„SV Röchling ist eine Herzensangelegenheit“

Völklingen · Völklingen. Am kommenden Wochenende startet die Fußball-Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar in die Saison 2016/2017. Röchling Völklingen spielt zunächst am 7. August beim Aufsteiger TuS Rot-Weiß Koblenz. SZ-Mitarbeiter Mirko Reuther hat sich vor dem Auftakt mit dem neuen Präsidenten des SV Röchling, Michael Arnold, unterhalten – über sein Engagement in Völklingen, die Perspektive des Vereins und seine Vergangenheit beim 1. FC Saarbrücken.

 Michael Arnold will den SV Röchling Völklingen als Präsident nach vorne bringen, vor allem auch für junge Leute wieder interessant machen. Foto: Schlichter

Michael Arnold will den SV Röchling Völklingen als Präsident nach vorne bringen, vor allem auch für junge Leute wieder interessant machen. Foto: Schlichter

Foto: Schlichter

Herr Arnold, der Tag im Mai, an dem Sie von der Mitgliederversammlung des SV Röchling Völklingen einstimmig zum Präsidenten gewählt worden sind, war ein Freitag, der Dreizehnte. Sind Sie abergläubisch?

Michael Arnold: Nullkommanull. Die Arbeit macht mir außerdem viel zu viel Freude, als dass ich an so etwas einen Gedanken verschwenden würde.

Musste Wolfgang Brenner, der Vorsitzende des SV Röchling, Überzeugungsarbeit leisten, damit Sie sich zur Wahl stellen?

Arnold: Ich bin mit Wolfgang schon sehr lange befreundet. Er hat mir in der Vergangenheit öfters im Spaß gesagt, dass in Völklingen immer ein Platz für mich frei ist, wenn ich mal beim 1. FC Saarbrücken aufhöre. Als ich dort im letzten Jahr tatsächlich als Aufsichtsratsvorsitzender zurückgetreten bin, wurden die Gespräche konkreter. Ich habe mir viele Heimspiele angeschaut - und nach einer Bedenkzeit zugesagt.

Ihre Verbindung zum SV Röchling reicht weit in die Vergangenheit zurück. Als Vorstand der Baumarktkette Praktiker waren Sie in Völklingen lange als Sponsor tätig, bis 2006 saßen sie im Aufsichtsrat des Vereins. Ist der SV Röchling für Sie eine Herzensangelegenheit?

Arnold: Ich setze diese Vokabel nur sparsam ein. Aber wer meine Verbundenheit zu Rudi Kappés kennt, der mich zum SV Röchling gebracht hat und der mir viel für mein Leben mitgegeben hat, weiß, wie sehr ich mich mit der Stadt und dem Verein identifiziere. Ja, Röchling Völklingen ist für mich eine Herzensangelegenheit.

Ihre Wahl zum Präsidenten hat in Völklingen Aufbruchstimmung erzeugt. Setzt Sie das unter Druck?

Arnold: Ich wurde in der Stadt zuletzt öfter angesprochen. Ich erfahre aber viel mehr Zuspruch als Druck. Für mich ist es eine große Ehre und Motivation, dass ich im Umfeld eines Traditionsvereins so eine Euphorie erzeugen kann. Wir wollen uns durch diese Euphorie aber nicht verrückt machen lassen und Traumschlösser bauen, sondern unsere Augen auf das Machbare richten.

Die finanzielle Lage des Vereins ist angespannt. Für die aktuelle Runde stehen 24 000 Euro Miese zu Buche. Bei offenen Kosten belaufen sich die Verbindlichkeiten auf 100 000 Euro. Wie beurteilen Sie die Situation?

Arnold: Das ist eine Herausforderung. Die Situation war mir aber bekannt, bevor ich mich zur Wahl gestellt habe. Ich bin auch nicht so naiv zu glauben, dass die Sponsoren auf einmal die Schatulle aufmachen, nur weil der Arnold jetzt in Völklingen Präsident ist. Wir müssen mit einem klaren Konzept überzeugen. Mit einer Kombination aus Leistung, Perspektive und Tradition.

Ist es vor diesem Hintergrund ein Glücksfall, dass der 1. FC Saarbrücken seine Heimspiele im Hermann-Neuberger-Stadion austrägt und Miete bezahlt?

Arnold: Dass der FCS hier spielt, hilft uns, es hilft der Stadt Völklingen und es hilft dem 1. FC Saarbrücken . Es ist eine Win-Win-Win-Situation. Pep Guardiola würde sagen: Super, super, super.

Welchen anderen Herausforderungen muss sich der SV Röchling stellen?

Arnold: Röchling Völklingen blickt auf eine große Tradition zurück, an die sich die Zuschauer gerne erinnern. Das ist legitim. Ich tue das ja selbst auch. Aber mit Blick auf die Fußball-Landkarte in Deutschland stellt man fest, dass Traditionsvereine wie Rot-Weiß Essen in der Versenkung verschwunden sind. Andere Vereine haben ihre Plätze eingenommen. Der 1. FC Heidenheim stand vor 15 Jahren da, wo Völklingen jetzt steht. Heute spielt Heidenheim in der 2. Liga.

Was schließen Sie daraus?

Arnold: Wir müssen analysieren, was diese Vereine richtig gemacht haben. Ich meine nicht finanzstarke Clubs wie RB Leipzig, sondern diejenigen, die es mit bescheidenen Mitteln aus eigener Kraft geschafft haben. Ich habe den allergrößten Respekt vor dem, was in Freiburg geleistet wird. Wo haben diese Vereine in der Vergangenheit strukturell die richtigen Weichen gestellt? Das müssen wir uns fragen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.

Spielt das Thema Jugendarbeit bei diesem Lernprozess eine Rolle?

Arnold: Hundertprozentig. Wir tun uns keinen Gefallen damit, Spieler einzukaufen, die ihren Leistungszenit lange überschritten haben. Das ist auch für die Identifikation der Zuschauer mit dem Verein nicht förderlich. Die erste Mannschaft ist unser Aushängeschild. Aber der Unterbau, die Jugend und die zweite Mannschaft, sind genauso wichtig. Wieder eine gute Adresse für die Jugend zu werden, ist eines unserer größten Ziele. Wir arbeiten im Augenblick daran, dass der Nachwuchsbereich in Zukunft mehr Mittel bekommt.

Das Publikum in Völklingen gilt als begeisterungsfähig. In der vergangenen Saison war der Zuschauerzuspruch aber verhalten. Schatzmeister Frank Ferdinand sprach von "Zuschauer-Einnahmen auf Rekord-Tief". Woran lag das?

Arnold: Ich habe fast alle Heimspiele in der Rückrunde gesehen. Viele Auftritte waren einfach nicht gut. Bei Nieselregen und Kälte tut sich das kaum einer mehr an. Unterhalb der Profi-Ligen kämpfen viele Amateur-Vereine mit dem Zuschauerschnitt. Ein Problem ist die Altersstruktur. Wenn man auf die Ränge blickt, sieht man kaum junge Gesichter.

Kann man dieser Entwicklung entgegenwirken?

Arnold: Wir müssen auf den Kanälen senden, auf denen die jungen Leute empfangen. Auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter . Die Brieftaube hat als Überbringer von Informationen ausgedient. Darum haben wir unter anderem unsere Homepage komplett überarbeitet. Wir haben viele ältere ehrenamtliche Helfer, die großartig anpacken. Aber man muss die Tür auch für frischen Wind öffnen.

Ein Dutzend Spieler des Oberliga-Kaders haben den Verein verlassen, zehn neue sind gekommen. Ein radikaler Umbruch?

Arnold: Ja. Einige Abgänge sind schmerzhaft, zum Beispiel der von Kapitän Athanasios Noutsos. Man muss aber sehen, dass eine Veränderung nötig war, weil es letzte Saison in der Mannschaft am Ende nicht mehr richtig gestimmt hat. Deshalb kann man die Leistung von Trainer Günter Erhardt gar nicht hoch genug bewerten. Er hat bei den Neuzugängen nun wieder ein glückliches Händchen bewiesen. Wir haben den Kader verjüngt und die Abgänge gut kompensiert.

Gibt es sportliche Ziele für die anstehende Saison?

Arnold: Wenn wir am 34. Spieltag wieder auf Platz sieben stehen, sind wir zufrieden. Die Liga ist wie im vergangenen Jahr sehr ausgeglichen und wir haben ein schweres Auftaktprogramm. Das gilt es erstmal zu überstehen.

Völklingen spielt zusammen mit sechs anderen saarländischen Mannschaften in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar. Richten Sie den Blick mittelfristig wieder auf die Regionalliga?

Arnold: Im Moment stehen wir genau da, wo wir hingehören. Wir würden sicher gerne die viertstärkste Kraft im Saarland werden. Aber das ist kein konkretes Ziel, das bei uns in der Schublade liegt und das wir bis 2018 abhaken wollen. Höher hinaus geht es dann kaum noch. Saarbrücken, Elversberg und Homburg sind uns weit voraus. Daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Die Euphorie, die wieder in Völklingen herrscht, ist toll, aber die Regionalliga ist für uns derzeit kein Thema.

Sie waren 18 Jahre lang beim 1. FC Saarbrücken im Aufsichtsrat tätig. Vor kurzem unterlag der SV Röchling dem FCS in einem Testspiel mit 1:4. Welcher der beiden Mannschaften würden Sie in einem Pflichtspiel die Daumen drücken?

Arnold (lacht): Die Frage beantworte ich, wenn Völklingen und Saarbrücken im Finale des Saarlandpokals gegeneinander spielen.

Nach ihrem Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender des 1. FC Saarbrücken vor einem Jahr haben sie gesagt: "Wenn die personelle Konstellation stimmt, kann ich mir eine Rückkehr zum FCS vorstellen". Würden Sie den Satz heute noch unterschreiben?

Arnold: Man soll niemals nie sagen. Klar ist, dass man 18 Jahre in einem Verein nicht einfach abschütteln kann. Das will ich auch gar nicht. Aber der Plan, den ich mit Wolfgang Brenner in Völklingen verfolge, ist auf über zwei Jahre angelegt. Wir wollen hier etwas bewegen. Ich freue mich immer, wenn ich einen alten Weggefährten vom FCS treffe. Ich drücke dem Verein auch weiter fest die Daumen. Aber meine Kraft gilt Röchling Völklingen. Zu 100 Prozent.

2007 ist Ihnen das Präsidenten-Amt beim 1. FC Saarbrücken angeboten worden. Sie haben abgelehnt. Warum? Was ist heute anders?

Arnold (lacht): Das ist so lange her, dass ich einfach behaupten könnte, dass ich mich nicht mehr erinnern kann. Aber ich war damals für das Auslandsgeschäft von Praktiker zuständig und deshalb fünf Tage in der Woche zwischen Warschau und Istanbul unterwegs. Fußball ist ein Tagesgeschäft. Da sollte man als Präsident schon Präsenz zeigen. Das ist heute anders, da kann ich in Völklingen auch einfach mal kurzfristig im Training vorbeischauen.

Warum ist der SV Röchling Völklingen ein Verein mit Zukunft?

 Gemeinsam mit seiner Frau Stephanie (links) engagiert sich Michael Arnold in der Rudi-Kappés-Stiftung. In der Bildmitte ist Pascal Kappés, Sohn des früheren Röchling-Trainers. Foto: Wieck

Gemeinsam mit seiner Frau Stephanie (links) engagiert sich Michael Arnold in der Rudi-Kappés-Stiftung. In der Bildmitte ist Pascal Kappés, Sohn des früheren Röchling-Trainers. Foto: Wieck

Foto: Wieck

Arnold: Wir sind ein Verein mit Identität, der eine authentische Tradition lebt und fest in der saarländischen Fußball-Historie verwurzelt ist. Es gibt viele Menschen, denen Röchling Völklingen am Herzen liegt und die sich engagieren, damit der Verein besser wird. Und unsere Infrastruktur mit Bistro, Halle und Kunstrasenplatz muss sich im Saarland vor keinem anderen Verein verstecken.

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