Schule im Sammelfieber

Völklingen · Alle 18 Monate tauscht jeder Handy-Nutzer im Schnitt sein Gerät aus – selbst, wenn es noch funktionsfähig ist. Ein landesweites Projekt sammelt diese ausrangierten Handys. Das Völklinger Einstein-Gymnasium unterstützt es mit einer eigenen Kampagne.

 Fast wie ein Magier präsentiert Schulleiter Wolfgang Pfaff die alten, ausgedienten Kommunikationsgeräte. Foto: Becker & Bredel

Fast wie ein Magier präsentiert Schulleiter Wolfgang Pfaff die alten, ausgedienten Kommunikationsgeräte. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Wolfgang Pfaff ist sich sicher, den Sieger zu kennen. "Es gibt da eine Klasse, die hat jetzt schon weit über 200 Handys eingesammelt." Welche Klasse, das kann er natürlich nicht preisgeben - unlauterer Wettbewerb. Und es könnte ja auch sein, dass sie noch bis zum Ende der Kampagne, überholt wird. Aber nicht nur besagte Klasse ist im Handy-Sammelfieber. Der Sammelvirus hat die ganze Schule gepackt. "1000 Handys und mehr" heißt das Projekt, dem sich der Schulleiter des Albert-Einstein-Gymnasiums (AEG) in Völklingen verschrieben hat.

Damit unterstützt die Schule auch eine Aktion der Landesregierung. "Über 100 Millionen gebrauchter Handys liegen ungenutzt in Deutschlands Schubladen, allein im Saarland dürften es mehr als eine Million sein", schreibt Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrem Grußwort zur Kampagne "Hol die Gruftis raus". Die eingesammelten Kommunikationsgeräte werden ausgeschlachtet. Ein Mobiltelefon besteht aus rund 60 Materialien, darunter Gold, Silber, Kupfer und das seltene Palladium. Von dem Erlös werden zwei Projekte in Entwicklungsländern unterstützt, Vorschläge sind erwünscht. Das Einstein-Gymnasium würde gern der Schule des 7. September im Armenviertel von Santa Cruz in Bolivien helfen, der sie bereits beim Bau eines Sportplatzes behilflich war mit 5000 Euro.

Wolfgang Pfaff hat für das Einstein-Projekt zusätzliche Anreize parat: "Der Gewinner unserer Aktion bekommt einen Tag schulfrei und 200 Euro aus den Töpfen des Fördervereins." Zum Projektverlauf schrieb er eine Regieanweisung, beginnend mit dem 17. und 18. Januar. An diesen beiden Tagen sollten die Schüler bei ihren Familien und Verwandten auf Handy-Jagd gehen, die SIM-Karte entnehmen, der Akku sollte bleiben. Ein Spezialunternehmen löscht später noch vorhandene Daten. 50 Sammelboxen hat sich die Schule besorgt, ein Angebot der landesweiten Kampagne. Vorige Woche wurden die Boxen (zwei pro Klasse) an die Schüler ausgehändigt. Zwei bekam das Lehrerkollegium und nimmt außer Konkurrenz am Wettbewerb teil. Seither sammeln die Klassensprecher in der ersten großen Pause alte Handys ein. Am heutigen Mittwoch holt die Ministerpräsidentin um 10 Uhr im Rahmen einer kleinen Feier in der Aula persönlich die Handy-Boxen ab. "Über 1000 Geräte sind es jetzt schon", ist sich Pfaff sicher. Und er berichtet von dem pfiffigen Siebtklässler, der vergangenen Sonntag ein Aktionsplakat an den Eingang der Kirche in seiner Gemeinde angebracht hatte. Das Resultat, 56 Alt-Handys, hatte der Pfarrer an die Schule gebracht.

Plötzlich springt Wolfgang Pfaff während des Gespräches in seinem Büro auf und kramt ein altertümliches Gerät heraus, ein Plexiglas-Ungetüm aus der Technik-Steinzeit. "Ein altes Autotelefon von Swatch", verrät Pfaff. Den Oldie wird er aus Sentimentalität behalten.

handy.saarland.de

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