Völklingen erwacht bei Nacht

Völklingen · Völklingen wird munter im Dunkeln. Rund um die Eligiuskirche tummeln sich Markthändler, Gaukler und Musikanten. Brautpaare trauen sich im Mondschein, und das himmlische Gestirn strahlt dazu.

Aufmerksam spitzt Lili die Ohren, als Jan Rolph von Heidweiler und sein holdes Weib Helene von Holzerode ihre Lieder aus längst vergangenen Tagen singen. Für die dreimonatige Hündin steht am Freitag der erste Marktauftritt auf dem Programm. "Sie ist etwas aufgeregt, macht es aber ganz toll", lobt ihre Besitzerin. Der süße Mischling der Heidweilers kommt beim Publikum ebenso gut an wie die bitterböse Geschichte, die die beiden zum Besten geben. Der niederträchtige Schuster landet im Kerker, weil er einem Frauenzimmer die Kehle durchgeschnitten hat. O weh!

Hoffentlich lösen die Paare, die im festlich geschmückten Alten Rathaus heiraten, ihre Konflikte friedlicher. Doch wer denkt bei der Hochzeit schon an Streit? Für die Eheleute, die über den roten Teppich schreiten, hängt der Himmel voller Geigen.

Flöte, Drehleier und Trommel geben rund um die Eligiuskirche den Ton an. Die Spielleute Spectaculatius sorgen auf der Festmeile für Stimmung. Schnell springt der Funke über: Eine Dame hakt sich beim Nebenmann ein, ein kleines Kind klatscht auf Papas Schultern in die Hände. Es wird geschunkelt und getanzt. "Hat es euch gefallen?", fragen die Musikanten. "Ja!", antworten die Zuhörer. Das nächste "Ja!" folgt sogleich: Natürlich will die Menge noch mehr hören. Jetzt wittern die Sänger ihre Chance: "Wollt ihr uns mit nach Hause nehmen?". "Nein!", ruft das Publikum.

Ist wohl auch besser so. Nach der Abfuhr verkündet die Truppe ihr Motto: "Als Lumpen tun wir fahren wohl durch das weite Land. Wir saufen statt zu sparen und schnorren aus der Hand."

An den etwa 100 Marktständen setzen die Händler lieber auf das zahlende Publikum. Die Werbetrommel wird ordentlich gedreht: Der kussfeste Lippenstift hält den ganzen Tag, die Tischdecken kommen direkt vom Hersteller. "Jedes Schmuckstück zehn Euro!", verspricht ein Standbetreiber. Die Katze im Sack braucht aber niemand zu kaufen: Die Kunden probieren Ringe an, testen Wollmützen, kosten Käsehäppchen, nippen am Likör.

Händler Gabriel Frumholtz hat Konfitüre, Äpfel und Honig im Angebot. Der Landwirt aus Ormersviller kommt seit mehreren Jahren nach Völklingen . "Unsere Stammkunden warten schon", sagt er. Einer von ihnen hat sich vor dem Rundgang bereits sechs Gläser Zwetschgen-Latwerge gesichert und im Stand deponiert.

Am Abend herrscht Hochbetrieb, gemütlich schlendern die Besucher über den Mondscheinmarkt. Viele treffen alte Bekannte. Und quatschen sich fest. "Kommt ihr mit oder bleibt ihr stehen?", fragt eine Dame. Ein paar Meter entfernt wird ebenfalls zum Aufbruch geblasen: "Weiter geht's!" Schließlich gibt es noch viel zu entdecken. Entspannte Mienen prägen das Bild. Die Besucher haben ihren Spaß, die Organisatoren der Stadt sind zufrieden, die frisch vermählten Eheleute schweben auf Wolke sieben. Die Stelzenläuferin fühlt sich ebenfalls wohl. In drei Metern Höhe hat sie einen prima Überblick.

Und von noch weiter oben grüßt der Namensgeber des Marktes. Auch er strahlt: Hell und rund steht der Mond am Firmament.

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