Hochbegabung Klein, schlau – und oft unterfordert

Geislautern · Manchmal sind sie der Pausenclown, manchmal der altkluge Außenseiter: Beim Spielnachmittag in der Schloßparkschule in Geislautern können hochbegabte Kinder unter sich sein – ohne sich anpassen zu müssen.

"Mein Lieblingstier ist ein Oktopus", erzählt der sechsjährige Len bei der Vorstellungsrunde des Spielnachmittags der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK). Lens Schwester Liv und ihre Freundin Johanna, beide zehn Jahre alt, nehmen auch an dem Spielnachmittag in der Schloßparkschule in Geislautern teil. Jedes Kind hat sein Lieblings-Brettspiel dabei: "Halli-Galli" und "Die Werwölfe vom Düsterwald" stehen unter anderem zur Auswahl - auffällig ist, dass manche Kinder Spiele gewählt haben, für die sie eigentlich noch zu jung sind. Ansonsten turnen sie auf den Gerüsten des Spielplatzes herum oder spielen Fußball.

Einmal in der Woche besucht Len die Beratungsstelle für Hochbegabte in Dillingen anstatt in die Grundschule zu gehen. Dort bearbeitet er zusammen mit anderen Kindern selbstausgewählte Themen, die nicht auf dem Lehrplan einer Grundschule stehen. "Es ist sehr wichtig, dass hochbegabte Kinder auch mal unter sich sind. Im Kindergarten und in der Grundschule passen sie sich oft an, um nicht ausgeschlossen zu werden - manchmal schreiben sie sogar extra schlechtere Noten", sagt Nicole Colling, Mutter von Liv und Len. Zusammen mit der Sozialpädagogin Evelyne Bahr organisiert sie diese besondere Spielerunde. "Emotional sind Hochbegabte auf einem altersgemäßen Stand, nur kognitiv sind sie um einiges schneller", erzählt Colling. Sie kenne ein Mädchen, das mit drei Jahren schon Zeitung lesen konnte, die Inhalte hätten sie aber emotional überfordert und zum Weinen gebracht.

Warum sie diesen Spielnachmittag veranstalte? "Ganz einfach", sagt sie, "wenn man Mutter von zwei hochbegabten Kindern ist, fallen einem schnell die Defizite in diesem Bereich auf." Es sei schwierig, mit anderen Eltern über die Probleme mit dem hochbegabten Kind zu sprechen: "Man stößt schnell auf Unverständnis - manche halten einen für arrogant und die Kinder für altklug", erzählt Colling. So werde man schnell zum Außenseiter, Eltern genauso wie ihre Kinder. Alle Eltern sind beim Spielnachmittag mit dabei, nur sitzen sie im Raum nebenan. Durch eine Glaswand zwischen den Räumen beobachten sie ihre Kinder gespannt - sie verhalten sich skeptisch, wahrscheinlich aus Angst, man könne sie als Helikopter-Eltern darstellen.

Wenn andere Eltern über die zu schweren Hausaufgaben ihrer Kinder klagen, schweigen die Eltern der hochbegabten Kinder lieber - ihre Probleme sehen ganz anders aus: Wie können sie ihre Kinder beschäftigen, ohne dass denen sofort langweilig wird? Ein Regenschauer reicht aus, um etliche Fragen aufzuwerfen: "Wohin fließt der Regen? Und was ist mit dem Wasser im Waschbecken? Warum gibt es Regentonnen?", fragte Len seine Mutter. Hochbegabte Kinder hinterfragten alles ganz genau, erzählt Colling, das sei manchmal auch extrem anstrengend.

Ein Musikinstrument zu erlernen, fordere die Kinder, das fliege ihnen nicht einfach zu, erzählt Colling. "Ich spiele seit Jahren Geige", erzählt Liv, Johanna spielt Klavier: "Erst habe ich Keyboard gespielt, das hat aber viel weniger Tasten und macht deshalb nicht so viel Spaß."

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