Kolumne Wie wär’s denn mal ohne Marotten?
Mir schwillt der Kamm, auf der Wutskala bin ich kurz vor hundert: Er hat es wieder getan. Dabei habe ich ihn schon tausend Mal gebeten, es nicht zu tun. Warum nur haben Menschen Marotten? Und warum werden die auch noch intensivst ausgelebt, unter Missachtung der leidenden Umwelt?
Nehmen wir mal den Alltag unter die Lupe: Alle die Tuben- und Dosendeckel, die der Nachwuchs nach Benutzung von Cremes und Zahnpasta nie wieder draufschraubt. Wahrscheinlich finde ich irgendwann ein geheimes Depot hinterm Schrank, eingelassen in die Wand. Und dort werden alle diese vermissten, doch so lebensnotwendigen Utensilien auftauchen.
Bei einer weiteren Marotte der pubertierenden Kinder spielt die Erdanziehungskraft eine große Rolle. Warum sonst fallen alle Verpackungen von Müsliriegeln, Keksen und Co. auf den Boden und bleiben liegen – bis sich Mutti irgendwann erbarmt und alles einsammelt? Klar, der Junior hat ein lupenreines Alibi, seit ihm sein Fußballverein einen nicht gut ausgebildeten Muskel im Oberarm attestiert hat. Mit so einem Handicap kann man natürlich nichts anheben. Türe knallen geht aber.
Wobei, ich muss es gestehen, die Kids mir vorwerfen, meine Marotte sei das Zuspätkommen. Mutti als Chauffeuse sei angeblich ein Desaster. Ich muss ihnen ja nicht verraten, dass ich das absichtlich mache, damit ich diesen Fahrerjob endlich aufgeben kann. Wofür gibt es Fahrräder oder eine Saarbahn?
Und der Mann mit seinem speziellen Tick. Gerade brauchte ich wieder eine dieser praktischen Ikea-Taschen. Alle knotet der Vater der Kinder oben zu. So irreversibel, dass niemand die Knoten je wieder aufpulen kann. Ich stopfe dann nur noch von links und rechts in die Öffnungen Klamotten oder Bettzeug rein – und knirsche (siehe oben) mit den Zähnen.
Ich plädiere für einen Tag der Marotte, an dem man sich jeder einmal im Jahr austoben kann. Danach aber, bitte schön, marottenfrei!