Wie es in Velsen weitergehen soll Kulturminister macht in Velsen Tempo
Velsen · Das Kulturministerium hat Leitlinien für die Industriekultur erarbeitet. Der Bergbau-Standort Velsen steht oben auf der Prioritätenliste.
Zum Warndt-Weekend haben die Ehrenamtlichen des Vereins Erlebnisbergwerks Velsen den 50 000. Besucher begrüßt in der Anlage, in der sie seit 2012 Gästen anschaulich den einstigen Alltag des Kohlebergbaus demonstrieren. Ein Elfjähriger aus Baden-Württemberg war der Glückliche. Gratulant war einerseits Gerrit von Velsen, Urgroßneffe des Mannes, nach dem die Grube an der deutsch-französischen Grenze benannt ist: Gustav von Velsen (1847–1923), königlich-preußischer Oberberghauptmann und späterer Minister für Handel und Gewerbe. Und andererseits ein Minister von heute: Ulrich Commerçon (SPD), in der Landesregierung zuständig für Bildung und Kultur.
Eine symbolträchtige Geste. Hat Commerçon doch Ende 2017 das Thema Industriekultur an sich gezogen. Und nun Leitlinien erarbeiten lassen, wie das Land künftig mit diesem Kultur-Kapitel umgehen soll und will. Die hat er am Dienstag seinen Minister-Kollegen vorgestellt.
Velsen spielt darin nach seiner Auskunft eine besondere Rolle. Es ist derjenige der 2013 definierten vier Premium-Standorte des früheren Bergbaus (Camphausen, Itzenplitz, Luisenthal, Velsen), den Commerçon zuerst angehen und für neue Nutzungen erschließen will. Auch um zu erhalten, was sich dort schon entwickelt hat – er nennt die beiden am Ort tätigen Vereine: Die Erlebnisbergwerk-Leute kümmern sich um den ehemaligen Lehrstollen, die Berg- und Hüttenleute aus Dorf im Warndt pflegen die historische Dampffördermaschine. Velsen, sagt Commerçon im SZ-Gespräch, sei „der spannendste Ort, an dem man im Saarland zeigen kann, wie so ein Bergwerk funktioniert“.
Einschließlich der Kaffeeküche, fügt er sehr ausdrücklich an – die urige „Kaffeekisch“, die nach dem Ende der Velsener Gruben-Eigenständigkeit 1965 blieb, wie sie war (und wie die meisten anderen Bauten des Tagesanlagen-Ensembles unter Denkmalschutz steht), ist bis heute in Betrieb, als letzte und einzige ihrer Art im Saarland.
Ein reizvolles Konzept für Velsen hatte eine große Runde von Akteuren 2014/15 in vom Regionalverband initiierten Workshops skizziert (wir haben berichtet). Seine eigenen Pläne, sagt Commerçon, gehen in dieselbe Richtung. Auch ihm ist wichtig, fürs Gesamt-Ensemble („toll“ nennt er es kurz und knapp) zu planen, nicht nur für Teile. Haken dabei: Dazu sei Abstimmung mit allen Akteuren nötig – in Velsen sind es viele, auch wegen verschiedener Eigentümer, „das ist nicht trivial“.
Zweiter Haken sind die Finanzen. Zum Konzept 2014/15 gehörte eine Kostenschätzung für die Sanierung der Kaffeeküche: 950 000 Euro, keine Riesensumme, doch seinerzeit ein offener Posten und heute längst von der Baukosten-Entwicklung überholt. „So richtig viel Geld haben wir immer noch nicht“, sagt Commerçon. Aber da gebe es verschiedene Möglichkeiten, Verhandlungen hätten begonnen. Etwa mit der RAG über einen Null-Verkaufspreis und die Möglichkeit, vermiedene Abrisskosten für Velsens Zukunft zu verwenden. Und mit der RAG-Stiftung, die allerdings nicht in Gebäude investieren könne.
Denkbar, sagt Commerçon auf Nachfrage, seien auch Investitionen des Landes. Das ist neu, bisher gab sich das Land bei den Bergbau-Denkmälern sehr zugeknöpft, zuletzt – zum Ärger der Kommunalpolitik – auch in den Debatten um Luisenthal. „Ich glaube, das Land ist in der Verpflichtung, auch etwas beizutragen“, bekräftigt Commerçon energisch. Wie hoch dieser Beitrag ausfallen könnte, dazu mag er sich aber nicht äußern. Zuerst werde mit der RAG verhandelt.
Doch er hat Eile: „Wenn wir das Einzigartige der Velsener Situation halten wollen, müssen wir rasch handeln“ – in der Kaffeeküche gebe es Sanierungsbedarf, sie müsse am Anfang stehen, sehr bald. Und: „Ein privater Investor muss mit rein.“ Der finde sich, da hat der Minister keine Sorgen, aber erst, wenn die Bau-Probleme aus der Welt seien. Ansonsten bestehe in Velsen „kein Druck, dass alles sofort passieren muss, es bricht nichts zusammen“; Commerçon will „einen Schritt nach dem anderen gehen“.
Gespräche mit fast allen Akteuren habe er bereits geführt, „zeitnah“ will er alle zu einem Runden Tisch versammeln. Immer mit Blick aufs Gesamt-Ensemble, auch bei der Eigentümer-Frage. Die Nöte etwa, die der Erlebnisbergwerk-Verein mehrfach vehement beklagt hat – er ist nur jahresweise Pächter, hat keine Planungssicherheit und kann kein Fördergeld einwerben – müssten „im Gesamtzusammenhang“ gelöst werden. Ein Träger müsse gefunden werden für die Velsener Anlage insgesamt. Der Zweckverband Regionalentwicklung Warndt sei „nicht der unwahrscheinlichste“. Doch festgeschrieben sei da noch nichts.
Was angesichts des Zeitplans freilich arg vorsichtig klingt: Bis Jahresende, sagt Commerçon, rechne er damit, Velsen-Vereinbarungen in trockenen Tüchern zu haben. „Und wenn es Februar wird – naja, auch in Ordnung.“