Unterwegs zur Fischfarm 4.0

Völklingen · Peter Zeller, Chef der Völklingen Fresh GmbH, ist optimistisch, mit der Völklinger Fischzuchtanlage 2017 eine schwarze Null schreibt. Derzeit heißt es warten – darauf, dass Jungfische zur Verkaufsgröße heranwachsen.

 Peter Zeller, Geschäftsführer der Fresh Völklingen GmbH, in der Fischzuchthalle auf dem einstigen Fürstenhausener Kokereigelände. In den Becken schwimmen nicht nur Doraden und Wolfsbarsche, sondern auch Kingfische – diese Fischart ist nach Zellers Aussage besonders gefragt. Foto: Becker & Bredel

Peter Zeller, Geschäftsführer der Fresh Völklingen GmbH, in der Fischzuchthalle auf dem einstigen Fürstenhausener Kokereigelände. In den Becken schwimmen nicht nur Doraden und Wolfsbarsche, sondern auch Kingfische – diese Fischart ist nach Zellers Aussage besonders gefragt. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Der Weg zur Obergeschoss-Plattform, von der aus man die Fischzuchthalle überblickt, führt durch einen großzügigen Seminarraum. Wo im August 2015 noch Material lagerte und im November Baustellenatmosphäre herrschte, ist nun eingerichtet: Teppichboden, Konferenztisch, Stühle. An der Wand gegenüber dem großen Präsentations-Bildschirm hängt ein Netz, an dem - etwas schief, wie gerade frisch gefangen - drei gerahmte Urkunden befestigt sind: Anerkennung von einer internationalen Zertifizierungs-Organisation für nachhaltige Fisch-Produktion. "Darauf bin ich richtig stolz", sagt Peter Zeller, der als Chef der Fresh Völklingen GmbH jetzt die Völklinger Anlage leitet. Das Zertifikat sei hilfreich im Markt. Und der strenge Zertifizierungsprozess sei auch gut fürs Team gewesen: Die Dokumentationspflicht "hilft, die betrieblichen Abläufe zu optimieren".

Draußen auf der Plattform schauen wir auf das Becken vorne, wasserlos, soeben saniert und umgebaut. Auf die drei weiteren Becken, deren Filter sprudeln; dort schwimmen Doraden, Wolfsbarsche und Kingfische. "Fällt Ihnen nichts auf?", fragt Zeller. Doch, es ist heller geworden, neue Dachfenster lassen Tageslicht ein. Sonne für die Fische? Ja, das diene dem Wohl der Fische; präzise Forschungsdaten dazu gebe es freilich noch nicht. Und es ist leiser in der Halle als früher: Die Pumpen seien auf 80 Prozent gedrosselt, dem Energiesparen zuliebe. Insgesamt sind nach Zellers Aussage die Energiekosten um etwa 30 Prozent gesunken. Ein paar Laptop-Klicks, Zeller holt eine Grafik auf den Bildschirm: Energieverbrauch früher und jetzt, eine deutliche Reduktion.

Neben dem Energie-Management steht das Temperatur-Management im Blickpunkt. Wassertemperaturen von mehr als 25 Grad seien riskant für die Fische, erläutert Zeller. Neue Grafiken: Wetter- und Wasserdaten der Vorjahre. Im Hochsommer 2014 und 2015, man sieht es sofort, war es den Fischen zu warm - im Juli 2015 mussten die vorigen Betreiber ein ganzes Becken voller Wolfsbarsche notschlachten. Jetzt soll gekühlt werden, aber bitte kostengünstig - nächste Grafik : Völklinger Klimadaten übers Jahr, die Nachttemperaturen überschreiten nur selten die 20-Grad-Marke. Ergebnis der Daten-Vernetzung: Zeller will die Nachtkühle nutzen, um das Wasser zu temperieren, per Lüftung und Wärmetauscher, "Freecooling" nennt er das. "Wir wissen noch nicht, wie gut es funktioniert", sagt er, "das ist ein kleines Risiko." Doch sollte die Sonne mal extrem brennen, könne ein Kompressor als Not-Kühlsystem einspringen. Der ist eh schon da, wird für den Ursprungs-Zweck aber nur selten gebraucht, zeigte sich bei der Analyse der Bestandsdaten.

Fischverkauf? Nachfrage sei da, sagt Zeller, speziell nach Kingfischen. Deshalb will er künftig deren Menge verdoppeln. "Was wir zurzeit verkaufen, ist wirtschaftlich noch nicht relevant": 2015 wurden keine Jungfische eingesetzt, der Neubesatz muss erstmal wachsen. Aber die Vorbereitungen laufen für 2017, wenn wieder genug Fisch in Verkaufsgröße da sein wird. Dann will Zeller eine schwarze Null schreiben. Und durchstarten zur "Fischfarm 4.0", in die Zukunft.

Mit einer Fülle von Verkaufsargumenten - wieder ein paar Klicks auf dem Laptop, zu allem hat er Charts parat. Nachhaltige Produktion. Gesundes Fischfutter ohne den - problematischen - Zusatzstoff Ethoxyquin. Kurze Vertriebswege, dadurch Frische. Und eine günstige Ökobilanz. Nach Zellers Daten braucht ein Kilo Neuseeland-Kingfisch 66,6 Kilo CO2, bis es in der Schweiz ist - ein Kilo Völklinger Kingfisch braucht nur nur ein Zehntel, "der ökologisch beste Kingfisch der Welt". Den will Zeller auch per Post in Restaurant-Küchen bringen: Eine eigens entwickelte Kühlverpackung komme jetzt in den Praxistest, aus Karton statt aus Styropor. "Wir machen hier auf Musterschüler", sagt Zeller lachend. Das komme bei den Kunden gut an. Globus zum Beispiel werde demnächst zwei Wochen lang werben für Völklinger Fische, bundesweit.

Meinung:

Klugheit öffnet Chancen

Von SZ-Redakteurin Doris Döpke

Im November zeigte sich Peter Zeller, neuer Chef der Völklinger Fischzucht, noch zurückhaltend: Man müsse abwarten, ob es gelinge, die Anlage aus den roten Zahlen zu führen, sagte er da. Jetzt strahlt er rundum Optimismus aus. 2017, da ist er sicher, werde die Anlage eine schwarze Null schreiben - und in der Folge hält er auch Expansion für denkbar.

Was hat den Stimmungsumschwung verursacht? Zeller hat die Anlage einer eingehenden Analyse unterzogen, in allen Facetten, von der Technik über Betriebsabläufe und Betriebskosten bis hin zur Produktqualität und zum Vertrieb. Er hat eine enorme Fülle von Daten überprüft und vernetzt. Das vielleicht wichtigste Ergebnis: Es habe sich nichts gezeigt, was das Überleben der Anlage in Frage stelle. Rasch und konsequent wurden etliche Verbesserungen - bei der Anlagentechnik etwa oder beim Fischfutter - bereits verwirklicht, weitere stehen bevor.

Angesichts der klugen, gründlichen Arbeitsweise und der ebenso klugen, breit angelegten Verkaufs-Argumentation scheint es sehr wahrscheinlich, dass die Völklinger Fischzucht am Ende doch noch zur Erfolgsgeschichte wird. Es wäre eine enorme Leistung: Ein vermurkstes Projekt aus dem Sumpf zu ziehen, ist schwerer, als ein neues anzuschieben.

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