Krippen ohne Tannen und Moos

Völklingen. Überdimensionale Bananenblätter liegen in der Ecke am Boden, an den Wänden sind bereits kuchenblechgroße getrocknete Seerosenblätter angebracht

 Hermann Faust legt letzte Hand an die Patchwork-Krippe der Karlsbrunner Textilgestalterin Carmen Mann, die einen Laden im City-Haus betreibt. Foto: (2) Fertsch

Hermann Faust legt letzte Hand an die Patchwork-Krippe der Karlsbrunner Textilgestalterin Carmen Mann, die einen Laden im City-Haus betreibt. Foto: (2) Fertsch

Völklingen. Überdimensionale Bananenblätter liegen in der Ecke am Boden, an den Wänden sind bereits kuchenblechgroße getrocknete Seerosenblätter angebracht. Das braune getrocknete Blatt der Gattung Coccoloba, zu deutsch Meertraubenbaum, dient als Krippenhimmel, der Besucher findet Blätter der Ameisenpalme in den Ausstellungsräumen im Völklinger City-Haus und merkwürdig aussehende stachelige grüne Gebilde zu Füßen der heiligen Familie. "Das ist eine Frucht des exotischen Maclura-Baumes", erklärt Hermann Faust gestern Nachmittag, "der gehört zu den Maulbeergewächsen." Mit Exoten kennt sich der heute 80-jährige Design-Florist aus. "Immer dieses depperte Moos", grummelt er dann, "und diese Tannenbäume. Die Leute sollen endlich lernen, Krippen ohne diesen Nadelbaum aufzustellen." Nach dem großen Erfolg seiner eigenwilligen Krippenausstellung vor zwei Jahren in der Erzhalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte bereitet der Florist derzeit eine weitere - abgespeckte - Ausstellung vor. Dabei setzt der gebürtige Püttlinger die künstlerisch gestalteten Krippenfiguren aus Ton, Nudeln, Straußeneiern oder Stoff mit Materialien aus der Natur in Szene. Zugute kommen ihm dabei die Kenntnisse seines Neffen Dieter Michels, der als ehemaliger Chef-Dekorateur des Völklinger Kaufhofs ein sicheres Händchen für Kompositionen hat. Zum anderen pflegt Faust, wie er augenzwinkernd verrät, beste Beziehungen zum Botanischen Garten von Karlsruhe, seiner Wahlheimat. Mit Lieferungen aus dieser Quelle kann Faust, wie er sagt "das südliche Flair des Geburtsortes von Jesus am besten nachempfinden". Mit Libanonzeder, Palmen oder Agavenfruchtständen. Nicht ganz treu freilich ist er sich bei seiner Vorliebe für Buchstabennudeln und Hülsenfrüchten, die ebenfalls zu Füßen von Josef, den heiligen drei Königen und Co. liegen. Der besonderen Atmosphäre der Ausstellung, die insgesamt zwölf Krippen zeigt, tut der kleine Schwenk in die Küche aber keinen Abbruch. "Es wird eine poetische Ausstellung mit viel Gefühl", ist sich Dieter Michels sicher. Die Eröffnung am Samstag, 27. November, 16 Uhr, mit Bürgermeister Bintz ist entsprechend feierlich - mit Flötenmusik, "ein bisschen Wein gibt es auch", sagt Michels. Und die evangelische und katholische Kirche werden ihre Segenswünsche mitbringen.Zurück zu Hermann Faust im City-Haus: Zwischendurch verschnauft er auf einem Korbsessel, überprüft die Aufbauten, die auf mächtigen Bilderrahmen ruhen. Dann fällt sein Blick auf die Mon-Chéri-Krippe, weiße Holzköpfe im Profil, die sich mit knallroten Lippen küssen. "Das ist meine Lieblingskrippe", sagt er, "es hat alles mit einem Kuss begonnen."

Auf einen BlickDie Krippenausstellung im City-Haus dauert bis 6. Januar. Sie ist montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr geöffnet, samstags und sonntags von zehn bis 19 Uhr, am 1. und 2. Weihnachtstag von zehn bis 19 Uhr, an Heiligabend und Silvester von zehn bis 15 Uhr. Vom 2. bis 5. Dezember liest Gernot Richter täglich von 17 bis 18 Uhr für Kinder. Der Eintritt kostet zwei Euro (Dauerkarte: fünf Euro), Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre frei. Info für Gruppen: Tel. (01 70) 3 13 17 89. af

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