Türkisch-Unterricht mit Konsulats-Lehrern?

Völklingen · Der Völklinger Stadtrat debattierte in seiner jüngsten Sitzung hitzig über ein freiwilliges Unterrichtsangebot an der Haydn-Schule.

Grundsätzlich steht der Völklinger Stadtrat Schulerweiterungen aufgeschlossen gegenüber. Aber als es bei der jüngsten Sitzung am Donnerstag um die Erweiterung der Grundschule Haydnstraße ging, äußerten sich die Stadtverordneten zu einigen Punkten höchst besorgt.

"Das geht ja gar nicht!", polterte Paul Ganster von den Linken als Erster. Was er meint: Schüler mit osmanischen Wurzeln sollen einen zusätzlichen Raum bekommen, in dem die Sprache ihrer Ahnen gelehrt wird. So weit, so gut. Doch Sozialdemokrat Erik Kuhn brachte mit seiner Nachfrage das Problem ans Licht: "Wer macht denn diesen Türkisch-Unterricht?"

Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) informierte, das solle ein vom türkischen Konsulat eingesetzter Lehrer tun. Ein Unding, fand nicht nur Ganster: CDU-Fraktons-Chef Stefan Rabel bezeichnete die Reihe der Punkte, die er in Sachen Stadtpolitik mit Ganster gemeinsam habe, als "überschaubar" - doch hier gebe es Übereinstimmung. Es gehe nicht an, dass ein Regime, das er in Zukunft als "bestenfalls autokratisch" oder eben als Diktatur sehe, einen Pädagogen für eine Völklinger Schule bestimme. Diese Position fand breite Zustimmung im Rat.

Einmal beim Thema angekommen, wurden auch andere Schulangebote für Schüler mit Migrationshintergrund erörtert. Demnach gibt es Extra-Deutschunterricht, damit die zum Schuleintritt schlecht Deutsch Sprechenden auf einen Stand kommen, der sie befähigt, dem normalen Unterricht zu folgen. Der Religionsunterricht laufe dreigleisig: katholisch, evangelisch und Ethik.

Anfang des Jahres hat die kommissarische Leitung der Haydnschule ihre räumlichen Probleme bei der Verwaltung thematisiert. Erstens wird im kommenden Schuljahr wohl die Zahl der Schüler stark steigen. Zweitens lassen die bereits vorliegenden Anmeldungen darauf schließen, dass auch die Nachfrage nach Betreuung in der Freiwilligen Ganztagsschule deutlich wachse. Mindestens vier Klassenräume benötige die Schule schon ab Sommer zusätzlich. Zwölf Klassensäle sind für derzeit 207 Schüler in neun Klassen vorhanden. Für den normalen Schulbetrieb brauche die Schule weiter je einen Raum für Deutsch als Zweitsprache, den Vorkurs "Früh Deutsch lernen", den umstrittenen Türkisch-Unterricht und für zusätzlichen Förderunterricht. Für den Ganztagsbereich würden dann noch zwei Räume als Gruppen- und Speiseraum benötigt. Während der Betreuung werden die - bisher - 110 Schüler auf fünf Gruppenräume aufgeteilt. Als kurzfristige Lösung sollen Container dienen. Die Kosten für deren Anmietung beziffert die Verwaltung auf 184 000 Euro. Grundsätzlich stimmte der Rat für das Vorhaben.

Das "Wie" kam später noch einmal in nichtöffentlicher Sitzung aufs Tablett. Weil sich die Schule in schlechtem, veraltetem baulichen Zustand befinde, musste dabei auch der Umbau oder sogar Neubau thematisiert werden. Für den Endausbau mit 18 Klassenräumen geht die Verwaltung von einem Investitionsvolumen von 6,7 Millionen Euro aus.

Öffentlich wurden noch andere Grundsatzfragen diskutiert. Schließlich wirke sich die Schulerweiterung ja auch auf die Raumordnung im Bereich Schule/ Kita aus, der sowieso schon als beengt gelte. Und dann auch noch der zusätzliche Verkehr. Schließlich hat es sich eingebürgert, dass Eltern die Kleinen, egal ob in die Kita oder in die Grundschule, mit dem Auto bringen - wobei regelmäßig das Chaos ausbricht, weil Halteverbote ignoriert und damit Wendemöglichkeiten blockiert werden. Während Brunhilde Folz (SPD) den Eltern-Bring-Dienst wegen der Berufstätigkeit beider Eltern als Notwendigkeit sieht, sähen es andere Kommunalpolitiker lieber, wenn die Grundschüler zu Fuß kämen. Wenigstens den letzten halben Kilometer. Lorig: "Auch Kinder haben Füße, die sind zum Gehen da" - dafür gab's Applaus aus Rat und Publikum.

Zum Thema:

"Herkunftssprachlicher Ergänzungsunterricht", so lautet die offizielle Bezeichnung, existiere bereits seit den 1980er Jahren: Das teilte Marija Herceg, Sprecherin des saarländischen Kultusministeriums, gestern auf SZ-Nachfrage mit. Und zwar nicht nur in Türkisch, sondern auch in anderen Zuwanderer-Sprachen, etwa Italienisch. Dabei sei üblich, dass staatliche Institutionen der Herkunftsländer die Lehrer stellen. Dieser Unterricht sei freiwillig und laufe jenseits der Stundentafeln. Derzeit, so Herceg, plane das Ministerium eine Novellierung der Verordnung, die dem herkunftssprachlichen Unterricht zugrunde liegt. Denn "Methoden und Inhalte der Sprachvermittlung und -prüfung" könnten auf Dauer "nicht in das freie Ermessen des jeweiligen Herkunftsstaates gestellt werden".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort