Tränen auf der Grube Luisenthal

Luisenthal · Vor zehn Jahren wurde die Kohleförderung auf dem Bergwerk Warndt-Luisenthal eingestellt. Armin Schmitt (56), Vorsitzender des Bergmannsvereins Luisenthal, war einer von über 3000, die sich von ihrem Beruf verabschieden mussten. Doch die Kameradschaft unter den Bergleuten blieb erhalten, berichtet uns heute Armin Schmitt.

 Der ehemalige Luisenthaler Bergmann Armin Schmitt mit einigen seiner Sammlerstücke. Foto: Rolf Ruppenthal

Der ehemalige Luisenthaler Bergmann Armin Schmitt mit einigen seiner Sammlerstücke. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal
 Die Grube sorgte in Luisenthal für Arbeit und Brot. Heute dominiert hier der Zerfall. Foto: Jenal

Die Grube sorgte in Luisenthal für Arbeit und Brot. Heute dominiert hier der Zerfall. Foto: Jenal

Foto: Jenal

Vor zehn Jahren, am 17. Juni 2005, wurde in der Grube Luisenthal die Kohleförderung eingestellt. Dort hat Armin Schmitt viele Jahre unter Tage gearbeitet. Auf die Frage, was ihm im Rückblick spontan zur Grube Luisenthal einfällt, sagt er ohne Verlegenheit: "Als ich neulich durch die Anlagen ging und den Verfall und die kaputten Dächer gesehen habe, habe ich geweint." Einige Treppenabgänge waren zubetoniert, "ich konnte keinen Fuß auf den Beton setzen, ich brachte das nicht übers Herz".

Als Armin Schmitt mit 17 Jahren vor der Berufswahl stand, gab es kein langes Überlegen. "Mei Bub geht uff die Grub", der Spruch war Standard in vielen Bergmannsfamilien. "Mein Vater und mein Großvater waren Bergleute", berichtet Schmitt, "also begann ich meine Ausbildung in Luisenthal und in der Lehrwerkstatt Fenne und wurde Elektroanlageninstallateur und Energieanlagenelektroniker, jeweils mit Facharbeiterbriefen". Bis 1979 hatte er die Ausbildungen einschließlich Schweißerlehrgang und "vier Wochen Drehbank" beendet. "Nach der Bundeswehr musste ich noch 18 Monate in Luisenthal unter Tage arbeiten, bevor ich berechtigt war, den Hauerschein zu machen, und dann war ich endlich offiziell Elektrohauer."

Es stimmt also, wenn gesagt wird, der Bergmann könne einfach alles? Da lacht Schmitt und holt aus einem Regal ein kleines gelbes Quietscheentchen, das mit Grubenlampe und Hacke bestückt ist. "Hier, das Symbol für den Bergmann", sagt er. Und wieso? "Ganz einfach: Eine Ente kann ein bisschen schwimmen, ein bisschen tauchen, ein bisschen fliegen, und so ist es auch beim Bergmann: Der kann alles nur ein bisschen, aber nichts richtig." Und er beugt sich zurück vor Lachen. Diese Selbstironie, dieses Understatement der hoch qualifizierten Facharbeiter - ein sehr sympathischer Zug. Schmitt war im Vortrieb eingesetzt, im Bereich der Tunnelmaschinen. "Da ging es durchschnittlich zehn Meter pro Tag vorwärts, und wir mussten mit der Energie folgen." Verletzungen? "Nach dem Grubenunglück 1962 wurden die Sicherheitsmaßnahmen stark erweitert, aber ganz ohne Blessuren ging es nicht." Bei der Installation einer neuen Maschine wurde ein armdickes Kabel versehentlich beschädigt, und eine Metallschiene stand unter Strom. "Ich hatte Glück und bekam nur einen leichten Schlag." Schlimmer war ein Innenbandabriss im Knie, was ihm heute noch zu schaffen macht.

Ab 2004 wurde Schmitt in Ensdorf eingesetzt, wobei er - manchmal sogar täglich - nach Lebach zum Nordschacht wechseln musste. 2007 dann die Schlussphase seines 31-jährigen Arbeitslebens: ein Jahr Kurzarbeit, dann Rente, mit 49 Jahren. "Danach bin ich noch ein Mal hin, um meine Sachen abzugeben. Aber ich habe zwei Jahre gebraucht, um wirklich loszulassen. Nach der Schließung haben wir vom Bergmannsverein jedes Jahr ein Bergfest gefeiert, so halten wir die Erinnerung und die Tradition wach, denn die gute Kameradschaft bleibt erhalten."

Armin Schmitt, Vorsitzender des Bergmannsvereins Luisenthal , ist jetzt 56 Jahre alt, seit 35 Jahren verheiratet mit seiner Frau Elisabeth, die beiden Töchter sind längst aus dem Haus, die Schmitts sind schon zwei Mal Großeltern. Wie hat Elisabeth Schmitt die beruflichen Gefahren ihres Mannes ertragen? "Die Sorge war täglich da", sagt sie, "aber man musste die Gefahr ausblenden, sonst hätte man nicht leben können."

Wir schauen uns um. Die beiden wohnen in einem schönen Fachwerkhaus, viel Holz und andere Naturmaterialien. "Es mag ironisch klingen", sagt Schmitt, "aber das Haus hat eine Holztragekonstruktion, falls - falls! - es bei Grubenschaden gehoben werden müsste." Alles selbst gemacht? "Elektroinstallation ja, aber Gas und Wasser nur teilweise. Das Entchen war nicht mein Vorbild."

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