Weltkulturerbe Völklinger Hütte Hüttengastronomie: Bewerber ist frustriert

Exklusiv | Völklingen · Auf dem Weg zu einer moderneren Hüttengastronomie hat die Geschäftsführung des Völklinger Weltkulturerbes den alten Wirt und potentielle Pächter verärgert. Neue Vorwürfe tauchten auf.

 Zehn Jahre lang war Jürgen Rein (70) Chef im Biergarten-“Bistro B40“ des Völklinger Weltkulturerbes und im „Café Umwalzer“. Sein Nachfolger ist noch nicht gefunden.

Zehn Jahre lang war Jürgen Rein (70) Chef im Biergarten-“Bistro B40“ des Völklinger Weltkulturerbes und im „Café Umwalzer“. Sein Nachfolger ist noch nicht gefunden.

Foto: BeckerBredel

Peter Fixemer ist tief enttäuscht. Er wäre gern der nächste Völklinger Hüttenwirt geworden. Schon seit Jahren ist das sein größter Wunsch. Obwohl er bisher keinen Gastronomiebetrieb führte, fühlt sich Fixemer der Sache gewachsen. Selbst dann, wenn der Weltkulturerbe-Chef Ralf Beil eine jüngere, höherwertigere Gastronomie im Sinn hat. Doch dass er raus ist aus dem Spiel, erfuhr Fixemer nach eigenem Bekunden erst aus der Saarbrücker Zeitung. „Was ich jetzt gelesen habe, heißt für mich: Die drei Bewerber, die sich auf das Interessenbekundungsverfahren für die Hüttengstronomie gemeldet hatten, sind alle drei unbrauchbar“. Es geht, wie berichtet, um eine Nachfolge-Regelung für Jürgen Rein (70), um die Übernahme des „Café Umwalzer“ und des Biergarten-„Bistro B“, sowie um eine dritte, neue Location, im Wasserhochbehälter. Neben Fixemer/Spurk hatte sich auch ein Mitarbeiter von Rein beworben sowie ein Saarbrücker Gastronom, der in hiesigen Kultureinrichtungen engagiert ist.

Im April präsentierte Fixemer der Geschäftsführung seine Vorstellungen. Danach teilte man ihm mit, man werde auf Grund der Bewerbungsgespräche „intern ein neues Gastronomie-Konzept erarbeiten und bauliche Veränderungen“ vornehmen. Fixemer wies danach darauf hin, dass sein Konzept, wie gefordert, die aktuell „vorhandenen, eher begrenzten Möglichkeiten der Küche und Lagerung“ berücksichtigt habe. Er könne durchaus ein „ausgefalleneres Angebot“ entwickeln. Eine „baldmöglichste“ Antwort darauf wurde ihm Anfang Mai versprochen. Nun erfuhr er über die SZ, dass anderes gewollt ist. Eine Absage erhielt er, wie er sagt, nicht.

Baustelle im laufenden Betrieb

Fixemer ist nicht allein mit seiner Frustration. Auch der aktuelle Hüttenwirt Jürgen Rein (70) hätte sich sein Ausscheiden anders vorgestellt, vor allem früher. Am 31. Dezember endet sein Vertrag, bereits im September vergangenen Jahres bat er nach eigenem Bekunden um eine frühere Auflösung und schlug einen nahtlosen Übergang vor. Diesem Wunsch wurde nicht entsprochen. Also hieß es weitermachen, aber Rein hätte seine Ausstattung gerne an einen Nachfolger verkauft. Favorit für diese aus seiner Sicht auch finanziell ideale Lösung war sein Mitarbeiter. Stattdessen sieht er sich gezwungen, im laufenden Betreib eine Baustelle aufzumachen. Er wird ab Oktober ausräumen, Personal sei bereits abgewandert: „Ich will nicht, ich muss das Angebot zurückfahren, das ist keine Drohung, sondern Fakt, weil ich gar nicht mehr in der Lage sein werde, alles wie immer aufrechtzuerhalten“, sagt Rein. Sprich: Besucher werden kein vollwertiges Mittagessen mehr bekommen.

Weltkulturerbe im Gerichts-Streit?

Laut Rein verpflichtet ihn sein Vertrag nicht zu einer bestimmten Versorgung, er müsse nur geöffnet halten. Vielleicht werden Juristen das klären müssen? Rein sieht dem gelassen entgegen. Er betont, er wolle keinen öffentlichen Druck auf Beil erzeugen, sondern lediglich auf eine Problemlage hinweisen: „Ab Januar steht alles leer.“

Meinrad Maria Grewenig ist alarmiert

Einer, der das Geschehen mit Sorge beobachtet, ist der frühere Weltkulturerbe-Chef Meinrad Maria Grewenig. „Eine längere Versorgunglücke führt zum Besucherrückgang“, hält er auf SZ-Nachfrage fest. Wenn Ausflugstouristen nur noch spartanisch in der Hütte versorgt würden, führe dies sofort zu Negativ-Rückmeldungen an die Busunternehmer, außerdem sieht Grewenig böse Kommentare im Netz voraus: „Dann kommt nicht der Pächter unter Feuer, sondern das Weltkulturerbe und das Saarland“, meint er. „Es brennt jetzt, nicht übermorgen“, meint Grewenig und plädiert für eine pragmatische Interimslösung, bis der optimale Pächter für die größere, neu aufgestellte Hüttengastronomie gefunden ist. Beil hatte in der Saarbrücker Zeitung dargelegt, dass es eine solche geben wird. Aber wann?

Weltkulturerbe-Chef Beil widerspricht dem Wirt

Am Samstag reagierte der Weltkulturerbe-Chef mit einer Mail an die Redaktion auf vermeintliche „Falschinformationen“ in der Berichterstattung der „Saarbrücker Zeitung“. Seine Korrekturen wollte er gestern jedoch nicht in Gänze veröffentlicht wissen und sich auch mündlich nicht weiter dazu erklären. Lediglich eine Richtigstellung bezüglich einer Äußerung von Wirt Jürgen Rein, der aus seiner Sicht zu lange hatte auf ein persönliches Gespräch mit Beil warten müssen, erreichte die Redaktion: „Der Generaldirektor der Völklinger Hütte, Dr. Ralf Beil, weist darauf hin, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Der Gastronomiepächter Jürgen Rein hatte gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen persönlichen Termin im Büro des Generaldirektors. Aufgrund der Corona-Situation gab es insbesondere nach der Kündigung von Herrn Rein persönliche Telefonate zu verschiedenen Themen anstelle von direkten Treffen. Die von der Autorin des Artikels zitierte Behauptung von Herrn Rein ist deshalb sachlich nicht haltbar.“ Rein wiederum bleibt bei seiner Darstellung. Er bestätigt, dass es im Mai 2020 zu einem kurzen Kennenlern-Treffen im Büro von Beil gekommen ist, danach auch zu flüchtigen Begegnungen und Telefonaten, aber: „Es gab bis Anfang Juli nie ein intensives Gespräch übers Geschäft.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort