Stählerner Riese fällt nach Plan

Fürstenhausen. Samstagmorgen, kurz vor halb acht. Bindfadenregen, der unbefestigte Fahrweg von der Straße Am Holzplatz zum ehemaligen Fürstenhausener Kokereigelände ist tief durchweicht. Was rund 100 Menschen nicht abhält, die rutschige Böschung zur nassen Wiese nebenan zu erklimmen: Von dort aus hat man freien Blick auf den Gasometer, der in einer halben Stunde gesprengt werden soll

Fürstenhausen. Samstagmorgen, kurz vor halb acht. Bindfadenregen, der unbefestigte Fahrweg von der Straße Am Holzplatz zum ehemaligen Fürstenhausener Kokereigelände ist tief durchweicht. Was rund 100 Menschen nicht abhält, die rutschige Böschung zur nassen Wiese nebenan zu erklimmen: Von dort aus hat man freien Blick auf den Gasometer, der in einer halben Stunde gesprengt werden soll. Mitarbeiter der RAG Montan Immobilien-Gesellschaft (früher MGG Saarprojekt) sind da, in zünftiger Wetterkleidung - klar, sie kennen das Gelände, sie haben dessen Sanierung betreut. Die Völklinger Stadtwerke stellen eine starke Delegation - klar, will doch die Gewerbeansiedlungsgesellschaft Völklingen (GAV), eine Stadtwerke-Tochter, auf dem Gelände eine Biogas- und eine Meeresfischzuchtanlage bauen. Oberbürgermeister Klaus Lorig macht beim Blick auf den "Batsch" erstmal kehrt: "Ich hab' doch Gummistiefel im Auto!" Es wird gewitzelt: Die nasse Wiese ähnelt fast einem Reisfeld, "na prima, Fisch und Reis, das passt doch." Drei Minuten vor acht: ein Signalhorn ertönt. Eine Minute vor acht: ein zweites Signal. Auf der Wiese wird es still, Profi- und Hobbyfotografen stehen reglos hinter ihren Kameras. Punkt acht ein Knall, vom Gasometerdach steigt Rauch auf. Sekunden später vier, fünf, sechs weitere Detonationen in rascher Folge. Ein feuriger Ring schnellt von links nach rechts um die unterste Gasometer-Etage, erlischt, verwandelt sich in ein Band aus Qualm. Der stählerne Riese neigt sich. Knickt ein. Kippt vornüber. Fällt mit dumpfem Geräusch zu Boden. Eine Wolke aus Rauch und Staub verhüllt, was auf der Wiese liegt. Als sie sich verzogen hat, klatschen zwei, drei Händepaare Beifall. Werner Schäfer, Sprengungs-Spezialist vom Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz, lobt: "Perfekt!" - der Gasbehälter ist exakt so gefallen wie geplant. Zufriedene Gesichter ringsum, niemand trauert der einstigen Landmarke nach. Zufrieden ist auch Lothar Schlauch, Chef der Völklinger LS-Rohstoffgesellschaft: Er hatte den Gasometer von den GAV erworben, 800 Tonnen Stahlschrott, die er nun von der Spreng-Firma zerschneiden lässt und dann vermarkten will. > Weitere Berichte: Seiten C 2 und B 1.

Auf einen BlickDer Gasometer auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei Fürstenhausen wurde in den 1950er Jahren erbaut. Er war 76 Meter hoch, hatte 45 Meter Durchmesser und fasste 100000 Kubikmeter Gas. Sein (Metall-)Gewicht beträgt etwa 800 Tonnen. dd

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort