Vorsorge für 100-Jahres-Regen

L'Hôpital · Die lothringischen Gemeinden Carling und L'Hôpital reinigen jetzt am Grenzgewässer Lauterbach das Abwasser und speichern Starkregen. Am Dienstagabend haben sie die neuen Anlagen offiziell eingeweiht.

 Ein Lauterbach-Hochwasser von vielen: Schmutzige Überschwemmung im Sommer 2007 in einem Garten an der Lauterbacher Hauptstraße. Foto: Marcus Huwig

Ein Lauterbach-Hochwasser von vielen: Schmutzige Überschwemmung im Sommer 2007 in einem Garten an der Lauterbacher Hauptstraße. Foto: Marcus Huwig

Foto: Marcus Huwig

Die Straßennamen lesen sich fast wie ein Programm. Der Weg zum Einweihungs-Termin im lothringischen L'Hôpital führt über die Allée de l'Europe zur Rue Robert Schuman . Nach links könnte man abbiegen in die Rue Konrad Adenauer; aber die Schlange geparkter Autos weist geradeaus. Das "Bassin", das auch zwei eben angekommene Französinnen suchen, liegt jenseits der Bahnunterführung. Dort wartet erstmal ein Idyll mit dickwolligen Schafen und neugierigen Ziegen - und dann, nach einem Stück Schotterweg, eine Gruppe erwartungsfroh dreinschauender Menschen.

Mittendrin: Gilbert Weber, Bürgermeister von L'Hôpital, und sein Carlinger Kollege Gaston Adier, zugleich Präsident des "Syndicat des Eaux Usées du Lauterbach" (Abwasserzweckverband Lauterbach). Sie feiern eine Investition, die die Siedlung "Petit Pont" in L'Hôpital, niedrig gelegene Teile Carlings und vor allem das benachbarte Lauterbach vor Hochwasser und Schmutzfluten bewahren soll: Ein Reinigungsbecken fürs Abwasser und ein "Bassin d'orages", ein Rückhaltebecken für Starkregen , sind seit etwa vier Wochen fertig.

Fürs Regenwasser ist die Gemeinde zuständig. 1,8 Millionen Euro, sagt Weber, hat L'Hôpital in das Rückhaltebecken investiert; es kann 4600 Kubikmeter Wasser aufnehmen. Der Zweckverband hat es mit dem Abwasser zu tun. Er hat 582 000 Euro aufgewendet für das Reinigungsbecken, das 400 Kubikmeter fasst.

Aber zunächst heißt es Warten vor dem soliden Tor, irgendwer hat das Schloss getauscht. Bernard Moirjean von der Firma SMTPF eilt mit dem Schlüssel herbei. Hausherr Weber öffnet. Ein paar Schritte hügelan: Die Bassins haben eindrucksvolle Dimensionen.

Und ausgeklügelte Technik. Christian Weirich von der Firma Berest hat - nach einer Untersuchung, die Defizite des lokalen Kanalsystems ans Licht brachte - das Anlagen-Konzept entworfen und erklärt. Der Lauterbach, in der Ortslage verrohrt und als Abwasserkanal genutzt, führt normalerweise kaum Wasser , Feststoffe und Schmutz setzen sich ab. Größere Regenmengen lösen die Sedimente - ein Fall fürs neue Reinigungsbecken: Ein vorgeschalteter Rechen holt Grobschmutz heraus, deponiert ihn in einem Fangsack. Im Becken gibt es weitere Renigungseinrichtungen. Und unten einen Ablauf, der Schmutzwasser zur Kläranlage leitet; langsam, 20 Liter pro Sekunde, damit der Dreck mitkommt. Das gereinigte Wasser fließt weiter oben Richtung Rückhaltebecken ab, 700 Liter pro Sekunde.

Für Regen-Ereignisse mit zehnjähriger Eintrittswahrscheinlichkeit ist das Reinigungsbecken ausgelegt, das Rückhaltebecken sogar für 100-Jahres-Regen. Vor zwei Wochen, sagt Adier, habe es ein sehr starkes Gewitter gegeben; "hat man davon in Lauterbach was gemerkt?" Weber fügt lächelnd hinzu: "Wir tun was für die deutsche Umwelt." Ja, die Bassins seien auch für L'Hôpital und Carling nützlich, sagt Adier, aber - er zeigt eine kleine Spanne zwischen Daumen und Zeigefinger - "nur so viel". Für diese und weitere Maßnahmen zur Abwasser-Renigung hat der Zweckverband einen 900 000-Euro-Kredit aufgenommen; die Abwassergebühr steigt daher um 25 Cent pro Kubikmeter.

2012 habe man zu bauen angefangen, berichtet Weber. Wann, fragt er, beginne denn nun auf der deutschen Seite die Lauterbach-Sanierung? Auf deutscher Seite gibt es kräftige Probleme mit dem Lauterbach, seit Jahrzehnten: Bei Starkregen stand bisher regelmäßig Hochwasser in den Anwohner-Gärten, beladen mit mit Fäkalien und unhygienischem Abwasser-Schmutz. Eine grenzüberschreitend angelegte Untersuchung hatte 2009 ergeben, dass man zur Lösung dieser Nöte auf französischer Seite die Kanalisation sanieren und auf deutscher Seite etliche Abfluss-Hindernisse beseitigen müsste.

Ein neues, aktualisiertes Gutachten sei in Arbeit, sagt Völklingens Bürgermeister Wolfgang Bintz (CDU ) auf SZ-Nachfrage. Es sei aber noch nicht fertig. Vor allem seien dabei die neuen Maßnahmen in Frankreich "noch nicht endgültig bewertet"; von deren Wirksamkeit hänge ab, was und wie viel auf deutscher Seite zu tun sei.

Vor einiger Zeit hatte Bintz für eine echte Renaturierung des Lauterbachs plädiert, für eine Sanierung, mit der man 100-jährige Hochwasser abfangen könnte. Aber diese "ganz große Lösung kriegen wir wohl nicht hin", aus Kostengründen, sagt er jetzt. Jedoch zeichne sich eine "machbare" kleinere Lösung ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort