Neuer Geschäftsführer der Stadtwerke Völklingen Der neue Chef will das Kerngeschäft stärken
Völklingen · Die Stadtwerke Völklingen haben, wie berichtet, einen neuen Geschäftsführer. Julian Wollscheidt, 29, hat das Amt von Michael Böddeker übernommen. Was hat er vor?
Julian Wollscheidt kennt den Spitznamen, den Mitglieder des Völklinger Stadtwerke-Aufsichtsrats ihm gegeben haben: „Beckenbauer“. Wollscheidts Blitzkarriere hat die Aufsichtsräte daran erinnert, dass der große Fußballer schon in ganz jungen Jahren weltmeisterliche Erfolge feierte. „Naja“, sagt Wollscheidt dazu beim Besuch in der Völklinger SZ-Lokalredaktion bescheiden abwehrend, „schaumermal“ – passt, ohne Absicht; Gelächter am Redaktionstisch.
Wollscheidt, 29 Jahre jung, ist seit März 2017 bei den Stadtwerken, er kam als kaufmännischer Leiter. Und wurde nun, wie berichtet, zum Geschäftsführer ernannt, nachdem Michael Böddeker dieses Amt niedergelegt hatte. Böddeker hatte im Oktober 2015 die Leitung der damals finanziell schwer angeschlagenen Stadtwerke übernommen und das kommunale Unternehmen weitgehend saniert.
Die Krise war eine Folge des Meeresfischzucht-Abenteuers, auf das sich die Stadtwerke eingelassen hatten. Es brachte den Stadt-Konzern an den Rand der Insolvenz. Ein Extremfall, dennoch nicht untypisch für kommunale Versorgungsunternehmen, meint Wollscheidt. Finanzmanagement sei da oft „nicht die Kernexpertise“. Manchmal könnten wenige Fehlentscheidungen, zum Beispiel bei Beschaffungen, schon Krisen auslösen. Die Stadtwerke Völklingen sieht Wollscheidt jetzt aber solide aufgestellt: „Ich mache mir keine Sorgen, solange unser Kerngeschäft funktioniert.“
Kerngeschäft, das ist zuallererst Energieversorgung. Sind die Völklinger da konkurrenzfähig? Kritiker werfen ihnen hohe Preise vor. „Ich glaube, wir brauchen uns nicht zu verstecken“, insbesondere nicht auf regionaler Ebene, hält Wollscheidt dagegen. Man dürfe ein Unternehmen der Grundversorgung nicht vergleichen mit Firmen, die Kunden mit Billigtarifen locken; denn diese Sondertarife seien ja stets nur im Jahr nach dem Wechsel gültig, „danach wird’s teuer“. Und: „Unter Service-Aspekten können wir Kundenverlusten entgegenwirken.“ Etwa mit speziellen Festpreis-Paketen, zugeschnitten auf den jeweiligen Kunden-Bedarf, mit längerfristig stabilem Preis.
Was hat die Stadt von ihren Stadtwerken? Rund 250 Arbeitsplätze, antwortet Wollscheidt. Eine jährliche Konzessionsabgabe. Und öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) – „man darf nicht vergessen, dass wir ein Querverbunds-Unternehmen sind“, sprich: Gewinne aus dem Energiegeschäft gleichen das Defizit aus, das der ÖPNV einfährt, unvermeidlich, überall. In Völklingen ist es mittlerweile eingegrenzt worden, es belaufe sich auf eine bis 1,5 Millionen Euro jährlich. „Unter voraussehbaren Bedingungen“ sieht Wollscheidt keine Notwendigkeit, die Unabhängigkeit der Stadtwerke Völklingen aufzugeben. Auch wenn die Schulden, die das Fischzucht-Desaster hinterlassen hat, hoch sind („ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag“). Wird Geld zurückfließen, bleiben die Stadtwerke bei ihren Schadensersatz-Forderungen gegen die ehemalige Geschäftsführung? Dazu mag Wollscheidt derzeit nichts sagen. Erst in etwa acht Wochen, wenn der Geschäftsbericht 2018 vorliege, sei dazu Auskunft möglich – doch er verweist dabei auf den Aufsichtsrat.
Noch zu den Schulden: Mit der Umschuldung, die Ende 2017 gelang, habe man die Zinslast kräftig drücken können; das öffne Möglichkeiten zum Investieren. Wobei Wollscheidt auf die Frage nach Elektro-Mobilität zurückhaltend antwortet. Ja, E-Ladesäulen in jedem Stadtteil seien nach wie vor geplant. Und man habe auch schon Konzepte in der Schublade, um gegebenenfalls rasch auf den Zug aufspringen zu können. Momentan seien E-Busse aber noch so teuer, in der Anschaffung wie im Betrieb, dass man zunächst abwarte und beobachte.
Und er selbst, wird er bleiben? Warum hat er – nach Jobs in der Finanzwirtschaft und bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – in Völklingen angeheuert? „Für mich war es verlockend, in einer Industrie tätig zu sein, die näher am Produkt ist“, sagt er. Die „extreme Abstraktion“ der Finanzwirtschaft war nicht seine Sache. „Es muss was verkörpern, das hat mir in der Finanzwelt gefehlt.“ Und, fügt er lächelnd hinzu, Saarländer – wie er, in Püttlingen geboren – kämen ja ohnehin irgendwann zurück. Ein Arbeitsweg von Geislautern, wo er wohnt, nicht mehr nach Luxemburg, sondern nach Völklingen, das genieße er. „Ich fahre Mountainbike, ich fahre Rennrad, das ist wunderbar hier.“