Unerwünschte tierische Bewohner

Völklingen · Völklinger Bürger haben sich jüngst mehrfach über Ratten im öffentlichen Raum beschwert. Doch Fachleute mögen nicht von einer „Plage“ sprechen; sie vermuten, dass Kanalarbeiten die Tiere aufgescheucht haben. Die Stadt wird jetzt aktiv.

 Kanalbauer Michael Rodenbusch zeigt in der Fürstenhausener Annastraße einen so genannten Pfeiffenkopf. Das ist ein Gulli-Einsatz aus Beton mit einem Fangeimer – hier kommt keine Ratte mehr durch. Zwölf Fürstenhausener Gullis werden so abgedichtet. Foto: Becker & Bredel

Kanalbauer Michael Rodenbusch zeigt in der Fürstenhausener Annastraße einen so genannten Pfeiffenkopf. Das ist ein Gulli-Einsatz aus Beton mit einem Fangeimer – hier kommt keine Ratte mehr durch. Zwölf Fürstenhausener Gullis werden so abgedichtet. Foto: Becker & Bredel

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 Ratten in Völklinger Straßen: Eine Fürstenhausenerin, die ungenannt bleiben möchte, hat sie jüngst in dieser Lebendfalle gefangen und an die Saar transportiert. Foto: Linke/ privat

Ratten in Völklinger Straßen: Eine Fürstenhausenerin, die ungenannt bleiben möchte, hat sie jüngst in dieser Lebendfalle gefangen und an die Saar transportiert. Foto: Linke/ privat

Foto: Linke/ privat

Das Ärgernis lauert im Untergrund: Ratten , die sich in jüngster Zeit vermehrt in Völklingen zeigen (wir berichteten bereits). Dabei sind die Angaben jedoch widersprüchlich. Der Saarländische Rundfunk sprach dieser Tage von einer "Rattenplage in Völklingen ", die von der Stadt mit einer 100 000 Euro teuren Aktion bekämpft werde. Im Rathaus sieht man das allerdings wesentlich entspannter.

"Wir haben nur vereinzelt Beschwerden, und bei keinem Ortstermin haben wir je Ratten selbst gesehen", sagt Ordnungsamts-Mitarbeiter Herbert Mailänder. Trotzdem bagatellisiere man die Hinweise nicht, man überprüfe sie immer und ziehe externe Schädlingsbekämpfer hinzu. Von einer "Plage" zu sprechen, erscheine aber überzogen.

Das sieht auch Saadi Zait so, der seit 30 Jahren in Völklingen ein Kanalbauunternehmen betreibt. "Natürlich begegnen uns bei der Arbeit Ratten , und wir sehen auch deren Nester, wenn wir Kanäle aufgraben. Doch wir sind niemals von Ratten umzingelt, wenn wir arbeiten", sagt er. Ein anderer Effekt sei wahrscheinlicher. In Fürstenhausen, meint der Experte, hätten Kanalbauarbeiten die Tiere aufgescheucht. Den gleichen Effekt habe man beim Saarausbau beobachten können. Damals sei an der Saar massiv gearbeitet worden, was die Tiere in den Rohrnetzen bis nach Luisenthal getrieben habe. Dies sei nun auch in Fürstenhausen zu beobachten gewesen.

Manfred Preuß vom Tiefbauamt bestätigt dies: "In der Helenenstraße, Annastraße und Cecilienstraße kamen Ratten aus Gullis. In diesem Bereich haben wir nun neun Gulli-Einläufe baulich verändert. Drei stehen noch aus, weil es für die Arbeiten trocken sein muss. Die Einläufe bekommen einen Einsatz und einen Fangeimer. Dort können Ratten den Kanal nicht mehr verlassen. Pro Einlauf kostet das die Stadt bis zu 800 Euro", sagt Preuß. Danach würden außerdem Gift-Köder in die Kanäle gelegt, um die Ratten wieder aus dem Wohngebiet zu vertreiben. Anwohner, die wir befragten, gaben nämlich durchaus an, sie hätten öfter Ratten gesehen. Auch bei Tage. Am Montag will die Stadt in Fürstenhausen nochmal einen Ortstermin durchführen und mit einem Schädlingsbekämpfer letzte Maßnahmen besprechen.

Handwerker Michael Rodenbusch sagt: "Die neuen Pfeiffenköpfe in den Schächten sind für Ratten nicht zu überwinden. Die kommen hier nicht mehr raus, werden sich dann aber andere Wege suchen." Saadi Zait kennt diese. Grundsätzlich könnten Ratten in Hausanschlüssen bis in die oberen Etagen krabbeln und dort aus WCs herauskommen. "Wir bieten dafür Rattenklappen für WCs an", sagt er; nach denen werde aber fast nie gefragt. Dieses Problem sei eher theoretisch zu sehen.

In der Praxis hoffen die Verantwortlichen, dass die Tiere nach Ende der Baumaßnahmen zurück zum Saarufer und in die Waldgebiete ziehen. Dort seien sie auch üblicherweise am häufigsten zu finden. Andererseits, gibt Ingrid Fuhrmann vom Ordnungsamt zu bedenken, folgten Ratten dem Nahrungsangebot. Man solle daher Essensreste nicht auf offene Komposthaufen werfen und auch nicht in gelbe Säcke stopfen. Das ziehe Ratten an. In der Völklinger Innenstadt gebe es öfter Klagen, dass leerstehende Immobilien Ratten anzögen. Das sei überprüft worden. Die Regel sei das aber nicht. "Mitunter liegen diesen Gerüchten auch Nachbarschaftsstreitigkeiten zugrunde", heißt es im Amt.

Freunde haben die Ratten übrigens auch. Eine Anwohnerin in Fürstenhausen rief beim Ortstermin der Behörde aus dem Fenster: "Die wolle doch aach nur lewe, für irgendwas sinn die doch gudd." Die Stadt setzt daher auch nicht auf den großen Gifteinsatz, sondern passive Maßnahmen - wie die schon genannten zwölf rattendichten Kanalschächte in Fürstenhausen. In der City werden erst einmal ungiftige Köder ausgelegt. "Wir sehen dann an Fraßspuren, ob es dort überhaupt Ratten gibt", sagt Mailänder. Man nehme das Thema ernst. Wo Ratten nachgewiesen würden, setze man Rattengift mit Langzeitwirkung ein. In Fürstenhausen beginne das nächste Woche. Das Gift werde dabei in den Kanal eingebracht. Nur die Ratten könnten damit in Berührung kommen.

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