Neu geboren am 29. Februar

Völklingen · Der 29. Februar ist ein ganz besonderer Tag. Menschen, die an diesem Datum geboren sind, können ihren Geburtstag streng genommen nur alle vier Jahre feiern. Das Schaltjahr macht es möglich. Dieter Müller hat dann zwar nicht Geburtstag, feiert aber, dass ihm das Leben zum zweiten Mal geschenkt wurde.

 Am 29. Februar 2012 stürzte Dieter Müller mit dieser Cessna ab. Rettungskräfte des THW bergen die Maschine. Archivfoto: THW

Am 29. Februar 2012 stürzte Dieter Müller mit dieser Cessna ab. Rettungskräfte des THW bergen die Maschine. Archivfoto: THW

Dieter Müller macht heute mit seiner Frau eine Flasche Sekt auf. Es gibt etwas zu feiern, einen Jahrestag, der nicht jedes Jahr stattfindet. Am 29. Februar 2012, heute vor vier Jahren, hat der Völklinger einen Flugzeugabsturz überlebt. Der 29. Februar ist an sich schon ein besonderer Tag. Ihn gibt es nur in Schaltjahren, alle vier Jahre wird der Februar um einen Tag verlängert, zählt das Jahr 366 Tage. Das hat ganz praktische Gründe, die Erde braucht nämlich nicht exakt 365 Tage, um die Sonne zu umrunden, sondern 365 Tage und knapp sechs Stunden. Diese Extrazeit wird durch Schaltjahre ausgeglichen, sonst würden sich die Jahreszeiten verschieben, und irgendwann läge Weihnachten im Sommer. Auch wenn er Seltenheitswert hat und das Gefühl verleiht, ein bisschen Zeit geschenkt zu bekommen, ist der 29. Februar kein Feiertag, Erwachsene müssen arbeiten, Kinder in die Schule. Für viele ist es deshalb ein Tag wie jeder andere - in diesem Jahr eben ein Montag.

Manche aber verbindet doch etwas ganz Besonderes mit dem 29. Februar, und Dieter Müller , der im Völklinger Stadtrat sitzt, gehört ganz bestimmt dazu. Es war seine dritte Flugstunde, Müller steuerte die Cessna, einen kleinen Zweisitzer, gerade über den Pfälzerwald, als plötzlich der Motor versagte. Es ging runter. Der Fluglehrer übernahm das Steuer, versuchte zu retten, was zu retten war - und die Cessna rauschte schließlich mit 160 Stundenkilometern bei Rumbach in eine Baumkrone. Ihr Glück: Der Baum war eine Weißtanne, die gibt nach. Ein Hartholz wie eine Eiche wäre gebrochen, und das wäre es dann wohl gewesen. Zwei Jäger hatten die Bruchlandung außerdem beobachtet und konnten die Rettungskräfte zur richtigen Stelle lotsen. Und dann stand in der Nähe des Absturzorts auch noch eine Hütte, weshalb die Umgebung einigermaßen frei und nicht so dicht bewachsen war.

Dadurch konnte die Feuerwehr mit ihren Gerätschaften relativ problemlos anrücken und die unverletzten Männer nach rund anderthalb Stunden vom Baum herunterholen. Ganz viel Dusel auf einmal also. Jedes Jahr besuchte Müller seinen Lebensretter, die Weißtanne: "Leider wurde sie jetzt gefällt", bedauert er. Vielleicht sei sie an zuviel ausgelaufenem Treibstoff letztendlich doch zugrunde gegangen. Dieter Müller prostet heute erst seiner Frau, dann seinem Schutzengel zu und feiert eine Art neuen Geburtstag.

Einige feiern heute natürlich auch ihren richtigen Geburtstag. Endlich mal wieder, muss man dazu sagen, er findet ja so selten statt. Steffi Jung-Müller zum Beispiel wird heute acht. Also, eigentlich 32, aber es ist eben erst der achte echte Geburtstag. Dass er in diesem Jahr auf einen Montag fällt, spricht zwar eher gegen eine Party. Aber wenn es schon mal einen 29. Februar gibt, muss das auch genutzt werden. Und wenn gerade kein Schaltjahr ist, nimmt Jung-Müller Glückwünsche am liebsten am 1. März entgegen. "Ich bin im Februar geboren", betont sie zwar, aber Vorfeiern - so heißt es - bringt nun einmal Unglück.

Zur Geburtstagsfete lädt heute auch Jörg Wilbois, Ortsvorsteher von Steinbach. Dessen Bekannte hatte den Suchaufruf nach besonderen 29.-Februar-Geschichten im Völklinger Lokalteil der SZ gelesen und uns auf ihn aufmerksam gemacht. Wilbois wird heute nämlich 40, und weil das gleichzeitig sein zehnter Geburtstag ist, rundet er heute gleich doppelt. Dass heute Montag ist, hält ihn daher nicht ab: "Das wäre ja der Hammer, wenn ich die Feier verschieben würde." So oft rundet man schließlich nicht, erst recht nicht am 29. Februar.

Dass an diesem Tag nicht jedem nach Feiern zumute ist, darauf hat uns eine andere Leserin aufmerksam gemacht. Ihr Mann ist an einem 29. Februar gestorben, und weil sich der Todestag so selten jährt, ist es heute für sie noch ein bisschen schwieriger als sonst.

Letzten Endes ist heute zwar einfach nur ein Montag, so wie morgen Dienstag ist. Und doch verleiht das seltene Datum allem, was heute passiert, besondere Bedeutung.

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