Flüssen und Bächen in Völklingen und im Warndt geht es schlecht. Lebensfeindliche Wasser-Welten

Völklingen · Markus Tressel wollte es wissen: Der Grünen-Bundestagsabgeordnete aus dem Saarland hat bei der Bundesregierung nachgefragt, wie es um die Gewässer hierzulande bestellt ist. Die Antwort liest sich ernüchternd.

 Idyllisch sieht sie hier aus, die Saar bei Wehrden; kein Zufall, dass dieses Bild  2010 in einem Kalender erschien, den das Stadtteilforum Wehrden herausgab. Doch die Idylle trügt: Die Saar – das haben Fachleute festgestellt – ist ökologisch in „unbefriedigendem“ Zustand.

Idyllisch sieht sie hier aus, die Saar bei Wehrden; kein Zufall, dass dieses Bild  2010 in einem Kalender erschien, den das Stadtteilforum Wehrden herausgab. Doch die Idylle trügt: Die Saar – das haben Fachleute festgestellt – ist ökologisch in „unbefriedigendem“ Zustand.

Foto: Peter Mohra

Im „guten Zustand“ sollten sie längst sein, bereits seit 2015: Das fordert die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union (siehe „Hintergrund“) für alle Gewässer Europas. Doch in Völklingen und im Warndt sind Flüsse und Bäche davon sternenfern – das zeigen die Daten, mit denen die Bundesregierung jüngst geantwortet hat auf eine Anfrage, die der saarländische Bundestagsabgeordnete Markus Tressel und einige seiner Kollegen aus der Grünen-Fraktion gestellt hatten.

Die Bewertung „sehr gut“ verdient demnach kein einziges der fast 100 Fließgewässer im Bundesland, die untersucht und bewertet sind (die Liste ist vollständig, nur ganz kleine Bäche sind nicht dabei). Die Note „gut“ ist acht Mal vergeben, die Note „mäßig“, eine Stufe drunter, 22 Mal – aber nur eines der so eingestuften Gewässer, der Netzbach („gut“), fließt im Regionalverband Saarbrücken. Da fängt’s ansonsten erst bei „unbefriedigend“ an. Nämlich mit der Saar. Die steht bei zwei der vier ökologischen Bewertungskriterien zwar „gut“ da. Aber das hilft der Gesamtbewertung nicht auf: Nach den EU-Regeln bemisst sich die Öko-Einstufung eines Gewässers nach dem Parameter, bei dem die ungünstigsten Ergebnisse gemessen wurden.

Und bei allen übrigen Wasserläufen in Völklingen und im Warndt geht es richtig zur Sache, das Urteil lautet durchweg „schlecht“. Ausgerechnet die Rossel, die über Jahrzehnte als dreckigster Fluss Deutschlands – oder sogar Europas? – galt, schneidet im Detail ein Tickchen besser ab. Ihr „morphologischer Zustand“ sei „gut“, lässt sich der Liste entnehmen. Heißt: Ihr Flussbett ist in Ordnung. Und so weit es  größere Wasserpflanzen und den Bewuchs am Boden des Flüsschens betrifft – Letzterer besteht vor allem aus Algen –, vergeben die Experten, die das Ganze analysiert und unter dem Fachbegriff „Makrophyten und Phytobenthos“ zusammengefasst haben, immerhin die Note „mäßig“. Das war’s aber auch schon mit den ohnehin schwachen Lichtblicken. Kleine Wassertiere, die in einem ökologisch intakten Fluss prima gedeihen würden, etwa Schwämme, Muscheln, Krebse, Schnecken, allerlei Insektenlarven (die Biologen sprechen von „Makrozoobenthos“), haben es sehr schwer, ihnen bekommt das Rosselwasser „schlecht“.

Und dann geht’s nur noch berg­ab mit den Bewertungen. „Unbefriedigend“ ist die Lage für Pflanzen und Fische im Köllerbach. Fürs Kleingetier ist sie „schlecht“, ebenso wie im St. Nikolausbach und im Lauterbach. Alle drei Gewässer haben zudem bessere Betten nötig, ihr morphologischer Zustand lässt zu wünschen übrig – speziell beim Lauterbach ist das ja seit Jahrzehnten bekannt und mitverantwortlich für regelmäßige Überschwemmungen in den Anrainer-Gärten. (Beim Köllerbach könnte  es sein, dass Verbesserungen aus jüngster Zeit entweder noch nicht gegriffen haben oder noch nicht in die Bewertung eingegangen sind: Ein großer Teil des Bachlaufs ist renaturiert worden, und eine Fisch-Zählung im vorigen Jahr erbrachte hoffnungsvoll stimmende  Ergebnisse.)

 Im Köllerbach leben wieder Biber. Von „Natur“ ist der Bach aber noch weit entfernt.

Im Köllerbach leben wieder Biber. Von „Natur“ ist der Bach aber noch weit entfernt.

Foto: Peter Telli

Ist ein Gewässer nicht im „guten Zustand“, muss das Land, in dem es fließt, nach den EU-Regeln etwas unternehmen gegen lebensfeindliche Bedingungen im und am Wasser. Den entsprechenden Bewirtschaftungsplan samt Maßnahmenprogramm hat auch das Saarland erarbeitet, man kann’s auf der Internetseite des Umweltministeriums nachlesen (Stand Dezember 2015). Die Saar, so steht es da, fein säuberlich für jeden Flussabschnitt  aufgedröselt, braucht weniger Stickstoff- und Phosphor-Einträge, weniger Wärme, bessere Kläranlagen drumrum, die zufließendes Wasser sauber halten, und bessere, natürlichere  Ufer. Die Rossel hat ein Problem mit PAKs, das sind polyzyklische aromatische Kohlenstoff-Verbindungen, die unter anderem aus Chemie-Produktion stammen; der Lauterbach leidet an „organischen Belastungen“, sprich: Fäkalien. „Abstimmung mit Frankreich (keine Baumaßnahmen im Saarland)“, heißt es dazu – Wasser-Nöte einer Grenzregion.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort