Geschichte, Lage, Besonderheiten Völklinger Hütte: Vom Eisenwerk zum UNESCO Weltkulturerbe

Service | Völklingen · Das Saarland zählte einst zu den bedeutendsten Steinkohlerevieren in Europa, und die industriellen Überbleibsel aus der Hochzeit der Kohle- und Stahlindustrie wurden nach deren Stilllegung zu kulturellen Stätten. Die Völklinger Hütte zählt heute sogar zum UNESCO Weltkulturerbe.

Weltkulturerbe Alte Völklinger Hütte - „Kraftwerk 1“, Wasserhochbehälter & weitere Impressionen
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Weltkulturerbe Alte Völklinger Hütte - „Kraftwerk 1“, Wasserhochbehälter und weitere Impressionen

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Foto: Axel Böcker / Weltkulturerbe Völklinger Hütte/Axel Böcker

Rostige Riesen und Relikte des Bergbaus finden Ausflügler vielerorts im Saarland. Alte Hüttenanlagen, geschlossene Gruben und frühere Manufakturen sind zu Museen, Weltkulturerbe-Stätten oder Konzertsälen geworden und erwecken die Welt der Hüttenmänner und Grubenarbeiter erneut zum Leben.

Ein besonders wichtiges Relikt der Industrialisierung im Saarland ist die Völklinger Hütte, die heute zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. 1873 gründete der Ingenieur Julius Buch bei Völklingen an der Saar ein Puddel- und Walzwerk. Aufgrund billiger Importe britischen Roheisens und fehlender Einfuhrzölle musste er das Werk bereits sechs Jahre später schließen, da sich der Betrieb nicht mehr lohnte.

1881 kaufte Carl Röchling das stillgelegte Stahlwerk und setzte auf die Produktion von Roheisen, bereits zwei Jahre später wurde der erste Hochofen angeblasen. In den Folgejahren entstanden mehrere Siedlungen mit Werkswohnungen, und schon bald bald waren die Röchling'schen Eisen- und Stahlwerke der größte Eisenträgerhersteller Deutschlands.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die erste Koksbatterie erstellt, aus dieser Zeit stammt auch das Kohlesilo aus Stahlblech, das heute eines der ältesten erhaltenen Bauwerke der Völklinger Hütte ist. Ein werkseigenes Hüttenkrankhaus wurde gebaut, um 1911 entstand die Hängebahnanlage zur Beschickung der Hochöfen.

Völklinger Hütte: Vom Eisenwerk zum UNESCO Weltkulturerbe
Foto: dpa/Oliver Dietze

Die Weltkriege sorgten für Veränderungen in der Völklinger Hütte. In den 1940er Jahren wurde Rüstungsmaterial gefertigt und ein Stahlwerk für die Produktion von Kriegsgütern erbaut. Während des Zweiten Weltkriegs mussten ausländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene in der Völklinger Hütte und den Nebenbetrieben arbeiten. In der Nachkriegszeit erlebte die Hütte einen Aufschwung, mehr als 17.000 Menschen waren hier beschäftigt. 1975 erfasste jedoch die weltweite Stahlkrise auch die Völklinger Hütte. Mit der Integration des Neunkircher Eisenwerks wurde die Arbed Saarstahl GmbH geschaffen, bei der die Unternehmerfamilie Röchling ausstieg.

Anfang der 1980er Jahre entstand ein neues Stahlwerk in der Nähe des Völklinger Eisenwerks und bereits wenig später wurde die einstige Roheisenphase stillgelegt und erste Teile unter Denkmalschutz gestellt. Das Eisenwerk wird zum Industriedenkmal.

Was war die Völklinger Hütte früher?

Die Völklinger Hütte ist ein 1873 gegründetes ehemaliges Eisenwerk. 1986 stillgelegt, zählt es heute zu den bedeutendsten Standorten der Industriekultur in Europa.

Warum ist die Völklinger Hütte ein Weltkulturerbe?

Die Völklinger Hütte ist das weltweit einzige vollständig erhaltene Eisenwerk aus der Hochzeit der Industrialisierung und das erste Industriedenkmal dieser Epoche, das in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. 1986 stillgelegt und unter Denkmalschutz gestellt, wurde es am 17. Dezember 1994 in den Rang eines Weltkulturerbes erhoben. Die Hütte spiegelt das Zeitalter der Hochindustrialisierung wider und ist beispielhaft für die Geschichte Deutschlands und der Welt im 19. und 20. Jahrhundert.

Weltkulturerbe Alte Völklinger Hütte -  Impressionen & Aussichten
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Weltkulturerbe Alte Völklinger Hütte – einschließlich in Original-Zustand zurückversetzter Gasgebläsehalle

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Foto: BeckerBredel

Heute ist das Weltkulturerbe Völklinger Hütte nicht nur das weltweit einzige Eisenwerk dieser Epoche, das vollständig erhalten ist, sondern auch ein spannender Kulturort des 21. Jahrhunderts und ein besonderer Schauplatz internationaler Ausstellungen, Festivals und Konzerte. Auch die Natur hat ihren Weg in die Völklinger Hütte gefunden, und so fasziniert das Gebiet um die einstige Kokerei mit vielfältiger Flora und Fauna.

Wo ist die Völklinger Hütte?

Die Weltkulturerbe-Stätte liegt in der saarländischen Mittelstadt Völklingen. Der Standort befindet sich südwestlich der Innenstadt, ganz in der Nähe des Bahnhofs, dessen Gleise einst dem Rohstofftransport dienten.

Welche Teile der Völklinger Hütte können besichtigt werden?

Wo einst Schornsteine qualmten und ohrenbetäubender Lärm den Arbeitsalltag bestimmte, finden heute Veranstaltungen und Konzerte statt. Neben den ständig wechselnden Ausstellungen in den Hallen und auf dem Gelände der Anlage kann der Geschichte der Stahlindustrie der Völklinger Hütte auf den Grund gegangen werden. Auf einer Fläche von über 600.000 Quadratmetern erschließt ein über fünf Kilometer umfassendes Wegenetz diese Themen, dazu bietet das ScienceCenter Ferrodrom eine multimediale Erlebniswelt rund um Eisen und Stahl. Seit 1999 haben über 4,5 Millionen Menschen das Weltkulturerbe Völklinger Hütte besucht.

Die begehbare Hochofengruppe mit einer 45 Meter hohen Aussichtsplattform und der weltweit einzige Schrägaufzug sind nur einige der Höhepunkte, hier geschah die eigentliche Verwandlung von Erz und Koks in Roheisen. Sehenswert ist auch die 6.000 Quadratmeter große Gebläsehalle, in der gigantische Gebläsemaschinen einst Druckluft zu den Winderhitzern und Hochöfen pumpten.

In der Sinterhalle wurden Reststoffe des Verhüttungsprozesses wiederverwendbar gemacht, heute erinnert hier ein Mahnmal an die Zwangsarbeiter. Zur Besichtigung geöffnet sind weiterhin die Erzhalle, die Kokerei, die Gasometer und die Handwerkergasse.

Welche aktuellen Ausstellungen gibt es in der Völklinger Hütte?

Im Weltkulturerbe Völklinger Hütte erinnert die Dauerinstallation von Christian Boltanski in der Sinteranlage an die Menschen, die in zwei Weltkriegen in der Völklinger Hütte Zwangsarbeit verrichten mussten. 12.393 Männer, Frauen und Kinder aus 20 Ländern waren während des Zweiten Weltkrieges als Zwangsarbeiter in der Völklinger Hütte registriert, 261 von ihnen verloren ihr Leben, darunter 60 Kinder und Kleinkinder. In der Möllerhalle hat der Künstler eine weitere Installation als Erinnerung an die Arbeiter geschaffen und historische Arbeitsspinde aus allen Betriebsteilen zusammengetragen. Hier sind Erinnerungen ehemaliger Hüttenarbeiter zu hören, die speziell für die Installation aufgenommen wurden. Eine weitere Dauerausstellung erzählt von der Geschichte der Unternehmerfamilie Röchling, die untrennbar mit der Völklinger Hütte verbunden ist.

Aktuell lädt das Weltkulturerbe Völklinger Hütte bis zum 16. Oktober zur Ausstellung „THE WORLD OF MUSIC VIDEO“ ein. Inmitten der alten Hallen dreht sich alles um die künstlerisch-visuellen Aushängeschilder der Musikindustrie. Es geht um musikalische wie filmkünstlerische Qualität und um aktuelle Inhalte wie KI, Klimawandel, politische, psychische und physische Gewalt und Genderfragen aller Art. Es geht um Frühformen des Kurzmusikfilms, den Beginn rund um das Licht- und Schattenspiel der "Bohemian Rhapsody" von Queen 1975 bis zu den Szenen der 2000er bis 2020er-Jahre von Lady Gaga, Beyoncé oder The Carters.

Der Maschinenraum des einstigen Eisenwerks Völklinger Hütte gibt konzentriert Einblick in Faszination und Funktionsweisen von Musikvideos aus aller Welt. Nicht nur europäische und amerikanische Produktionen werden hier gezeigt, sondern ebenso indische, japanische, afrikanische oder koreanische Beiträge.

Was ist das Besondere an der Völklinger Hütte?

Als das einzige vollständig erhaltene Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung bietet das Weltkulturerbe Völklinger Hütte die Möglichkeit, Einblicke in die Welt der Eisenproduktion zu erhalten. In Zeiten der Industrialisierung war das Werk für die Region äußerst wichtig. Heute ist es ein Ort, an dem Technik, Kunst, Kultur und Natur aufeinandertreffen.

Erlebnisreich sind die verschiedenen Ausstellungen wie die Urban Art Biennale, die 2022 in die sechste Runde startet. Ausgestellt werden Graffiti-Kunst und Fotografien. Ein weiteres Highlight ist der Paradiesgarten, in dem Industrie und Natur miteinander verschmelzen. Früher war das Paradies die Kokerei – ein Ort, der von Staub, Hitze und Feuer geprägt war – heute ist er ein naturnaher Ort, der zur Erholung in den zwölf verschiedenen Gartenräumen einlädt.

Völklinger Hütte: Öffnungszeiten

  • 1. April bis 1. November: Montag bis Sonntag 10 bis 19 Uhr
  • 2. November bis 31. März: Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr
  • 24., 25. und 31. Dezember geschlossen

Völklinger Hütte: Eintrittspreise

  • Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, Schüler und Studenten bis 27 Jahre mit gültigem Schüler-/Studentenausweis (Eintritt für Kinder bis 14 Jahren nur in Begleitung)
  • Freier Eintritt jeden Dienstag ab 16 Uhr (Dienstag-Nachmittags-Special)
  • Freier Eintritt für Personen mit Handicap ab GdB 60
  • Freier Eintritt für Personen mit gültiger ICOM-Mitgliedskarte
  • Freier Eintritt bei Vorlage der digitalen Saarland Card
  • Normal: 17 Euro
  • Ermäßigt: 15 Euro (für Gruppen ab 15 Personen bei gebuchter Gruppenführung, bei Vorlage des Rheinland-Pfalz-Tickets, der Bahncard oder eines SaarVV-Tickets, bei Vorlage eines Tickets aus dem Museum "Musée Les Mineurs Wendel" oder bei Vorlage der ADAC Mitgliedskarte)
  • 2-Tagesticket: 20 Euro
  • Jahreskarte Erwachsene: 45 Euro (Die Karte ist ein Jahr ab Ausstellungsdatum gültig)
  • Gebuchte Führung max. 30 Personen, Dauer der Führung ca. 1,5 - 2 Stunden: 110 Euro
  • Schulklassen: Informationen zu Sonderkonditionen für Schulen beim Besucherservice unter Tel +49(0)6898 / 9 100 100.
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