworden in Völklingen um das Thema Flüchtlings-Unterbringung und Flüchtlings-Hilfe. Alles in Butter? Wir haben Kurt Kasper, den zuständigen Fachbereichsleiter im Rathaus, nach der aktuellen Lage gefragt.

Etwa 720 Flüchtlinge leben derzeit in Völklingen , die der Stadt von der Landesaufnahmestelle in Lebach zugewiesen wurden, berichtet Kasper. Viele von ihnen seien schon mehr als ein Jahr da. Tatsächlich ist die Zahl aber höher. Denn wer als asylberechtigt anerkannt ist, darf seine Familie nachholen. Dazu erhält die Stadt nach Kaspers Auskunft aber keine exakten Zahlen. "Wir wissen von 45 Personen, die kamen", sagt er. "Wir schätzen aber, dass es um die 100 sind." Er rechnet damit, dass die Zahlen steigen.

Von Anfang an, betont Kasper, habe Völklingen keine Sammelunterkünfte eingerichtet, sondern die Ankömmlinge in Wohnungen untergebracht. Das ruhe auf drei Säulen: auf der Städtischen Baugenossenschaft 04, auf der Gemeinnützigen Städtischen Wohnungsgesellschaft (GSW) und auf dem freien Wohnungsmarkt. Mit Hilfe des saarländischen Flüchtlings-Wohnraumsprogramms (siehe "Hintergrund"), sagt Kasper, konnten 04 und GSW inzwischen etliche Wohnungen instandsetzen, die zuvor wegen baulicher Defizite leer standen. In Zahlen: 13 Wohnungen der 04 sind saniert, in neun davon leben jetzt Flüchtlinge , vier wurden an sozial Schwache vergeben. In diesem Jahr sollen weitere elf Wohnungen folgen. Bei der GSW sieht die Bilanz noch eindrucksvoller aus: 49 Wohnungen wurden saniert, 13 davon an sozial Schwache vergeben; 2017 sind die nächsten 55 Wohnungen dran. Nur durch die Landes-Zuschüsse sei das möglich, "dafür bedanken wir uns ausdrücklich beim Innenminister", sagt Kasper lachend. Wo nötig, miete die Stadt auch Wohnungen von Privaten, aktuell 25. "Mit gesetzlicher Kündigungsfrist" statt mit langfristigen Verträgen, um flexibel zu bleiben. Falls der Zustrom wieder wachse, sei Völklingen gewappnet: "Wir haben es im Griff."

Aber je mehr Flüchtlinge anerkannt sind, desto mehr Probleme sieht Kasper kommen. Denn dann sei nicht mehr die Stadt zuständig für die Versorgung der Menschen, sondern das Jobcenter - und die Flüchtlinge müssten sich selbst eine Wohnung suchen. "Theoretisch." Faktisch klappe das aber nicht, dann helfe die Stadt als Vermittler. "Noch ist alles geregelt verlaufen", sagt er; er fürchte jedoch den Tag, an dem jemand obdachlos werde.

Bewährt habe sich die Kooperation der Stadt mit Caritas und Diakonischem Werk: Die Stadt finanziert dort je eine halbe Stelle für professionelle Flüchtlingsbetreuer. Ehrenamtliche Helfer kommen hinzu. Wobei anfangs 90 Namen auf der Helfer-Liste standen, die die Integrationsbeauftragte Gülsah Bora führt - heute arbeiten noch 21 Helfer regelmäßig mit. Plus elf Vorlesepaten. Zudem helfen Flüchtlinge einander auch gegenseitig, sagt Kasper.

Und die sprachlichen Hürden? Haupt- und ehrenamtliche Helfer stützen sich auf "einen Pool von Dolmetschern", sagt Kasper. Und auch auf Flüchtlinge , die schon länger hier sind und inzwischen Deutsch können: "Das funktioniert immer besser." Auch bei den Flüchtlingen, die in Großrosseln leben, rückt das Thema Familiennachzug mehr und mehr in den Vordergrund. Auf die Frage, wie viele Flüchtlinge derzeit in seiner Gemeinde leben, zählt Bürgermeister Jörg Dreistadt (SPD ) deshalb die nachgekommenen Angehörigen gleich mit: Rund 120 Menschen seien es derzeit.

Anders als Völklingen hatte Großrosseln in der Hoch-Zeit des Flüchtlingszustroms eine Sammelunterkunft eingerichtet; im Herbst 2015 zogen Flüchtlinge in die Alte Schule in Großrosseln ein. Der Bau steht jetzt leer. Doch der Rathauschef will ihn vorerst nicht für andere Zwecke freigeben, obwohl es Anfragen von verschiedenen Vereinen gebe: Man könne ja die künftige Entwicklung nicht abschätzen.

Familien leben im einstigen Warndthotel in Karlsbrunn und in einem früheren Großrosseler Privathaus, das die Kommune gekauft hat - ebenfalls mit Landeszuschüssen aus dem Flüchtlings-Wohnraumprogramm.

So weit das Rathaus sich um Flüchtlinge kümmert, bedeute Familiennachzug : "Wir müssen umsteuern"; Formalitäten für Familien seien andere als für Einzelpersonen. Und hie und da müsse man deutsche Gepflogenheiten durchsetzen, etwa wenn ein Flüchtlings-Patriarch für seine Frau unterschreiben wolle. So etwas, sagt Dreistadt, dürfe man nicht dulden, da müsse man energisch klarmachen, welche Gesetze und Regeln hierzulande gelten.

Was die Bemühungen um Flüchtlings-Integration angeht, zollt Dreistadt den Ehrenamtlichen in seiner Kommune höchstes Lob: "Es läuft super." Ganz besonders nennt er Karlsbrunner Ehrenamtliche um Ortsvorsteherin Petra Fretter und die pensionierte Lehrerin Inge König: "Solche Leute brauchen Sie."

Zum Thema:

Hintergrund Das Flüchtlings-Wohnraumprogramm ist im Saarland Ende 2014 gestartet, als die Flüchtlingswelle auf dem Höhepunkt war. Damit Kommunen Flüchtlinge nicht in Schulen oder Turnhallen einquartieren müssen, erhalten sie aus dem Programm Förderung für Ankauf und Sanierung von Wohnungen (je 50 Prozent der Kosten). Die so gewonnenen Wohnungen stehen zu einem Teil auch für andere Bedürftige zur Verfügung. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort