Porträt von Patrick Oehl aus Wadgassen Er ist fasziniert von heißem Stahl

Völklingen · Der Wadgasser Patric Oehl sorgt dafür, dass die neue Saarstahl-Stranggießanlage in Völklingen rund läuft.

 Patric Oehl steht vor der neuen Stranggießanlage im Völklinger Stahlwerk.

Patric Oehl steht vor der neuen Stranggießanlage im Völklinger Stahlwerk.

Foto: BeckerBredel

Unglaublich heiß ist es. Kein Wunder: Der Stahl, der im Völklinger Werk auf der neuen Stranggießanlage „S 1“ von Saarstahl produziert wird, hat eine Temperatur von 1000 Grad.

Im Leitstand des Stahlwerks ist es dagegen angenehm kühl: Hier ist der Arbeitsplatz von Patric Oehl aus Wadgassen. Der 40-Jährige überwacht an 15 Monitoren, dass die Anlage reibungslos läuft. Vor 20 Jahren fing der gelernte Industriemechaniker bei Saarstahl an. Er kennt sich mit allen Stranggießanlagen aus. Fünf sind es insgesamt im Stahlwerk. Mit seiner Erfahrung ist er also der Richtige für den Leitstand.

Wer aber denkt, die Arbeit an den vielen Monitoren sei eintönig, irrt. Oehl findet, dass der Job sehr vielseitig ist. Er kontrolliert zum Beispiel die richtige Temperatur des Stahls und dass die MSR-Technik perfekt funktioniert. Das Kürzel steht für „Mechanical Soft Reduction“. Dirk Deckers, Leiter des Stahlwerks, erklärt das so: Der heiße Stahl wird hier so zusammengedrückt und dadurch die Beschaffenheit optimiert, dass ein noch hochwertigeres Produkt am Ende dabei herauskommt. 100 Tonnen Kraft wirken dabei auf den Stahlstrang, erklärt Gießbetrieb-Leiter Gerhard Ney. Mit dieser Anlage für die sogenannten Stahlknüppel sei Saarstahl weltweit führend. 100 Millionen Euro hat sie gekostet, 170 Tonnen Stahl können hier pro Stunde vor allem für Kunden der Automobilindustrie und des Maschinenbaus produziert werden. Und Oehl ist mit seinen Kollegen im Leitstand verantwortlich, dass hier alles rund läuft, und wenn nicht, rechtzeitig einzugreifen. Was ihm an seinem Job besonders gefällt: „Die Chefs haben Vertrauen in uns.“

Doch kaum war die Anlage im Februar betriebsbereit, kam die Corona-Krise, die auch Saarstahl hart traf. Die Aufträge seien um 50 Prozent eingebrochen, die Produktion wurde deutlich runtergefahren, berichtet Deckers: „Das hat wehgetan.“ Die Kurzarbeit traf auch Oehl. „Das war ein bedrückendes Gefühl.“ Saarstahl habe das Kurzarbeitergeld dann auf 90 Prozent des Lohnniveaus aufgestockt, sagt Deckers. Trotzdem war die Unsicherheit groß. Und wie ist die Auftragslage zurzeit? „Weniger schlecht“, sagt der Werkleiter. Und es war deutlich zu spüren, dass die Automobilindustrie nur langsam die Produktion wieder hochgefahren habe, meint er. So wurde die ohnehin schwierige Situation der Stahlkocher mit Corona zusätzlich erschwert.

Zurück zum Leitstand: Pro Anlage sitzt nur ein Mitarbeiter an den Monitoren. Die allerwichtigsten Daten für den Produktionsprozess sind hier zu sehen – und auf den Kameras die Stahlknüppel. Doch 5000 Sensoren liefern noch viel mehr Daten, die der Qualitätskontrolle dienen. Auch in punkto Digitalisierung ist diese Anlage hochmodern.

In der Halle gibt es noch einen weiteren Leitstand für den Transport der Knüppel bis zu den Eisenbahnwaggons, die den Stahl dann in die Walzwerke nach Neunkirchen und Burbach bringen: Wenn die Knüppel auf die von den Kunden gewünschte Länge zwischen 6 und 13 Meter geschnitten sind, werden sie auf ein 100 Meter langes Kühlbett gehoben. Am Ende sinkt die Temperatur des Stahls auf rund 100 Grad, erläutert Ney. Immer noch heiß, aber doch deutlich kühler als zu Beginn des Produktionsprozesses. Das Endprodukt ist dann Stahl von erstklassiger Qualität – dank der neuen Stranggießanlage „S 1“ und Mitarbeitern wie Patric Oehl.

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