"Mich interessiert das Mysteriöse"

Völklingen. Kunst im öffentlichen Raum ist immer heikel: Entweder man übersieht sie, oder sie wird zerstört. Daher entschied sich die Stadt Völklingen für das ganz andere und stellte in der Forbacher Passage das Geschenk der Stadt Forbach auf, eine Skulptur des Forbacher Bildhauers Dominique Colombino

Völklingen. Kunst im öffentlichen Raum ist immer heikel: Entweder man übersieht sie, oder sie wird zerstört. Daher entschied sich die Stadt Völklingen für das ganz andere und stellte in der Forbacher Passage das Geschenk der Stadt Forbach auf, eine Skulptur des Forbacher Bildhauers Dominique Colombino. "Zwei Wesen vor der Tür des Zufalls" nennt der in Folkling bei Forbach lebende Bildhauer und Maler Colombino die zwei Tonnen schwere Stahlarbeit. Sie erinnert an eine Mauer oder Tür, so wie es ihr Name nahe legt. Aus diesem Block hat Colombino Kreisformen ausgeschnitten, ebenso Fenster mit Rundbogen und Dreiecksformen, die ihm "Motive der deutschen Kultur" sind. Die mit Farbpigmenten bedeckten Glasstücke kombiniert er mit zwei in das Metall geschnittenen stilisierten Friedenstauben. Mehr will er nicht über seine Symbole preisgeben: "Mich interessiert das Mysteriöse." So hält er sich auch bedeckt mit Angaben zur eigenen Person; weder sein Alter ist zu erfahren noch etwas über seine Ausbildung. Er habe schon als Kind gern gemalt, erzählt er; ansonsten habe er "viel für privat" gemacht. Ein Blick ins Internet zeigt: Außer mit seiner Völklinger Arbeit und der für den Mundartwettbewerb "Völklinger Platt" 2005 gestalteten Trophäe kommt Colombino im weltumspannenden Netz nicht vor. Derlei Geheimniskrämerei ist unter professionell arbeitenden Künstlern unüblich. Das ist nicht schlimm, da seine Skulptur weniger als Kunstwerk überzeugt, sondern eher ein Angebot ist, stehen zu bleiben und zu lesen. Denn die Metallflächen sind mit französischem Text bedeckt, in dem er sich, so Colombino, zu den großen Fragen der Menschheit äußere: "Von woher kommen wir? - was machen wir? - wohin gehen wir?" Da ist von Engeln die Rede, von Yin und Yang, Licht und Schatten, den Gegensätzen. Arabische und chinesische Schriftzeichen finden sich ebenfalls. Schweißnähte ergeben Figuren, einen Schmetterling hat Colombino hineingeritzt, zwei Figuren stehen vor der türartigen Skulptur. Die Inschrift sei wie "Nahrung" und lebenswichtig wie "Brot". Die Skulptur sei "Teil eines Puzzles", sagt er. Sie gehöre zu einen Film, der gerade über seine Arbeit entsteht und den er in Völklingen präsentieren wolle. Die Skulptur sei "ein Spiegel". Nur: Wie soll man darin etwas erkennen, wenn hier viele Menschen kein Französisch sprechen? Aus diesem Grunde werde die Übersetzung von 20 Texten der Skulptur nachgeliefert, stellt Colombino in Aussicht. Derart, dass monatlich ein Text in deutscher Übersetzung vor der Skulptur angebracht werde. Auch sei ihm die Schrift im Metall die "vierte Dimension". Das ist eine waghalsige Behauptung, denn Schrift war und ist in der zweiten Dimension, also in der Fläche, oder in der dritten im Raum gut aufgehoben. Die vierte Dimension wäre Bewegung, also Zeit. Proportion und das Verhältnis von Figur und Grund, klassische Bildhaueraufgaben, spielen in Colombinos Skulptur keine Rolle. Sie finden gleich nebenan ihre Form in der Holzplastik von Florian Aigner. Der auf Kletterskulpturen spezialisierte Münchner Bildhauer hat alles das bedacht und ein Objekt mit Wiedererkennungswert geschaffen. Das ist nicht nur gut gemeint, sondern auch gut gemacht. Das ist Kunst zum Leben. Sie kommt ganz ohne sogenannte Symbole und nebulöses Wortgeklingel aus. Sie ist, wie Kunst im öffentlichen Raum sein soll: Ein Erlebnis und ein damit ein echtes Lebensmittel.

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