Verkehrsbelastung in Geislautern explodiert

Geislautern. Gestern Nachmittag an der Ludweiler Straße in Geislautern: Autos reihen sich Stoßstange an Stoßstange. Einfahrten und Bushaltestellen sind zugeparkt. Genervte Autofahrer versuchen, sich die Einfahrt aus Nebenstraßen zu erzwingen - der alltägliche Wahnsinn zur Hauptverkehrszeit an der Hauptstraße. Wir beobachten das zusammen mit einer Gruppe von Anwohnern vom Dorfkreuz aus

Geislautern. Gestern Nachmittag an der Ludweiler Straße in Geislautern: Autos reihen sich Stoßstange an Stoßstange. Einfahrten und Bushaltestellen sind zugeparkt. Genervte Autofahrer versuchen, sich die Einfahrt aus Nebenstraßen zu erzwingen - der alltägliche Wahnsinn zur Hauptverkehrszeit an der Hauptstraße.Wir beobachten das zusammen mit einer Gruppe von Anwohnern vom Dorfkreuz aus. Anlass des Treffens ist ein Gutachten, das der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) zu Jahresende vorgelegt hat. Details wurden noch nicht öffentlich erörtert, aber der SZ ist bekannt, dass hier ein Schnitt von 23 000 Fahrzeugbewegungen täglich ermittelt wurde. Die letzte bekannte amtliche Zahl aus dem Jahr 2008 (siehe Rückschau) lag noch bei rund 17 300. Das LfS-Gutachten schlägt kurzfristig die Einführung von Tempo 30 vor, mittelfristig den Umbau von Knotenpunkten (unter anderem mit Ampeln und Linksabbiegespuren). Eine deutliche Verbesserung könne aber nur durch neue Umgehungsstraßen erreicht werden.

Aus Fußgängersicht fehlen auch sichere Überwege, wie Anwohner Ewald Schwindling (74) ergänzt. Der frühere Pastor Edgar Michels habe von "Mordstraße" gesprochen, nachdem vier Kinder totgefahren worden seien, erinnert Franz Josef Petry (72). Der Verkehr auf der Straße habe in 45 Jahren 64 Todesopfer gefordert. Das aktuelle Gutachten belege erneut die Dringlichkeit, zu reagieren.

Bürgermeister Wolfgang Bintz, in Völklingen für Verkehrsfragen zuständig, meinte in einer ersten Stellungnahme zum LfS-Gutachten: "Es ist noch weit schlimmer, als der eine oder andere Kommunalpolitiker früher gesagt hat. Man muss endlich etwas machen." Tempo 30 werde in Spitzenzeiten ohnehin zwangsweise gefahren. Im Moment blieben nur kleine Schritte. Man müsse die Parksituation ("derzeit wie im Wilden Westen") ordnen, verstärkt Verkehrskontrollen ansetzen, eventuell die Fahrspuren verengen, Einbiegen aus Nebenstraßen ermöglichen und die Fahrbahn komplett mit einem neuen Belag überziehen.

Meinung

Gut gemeinte Gutachten

Von SZ-RedakteurBernhard Geber

Zunächst das Gute am neuen Gutachten: Der Landesbetrieb für Straßenbau beweist damit, dass er "seine" Landstraße 165, die Ludweiler Straße in Geislautern, verstärkt ins Blickfeld genommen hat. Letztendlich kommt auch er zum Schluss wie bereits 2008 der Umwelt-Campus Birkenfeld: Richtig helfen können nur Umgehungsstraßen. Die kommen aber nicht, indem der Papierberg wächst.

Sofern Extrembelastungen überhaupt zu vergleichen sind, scheinen die Anwohner in Geislautern noch schlimmer dran als die der Völklinger Heinestraße. Aber betrachten wir doch mal die geplante Ostumgehung. Das Projekt begann verheißungsvoll, aber schon frühere CDU-Landesminister haben sich beim Umsetzen nicht mit Ruhm bekleckert. Die grüne Umwelt- und Verkehrsministerin Simone Peter hat dann Hoffnungen tausender Anwohner die Luft abgedreht. Statt Umgehungsstraßen voranzutreiben, will sie den öffentlichen Personennahverkehr stärken.

Wenn Frau Peter das ernst meint, könnte sie doch die Rosseltal-Bahnstrecke wieder eröffnen und die Saarbahn zumindest bis hin zum Alten Bahnhof in Großrosseln führen. Das verspräche dann auch für Geislautern Entlastung.

Rückschau

Schon seit Jahrzehnten klagen die Anwohner der Ludweiler Straße, der Hauptstraße in Geislautern, über unzumutbare Belastungen. 2008 verstärkten sich die Hoffnungen auf eine Besserung, nachdem Völklingen im Zuge einer EU-weiten Initiative gegen Verkehrslärm den Zuschlag als so genannte Pilotstadt im Saarland erhielt. Damals stellte ein vom Umwelt-Campus Birkenfeld erarbeiteter Aktionsplan noch eine Durchschnitts-Tagesbelastung von 17 344 Fahrzeugen für die Ludweiler Straße fest. Mit Blick auf über 450 Betroffene, die einen Lärmpegel von über 65 dB (A) aushalten müssten, sprach das Institut von "dringendem Handlungsbedarf".

Als Sofortmaßnahme schlug das Gutachten die Einführung von Tempo 30 in Verbindung mit einer stärkeren Kontrolle des Lkw-Fahrverbots vor. Eine nachhaltige Verringerung der Belastung lasse sich aber nur durch eine Entlastungsstraße erreichen, die die Verkehrsströme aus dem Bereich Warndt/ Frankreich in Richtung Saarbrücken aufnehme. er

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