Hochwasserprobleme am Lauterbach Wie wird ein Gewässer besser?

Lauterbach · Am Lauterbach möchte das Umweltministerium zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ein Bach-Umbau soll vor Hochwasser schützen – und zugleich mehr Naturnähe herstellen.

 Ei mit Mulde: Wasser, das unter der Lauterbach-Brücke am Alten Spitteler Weg nicht durchkommt, soll nach dem Willen der Konstrukteure oben drüber fließen. Ein Schildbürgerstreich, natürlich staut sich der Bach trotzdem hinter dem Provisorium. Beim Fototermin am Mittwoch war der Durchlass übrigens gerade frisch gereinigt.

Ei mit Mulde: Wasser, das unter der Lauterbach-Brücke am Alten Spitteler Weg nicht durchkommt, soll nach dem Willen der Konstrukteure oben drüber fließen. Ein Schildbürgerstreich, natürlich staut sich der Bach trotzdem hinter dem Provisorium. Beim Fototermin am Mittwoch war der Durchlass übrigens gerade frisch gereinigt.

Foto: BeckerBredel

Fünf Mal ist der Lauterbach zwischen dem 24. Mai und dem 4. Juli über seine Ufer getreten (wir haben berichtet). Fünf Mal binnen weniger Wochen hatten Anrainer des Bachs, der mitten durch die Grundstücke an der Hauptstraße fließt, schmuddelige braune Brühe in ihren Gärten, versetzt mit Fäkalien und Kanalisations-Dreck. Fünf Mal mussten sie, nachdem das Wasser wieder abgeflossen war, Toilettenpapier, Damenbinden und sonstige Unerfreulichkeiten aus Wiesen und Sträuchern klauben. Und bei jedem Hochwasser dieses Sommers, berichtet Anwohnerin Anja Marien, die im Hauptstraßen-Abschnitt zwischen Dellwieser Weg und Wiesenstraße wohnt, sei das Wasser näher an die Häuser gerückt, „beim letzten Mal stand es im Hof“.

Was Marcus Huwig bestätigt, Lauterbach-Anrainer auch er. Sein Haus liegt gut anderthalb Kilometer unterhalb des Domizils von Anja Marien, nahe am Supermarkt. Das Hochwasser vom 4. Juli, berichtet er, sei das zweitstärkste, das er erlebt habe. Fast so mächtig wie die Welle, die zu Fastnacht 2017 kam: „Da hat es bei mir durch die Wände gedrückt.“

Was tun, um zu vermeiden, dass ein noch kräftigeres Hochwasser den Lauterbachern in die Häuser schwappt? Christiane Blatt (SPD), die neue Völklinger Oberbürgermeisterin, und Christof Sellen (CDU), der neue Bürgermeister, sind erstmal vor Ort gewesen, um sich selbst ein Bild zu machen. Konkretes können die beiden noch nicht sagen. Denn man warte derzeit darauf, dass eine neue Studie fertig werde. Aber weil die jüngsten Überschwemmungen eine Menge Ablagerungen hinterlassen haben („bis zu einem halben Meter Schlamm“), habe sie als Sofortmaßnahme erstmal eine Reinigung des Bachbetts in Auftrag gegeben, sagt Blatt. Wobei sie mit einem Seufzer anmerkt, dass ein offener Weg entlang des Bachs, über den schon oft diskutiert wurde, nach wie vor fehlt. Deshalb könne die Reinigungs-Firma keine Maschinen einsetzen, sondern müsse von Hand arbeiten. Das mache die Sache stets sehr teuer.

Was hat es mit der neuen Studie auf sich? Vor drei Jahren hatten Experten doch bereits ein Modell entwickelt, wie sich das Hochwasserproblem stark mildern ließe: mit einer Aufweitung des Bachbetts. Wir haben im Umweltministerium nachgefragt. Wenn man einen Bach-Umbau ins Auge fasse, erläutert Hilmar Naumann, der zuständige Referatsleiter, müsse man zwei Aspekte bedenken. Einmal den Hochwasserschutz. Zum anderen die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der Europäischen Union. Die verpflichtet alle EU-Mitgliedsstaaten, ihre Gewässer bis zu einem festgesetzten Tag X in guten Zustand zu bringen. Verschlechterungen sind verboten, Verbesserungen geboten, zwingend.

Ginge man einfach den Weg, den die 2015er Studie skizziert – Aufweitung des Bachbetts auf vier bis sieben Meter –, „hätte man einen Kanal“, sagt Naumann „das wäre keine Verbesserung.“ Die Studien-Macher prüfen nun, ob und wie man den Lauterbach besser, sprich: naturnäher gestalten kann. Vielleicht – sicher sei da aber nichts – könne man ihn dabei auch verlegen, weiter weg von den Häusern als bisher. Die Untersuchung solle zeigen, wie viel Fläche für einen naturnäheren Umbau nötig sei. Und wie viel Geld.

Die Studie wird im November erwartet. Klar sei schon jetzt: „Für die Stadt Völklingen wird es nicht viel teurer.“ Denn die Zuschüsse für Gewässer-Sanierungen nach der WRRL seien hoch, bis zu 90 Prozent der Kosten. Reine Hochwasserschutz-Maßnahmen hingegen würden nur zu 70 Prozent gefördert.

Und die Schmutzfracht aus Frankreich? Was Carling und L’Hôpital bisher getan hätten für die Kanalisation, „hilft uns für den Lauterbach nicht“, sagt Naumann. Ein längst geplantes großes Rückhaltebecken stehe seit Jahren aus, das müsse unbedingt gebaut werden. Ansonsten sei es dringlich, auf deutscher Seite den Bach-Abfluss zu steigern. Die vielen Einengungen müssten weg.

 Bei einem 100-Jahres-Hochwasser würde der Lauterbach zwischen Köhlerstraße und Flachstal sogar die Hauptstraße überfluten. Dieser Ausschnitt aus der Online-Risiko-Karte des Umweltministeriums zeigt, dass die Wasserfläche dort bis zu 75 Meter breit würde. Wir veröffentlichen ihn mit Genehmigung der Ministeriums-Pressestelle.

Bei einem 100-Jahres-Hochwasser würde der Lauterbach zwischen Köhlerstraße und Flachstal sogar die Hauptstraße überfluten. Dieser Ausschnitt aus der Online-Risiko-Karte des Umweltministeriums zeigt, dass die Wasserfläche dort bis zu 75 Meter breit würde. Wir veröffentlichen ihn mit Genehmigung der Ministeriums-Pressestelle.

Foto: Umweltministerium
 Normalerweise ist der Lauterbach – hier von oben fotografiert – nur ein dünner Strich in der Landschaft (links im Bild).

Normalerweise ist der Lauterbach – hier von oben fotografiert – nur ein dünner Strich in der Landschaft (links im Bild).

Foto: BeckerBredel

Bleibt für die Anlieger vorerst nur, privat vorzusorgen. Aber, mahnt Naumann, bitte nicht durch Grundstücks-Aufschüttungen – die seien nach dem Landes-Baurecht und erst recht in Überschwemmmungsgebieten streng verboten.

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