Sechs Stahl-Menschen grüßen die Passanten

Völklingen · Erst im zweiten Anlauf hat die Montage geklappt – aber seit gestern ist alles fertig: Riesige Skulpturen, entworfen von Horst Reinsdorf, beleben den neu gestalteten Platz an der Völklinger Versöhnungskirche.

"Der Teufel steckt im Detail", sagt der Völklinger Künstler Horst Reinsdorf gern. Da scheint was dran zu sein. Bereits am vergangenen Mittwoch sollen Reinsdorf-Skulpturen auf dem neu gestalteten Platz vor der Versöhnungskirche aufgestellt werden, doch irgendwie ist der Wurm drin. Es regnet Bindfäden. Das hält die Arbeiter der Steingestaltungs-Firma Gesellchen nicht davon ab, in den für die Skulpturen vorgesehenen Betonsockeln Kernbohrungen zu beginnen. Im Laufe des Nachmittags sollen sechs überlebensgroße Figuren frei auf dem "Platz der Begegnung" in die Höhe ragen - das ist der Plan. Aber er klappt nicht.

Die Figuren, das sind eine Familie mit Kind, ein Großelternpaar mit Gehstock und Schirm und ein Musiker mit einer Posaune in der Hand. Sie wurden innerhalb der letzten acht Monate entworfen, geplant und vollendet. Aus Cortenstahl sind die Skulpturen gemacht, fünf davon etwa drei Meter hoch und je 500 Kilo schwer, die sechste, das Kind, mit 1,70 Metern Höhe und 250 bis 300 Kilo Gewicht. 70 Skizzen hat Reinsdorf angefertigt, nach denen erst das Modell, dann die Stahlmenschen selbst erschaffen wurden. Ständig musste etwas geändert, durchgesprochen, abgeklärt werden, Reinsdorf war beim gesamten Entstehungsprozess dabei. "Kunst ist Arbeit, ein Handwerk !", betont er beim ersten Montage-Anlauf, im strömenden Regen.

Handwerk kennt technische Probleme. Der Rückschlag hier: Ein Bohrer bricht ab, die Arbeiten müssen vertagt werden. Doch eine Woche später kann Reinsdorf wieder lachen: "Heute Abend, wenn alles steht, kommt ein grünes Häkchen an das Projekt", sagt er.

Seit Montag gehen die Kernbohrungen weiter, die Arbeiter schuften durch, wieder steht Mittwoch als Aufstellungstag im Kalender. Sonnenschein begleitet seit dem Morgen die Arbeiten. Schon um kurz nach acht werden die Skulpturen im Tieflader geliefert. Die Spannung ist groß, als der Bagger die erste Plastik - die Mutter aus der Familiengruppe - in einem knallgrünen Tragegurt vorsichtig zu ihrem Sockel schweben lässt. Langsam und bedächtig wird der Standfuß ins Bohrloch eingelassen. Bevor man Mörtel zur Abdichtung eingießt, muss kurz geklärt werden, was mit den runden Abdeckplatten passieren soll. Reinsdorf geht keine Kompromisse ein: "Einmal in der Mitte durchschneiden und anschließend anschweißen!" Die Arbeiter nicken und setzen ihre Arbeit fort.

Knifflig ist, die Ausrichtung der Skulpturen perfekt zu treffen. Reinsdorf dirigiert: "Der Vater muss noch ein wenig eingedreht werden. So - perfekt!" Er nickt zufrieden, Planerin Kristina Debes vom Saarbrücker Planungsbüro Dutt & Kist scheint auch einverstanden. Auch sie harrt den ganzen Vormittag auf dem Platz aus, schießt Fotos, schaut gespannt zu. "Unser Ziel war es, diesen öffentlichen Durchgangsweg zu beleben", sagt sie. Mit den filigranen, beinahe schwebenden Skulpturen scheint das bisher gut gelungen. Luftig und leicht muten sie an.

Passanten bleiben stehen, sehen zu. "Klasse sieht das aus! Wunderbar!", lobt ein älterer Mann, der sich als Landschaftsgärtner zu erkennen gibt, die Arbeit. Inzwischen, nach gut vier Stunden, stehen fünf Skulpturen , die letzte - der Musiker - wird gerade mit dem Bagger herangebracht. Ein letztes Mal die Halterung im Bohrloch versenken. "Jawoll, genauso!", gibt Reinsdorf sein Okay, bevor der Mörtel den Haltestab umschließt.

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