Kleine Lichtkegel huschen über Rost-Riesen

Völklingen · Durch den Bauch der Hütte mit Handlicht: Das Völklinger Weltkulturerbe bot am Mittwoch mindestens 300 Nachtaktiven eine unterhaltsame Taschenlampenführung – so vielen Gästen wie noch nie.

Mittwoch, 19.30 Uhr: 300 Menschen, vielleicht auch 400, darunter viele Kinder, wollen die Taschenlampenführung im Weltkulturerbe Völklinger Hütte miterleben. Hendrik Kersten, Ideengeber und Anführer der Nachtschwärmer, ist angenehm überrascht: "Schön, dass so viele gekommen sind." Kersten hält eine Riesenleuchte bereit, "einen regelrechten Ghettoblaster mit viel Karbid", sagt er. "Hoffentlich ist das eine Veranstaltung für die Kinder. Die haben schließlich Ferien und wollen was Spannendes erleben", sagen Ali und Sandra Tabori.

Nicht nur die Kinder erkunden das museale Eisenwerk mit neuen Sinnen. Bei Nacht, mit flackernden Lichtern, sind eben nicht alle Katzen grau. Neben Spektakulärem, etwa der bunt angestrahlten Hochofengruppe, rücken Einzelheiten in den Blick, die man am Tag vielleicht gar nicht so intensiv wahrnimmt. "Boah, ist die E-Lok riesig", sagt die 14-jährige Mona. "Die stammt aus dem gleichen Jahr, in dem die Mama geboren wurde", fügt ihre Schwester Sandra hinzu.

Übers geschwungene Kohlegleis, Treppen hinauf, Treppen hinab ("Vorsicht, Stufe!"), am Roheisenkanal vorbei führt Kersten mit seinen Helfern die Besucher in Gruppen zur Erzhalle und zum 27 Meter hohen Schrägaufzug.

" ‚Möllern' heißt das Zusammenstellen aller Materialien für die Hochofengruppe", bringen die "Kulturerbe-Begleiter" Informationen an Mann, Frau, Kind, Kegel. Und: "In den aktiven Zeiten der Hütte waren diese Maschinen rund um die Uhr im Einsatz, das ganze Jahr über, mit viel Lärm und mit viel Dreck."

Taschenlampen-Lichtkegel huschen über nun bemooste Betonpfeiler, streifen dicke Kabelstränge, erleuchten knallgelbe Hinweisschilder mit kryptischen Botschafen, folgen mächtigen Winderhitzern, rücken Einzelheiten in den Fokus. Keine Sorge, dass das Licht ausgeht? "Nö. Ich hab' eine Maglite. Das ist die Taschenlampe der New Yorker Polizei . Die wird mich doch hier nicht im Stich lassen", sagt die junge Lena Tabori. Ihre Schwester Lisa vertraut mehr einem deutschen Produkt: "Mal gucken, welcher Akku länger hält!" Elias Grenner trägt eine Kopflampe, "echtes Bergsteigermaterial. Die hab' ich mir zum Geburtstag gewünscht." Eine ähnliche Stirnlampe ("sehr praktisch, weil man die Hände frei hat") trägt Hüttenführer Detlef Thieser auch, und außerdem, wie seine Kollegen, eine brennende Handfackel. Martinsfeuerflair! Zum Einsatz kommen auch alternative Taschenlampen, zum Beispiel eine mit Dynamo-Handantrieb: "Die ist ja so was von cool", findet Lisa Tabori.

Rein geht's in die spärlich beleuchtete Erzhalle, raus geht's zum Absinkweiher, und nach über einer Stunde endet die spektakuläre Führung im Hochofenbüro. "Unbedingt wiederholen!", sagt Teilnehmer Horst Becking spontan, der mit seinen Enkeln Wendelin, Jonas und Wiebke teilgenommen hat. Der Vorschlag wird im Weltkulturerbe Völklinger Hütte mit Sicherheit offene Ohren finden - nach dem schönen Erfolg dieser Veranstaltung zur Nacht.

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Auf einen BlickPremiere hatte die Taschenlampenführung durchs Völklinger Weltkulturerbe im März 2014, damals kamen rund 250 Teilnehmer. Seither ist die Nacht-Veranstaltung mehrfach wiederholt worden; jedes Mal hat sie beim Publikum großen Anklang gefunden. red

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