Neues Stück des Theatervereins Titania in Völklingen Ein Reigen köstlicher Albernheiten

Völklingen · Der Theaterverein Titania Völklingen wandelt mitten in der Pandemie auf den Spuren Karl Valentins.

 Der Theater-Verein Titania zeigt Sketche in „Valentin – Gar nicht krank ist auch nicht gesund“. Hier spielen Gaby Bongard-Westermann und Marina Fey-Kaiser einen Sketch auf dem Friedhof.

Der Theater-Verein Titania zeigt Sketche in „Valentin – Gar nicht krank ist auch nicht gesund“. Hier spielen Gaby Bongard-Westermann und Marina Fey-Kaiser einen Sketch auf dem Friedhof.

Foto: Iris Maria Maurer

Am Anfang war: schemenhaftes Nichts. Eine gefühlte Ewigkeit ließ der Theaterverein Titania sein Publikum am Freitagabend eingangs auf die dunkle Bühne schauen. Ja Herrschaftszeiten, haben die über Corona vergessen, wo der Lichtschalter ist? „Zwei Jahre ist es her, dass ich eine Premiere ankündigen durfte“, hatte Regisseur Jürgen Reitz die Zuschauer zuvor sichtlich bewegt in der ehemaligen Turnhalle Luisenthal willkommen geheißen. So eine lange Pause sei ein Novum in den vergangenen 20 Jahren bei der Titania.

Als „begnadeter Hypochonder“, der er ohne Frage war, hätte Karl Valentin bei solch einer Gelegenheit sicher gesagt: „Schön, dass wir uns noch mal gesehen haben.“ Sein Lebensgefühl muss grundsätzlich ähnlich dem gewesen sein, „wie wir es seit zwei Jahren erleben müssen“, merkte Reitz an. Und attestierte dem gelernten Schreiner aus München, der in keine Schublade passte und mal als Dadaist, mal als Volkssänger bezeichnet wurde, post mortem eine „pandemische Lebenseinstellung“.

„Er hat sich vehement gestemmt dagegen, was auf ihn zukam.“ Wobei „grandiose Texte“ entstanden, befand der künstlerische Leiter des Theatervereins. Valentin habe sich nicht „in Passivität ergeben, sondern ist aktiv geworden“. Seine zum Teil schwarzhumorigen Sketche gehen ohne weiteres als „Resilienzfaktor erster Güte“ durch. „Also krempeln sie die Arme hoch und lassen sie sich infizieren. Er hat das ganze Leben so überstanden, dann werden wir wohl noch die nächsten Monate durchstehen.“

Gesagt. Getan. „Im Heuboden“ heißt ein Hörstück von Karl Valentin und Liesl Karlstadt, in dem sie im Dunkeln, im Heu sitzend, der Frage nachgehen, warum man im Finstern was hört, aber nichts sieht. In dem unsinnig-beredten Dialog wird über die Unterschiede der Sinneswahrnehmungen herumgealbert und über die Eigenartigkeit des Hörsinns philosophiert: „Rede mal nix, ob ich nachher was höre. – Jetzt pass auf, jetzt rede ich nix. – Hast du das gehört, wie ich jetzt nix geredet habe? – Zugehört hab ich schon, aber gehört hab ich nix.“

Die Titaniker setzten das ohne Bauernhofambiente um, Dunkelheit als das simpelste und genialste aller Bühnenbilder nutzend. Von da an entspann sich, selbstverständlich vorbildlich ausgeleuchtet vom Technikteam, ein munterer Reigen köstlicher kleiner Albernheiten aus dem Medizinschränkchen Valentins. Charmant durchs Panoptikum führte Ralf Westermann, der sich nebenbei als respektabler Sänger outete. Gaby Bongard-Westermann, Marina Fey-Kaiser, Anne Schultheiss und Dorothee Martin gaben ihrem Affen Zucker und wenn’s mal am Text haperte, wurde die Souffleuse hinterm Vorhang geistesgegenwärtig ins Spiel einbezogen.

Ob in der Galerie bei der Vernissage einer überzeugten Vegetarierin („Das Bild heißt: Möhrchen­tanz auf der Reeling der Aida“), am Stammtisch oder dehemm bei der Suche nach der Brille, für die man eine Brille bräuchte – Karl Valentin funktioniert hervorragend, wenn man ihn behutsam ins 21. Jahrtausend transferiert, den hiesigen Zungenschlag als Sahnehäubchen obendrauf. Unterwegs gab es viele Lacher und Gekicher, etwa wenn der halbtote Goldfisch „in der Saar ertränkt“ wird, und am Ende verdienten Applaus – den der große hagere Humorist sicher nonchalant mit einem hingeworfenen „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“ quittiert hätte.

Falls es die aktuelle Lage zulässt, besteht an diesem Samstag, 20. November, nochmals die Gelegenheit, „Valentin – Gar nicht krank ist auch nicht gesund“ zu erleben. Beginn ist um 19.30 Uhr.

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