Streit um fehlende Zentimeter

Völklingen · Mit einer neuen Rampe an der Rosselmündung wollte die Stadt Rad-Touristen einen bequemen Weg von der Saar hin zum Weltkulturerbe bahnen. Dies scheitert aber an einem nicht normgerechten Brückengeländer.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Saar hat in einer Pressemitteilung Alarm geschlagen: Eine kürzlich eingeweihte kleine Rampe führe den Radtouristen, von Saarbrücken kommend, vom Radweg an der Saar direkt auf den ("rund 2,60 Meter breiten") Bürgersteig der Wehrdener Brücke. Ein radtouristisches Hinweisschild weise ihm dort die Richtung in die Innenstadt und zur ehemaligen Hütte. Doch wenige Meter später werde der Radfahrer dann plötzlich auf die stark befahrene Straße geschickt.

An dieser Stelle steht jetzt tatsächlich ein blaues Verkehrszeichen, das aussagt, dass der Gehweg ab diesem Punkt allein für Fußgänger bestimmt ist. Und sowohl die Schild-Gegner als auch die Befürworter bringen nun die "Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten" (ZTV-ING, Teil 8, Stand 2013/12) ins Spiel. Diese besagen, kurz gefasst, dass Brückengeländer an Gehwegen, die von Radlern mitbenutzt werden, mindestens 1,30 Meter hoch sein müssen. Der ADFC beruft sich dagegen auf eine Fußnote im Text: Diese stellt klar, dass dies nur für Neubauten gelte. Für Vorhandenes, sprich die Wehrdener Brücke, bleibe es bei 1,20 Meter. Die SZ hat nachgemesssen: Das Geländer ist hier tatsächlich 1,23 Meter hoch.

So weit, so gut. Doch nach dieser Brücke, die über die Saar führt, folgt vor dem Weltkulturerbe noch eine zweite. Diese Brücke überspannt die Bahngleise . Dort ist, bei annäherend gleich breit bleibendem Gehweg, das Brückengeländer nur noch einen Meter hoch. Und das ist genau der Punkt, auf den sich die Stadtverwaltung bei ihrer Antwort auf den Protest des ADFC beruft. Der Landesbetrieb für Straßenbau habe schriftlich mitgeteilt, so lange das Geländer nicht auf 1,30 Meter erhöht sei, dürfe das Schild "Radfahrer frei" nicht aufgestellt werden. Die Kosten für eine solche Erhöhung müsse die Stadt tragen. Es sei richtig, dass die Geländerhöhe der Saarbrücke ausreiche, aber es habe keinen Sinn, die Radfahrer nach diesem kurzen Stück wieder auf die Fahrbahn zu lenken.

Meinung:

Zu kurz gesprungen

Von SZ-RedakteurBernhard Geber

Da sind der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und sein örtlicher Vertreter Hans Holderbaum eindeutig zu kurz gesprungen. Das neue Fußgänger-Schild am Gehweg auf der Wehrdener Brücke ist kein Ausschlag des Amtsschimmels oder gar eine Schikane gegen Radfahrer , sondern hat seinen guten Grund. Allein für sich betrachtet, könnte man auf der Wehrdener Brücke, soweit sie über die Saar führt, durchaus das Radeln auf dem Gehweg erlauben. Aber dahinter folgt auf dem Weg zum Weltkulturerbe ein zweiter Brücken-Teil über die Bahngleise , auf dem das Geländer, vom Rad aus betrachtet, geradezu lebensgefährlich niedrig ist.

Deshalb kann die Diskussion nur um zwei Fragen gehen: Hat es Sinn, allein auf dem Saar-Abschnitt den Gehweg freizugeben? Und soll die Stadt das Geld für ein höheres Geländer in die Hand nehmen? Es wurden ja schon über 30 000 Euro für die Rampe an der Rosselmündung ausgegeben, die viele für unnötig hielten. Wobei diese Rampe jetzt doch nur auf eine stark befahrene Straße führt.

Da sind offenbar die Leute, die die Rampe planten, viel zu kurz gesprungen.

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