Putzaktion gegen das Vergessen

Völklingen · Im Juli 2012 begann das Verlegen von Stolpersteinen in Völklingen. Skeptiker befürchteten Diebstahl, Vandalismus, rechtsextreme Übergriffe. Aber die 27 Steine brauchen jetzt nur eine neue Politur, und dies soll bei einer Großaktion am morgigen Freitag geschehen.

 Das Finale der Putzaktion an diesem Freitag steigt an der großen Stolperschwelle am Haupteingang zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Foto: Becker & Bredel

Das Finale der Putzaktion an diesem Freitag steigt an der großen Stolperschwelle am Haupteingang zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Metalldiebe schrecken offenbar vor nichts zurück. So war Mitte vergangenen Jahres die Gedenktafel an der Ausländergedenkstätte am Völklinger Waldfriedhof unter ungeklärten Umständen verschwunden. Die Stadt hat die Bronzetafel inzwischen durch eine Marmortafel ersetzt. 27 Stolpersteine wurden in den vergangenen Jahren in Bürgersteige in Völklingen eingelassen. Sie tragen auf Tafeln die Namen der Nazi-Opfer, die zuvor in den betreffenden Häusern wohnten. "Man hätte auch Gold nehmen können, aber das bleibt nicht lange liegen", sagte Aktionskünstler Gunter Demnig bereits augenzwinkernd, als er die Steine persönlich verlegte. Seine Tafeln aus Messing, zehn mal zehn Zentimeter groß, sind bisher vor Dieben verschont geblieben. Das Material hat aber den Nachteil, dass es mit der Zeit stumpf wird. Und deshalb ruft das Völklinger Aktionsbündnis Stolpersteine für Freitag, 8. Mai, zu einer stadtweiten Putzaktion auf.

Der 8. Mai ist bewusst ausgewählt. Dann jährt sich zum 70. Mal das Ende des 2. Weltkriegs. "Den Jahrestag der Befreiung vom Faschismus nehmen wir zum Anlass, die Stolpersteine wieder auf Hochglanz zu bringen und damit das Erinnern an die Opfer aufzufrischen", sagt Sprecherin Caroline Conrad. Das Albert-Einstein-Gymnasium putzt den Stolperstein für seinen ehemaligen Schüler Fritz Lieser am 8. Mai im Rahmen einer Schulstunde mit Religionslehrer Reimund Franz. Bündnis-Mitglieder und Freunde reinigen zunächst die Stolpersteine in den Stadtteilen, in denen sie wohnen. Treffen für das gemeinsame Putzen der zwölf Steine in der Innenstadt ist dann um 14.30 Uhr vor dem Café Valz in der Gatterstraße 13. Als letztes wird die Stolperschwelle vor dem Haupteingang des Weltkulturerbes Völklinger Hütte poliert.

Und dort vis-à-vis, am Völklinger Platz, will das Aktionsbündnis dann um 16 Uhr bei einer Kundgebung Flagge zeigen. Als Redner wird Horst Bernhard von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes erwartet. Für die musikalische Umrahmung sorgt unter anderem der Chor "Les Amis du Chant" aus Petite Rosselle.

Wie wichtig es sei, gegen Rassismus und Intoleranz aktiv zu werden, zeigten die erst kürzlich in Völklingen durchgeführten Demonstrationen von Rechtsextremen, sagt Caroline Conrad. Die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhobene Mahnung "Nie wieder Krieg" habe nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Die 120 in Völklingen lebenden Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea und Afghanistan erinnerten täglich daran.

Anwohner wie Brigitte Agostini in Ludweiler halten die Stolpersteine vor ihrer Haustür in Ehren, putzen regelmäßig selbst. Und Dieben sind offenbar die wenigen Gramm Messing pro Stolperstein der Mühe nicht wert. Es blieb, bestätigt Caroline Conrad, bisher bei einem einzigen hässlichen Vorfall: Unbekannte hatten im August 2012 die Gedenktafel für Euthanasie-Opfer Fredi Wiedersporn vor dem Haus Saarstraße 33 in Wehrden mit einem Hakenkreuz beschmiert. Mädchen und Jungen von der Gemeinschaftsschule Am Sonnenhügel hatten die Tafel daraufhin postwendend gereinigt.

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Auf einen BlickRichtig putzen ist nicht schwer: Man benötigt laut Caroline Conrad eine handelsübliche Scheuermilch, einen Küchenschwamm, einen Polierlappen und Wasser zum Nachspülen. Ausführliche Hinweise finden Leute, die sich unsicher fühlen, im Internet z. B. unter www.projekt-stolpersteine.de oder unter www.stolpersteine-hamburg.de . er

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