Klaus Lorig spielt bald Grand ohne zwei

Völklingen · Fachbereichsleiterin Christina Hennrich vorzeitig im Ruhestand - Auch noch kein Nachfolger für Kurt Kasper in Sicht.

 Bei kontroversen Diskussionen redete sie niemand nach dem Mund: Christina Hennrich bei der Versammlung einer Bürgerinitiative Anfang März im Ludweiler Naturfreundehaus. Foto: Becker & Bredel

Bei kontroversen Diskussionen redete sie niemand nach dem Mund: Christina Hennrich bei der Versammlung einer Bürgerinitiative Anfang März im Ludweiler Naturfreundehaus. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Säulen der Völklinger Stadtverwaltung mit ihren über 400 Bediensteten wanken. Wenn man sich an die Skat-Sprache anlehnen will, riskiert Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) bald einen Grand ohne zwei: Christina Hennrich, bisher Leiterin des Fachbereiches Bürgerdienste, gefragte Volljuristin, seit Anfang der 90er Jahre im Rathaus, hat sich in den Vorruhestand verabschiedet. Dies geschah für die Öffentlichkeit überraschend. Und auch andernorts im Rathaus läuft die Uhr. In absehbarer Zeit räumt auch Kurt Kasper, Leiter eines weiteren Fachbereiches, seinen Platz. Insgesamt vier Fachbereiche gibt es im Rathaus, und damit blieben Lorig an erfahrenen Leitern nur noch zwei.

Hennrich, Volljuristin mit Prädikatsexamen, diente der Stadt bereits unter Alt-Oberbürgermeister Hans Netzer (SPD, 1989 bis 2003) als Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes. In dieser Zeit war sie unter anderem auch im Widerstand gegen die Genehmigungen für den Bergbau unter Völklinger Stadtteilen, insbesondere Fürstenhausen, gefordert.

Netzers Nachfolger Klaus Lorig (CDU) baute 2006 die Verwaltung um. Statt bisher zehn Amtsleiter gab es nur noch vier Fachbereichsleiter. Einer dieser vier so genannten Super-Minister wurde Christina Hennrich. Sie übernahm mit den so genannten Bürgerdiensten den wohl umfangreichsten neuen Fachbereich im Rathaus. Dazu gehören Bürgerbüro, Meldewesen inklusive Kfz-Stelle, Standesamt, Verkehrswesen inklusive Verkehrsführung, öffentliche Sicherheit, Bauaufsichtsbehörde und Kommunaler Ordnungsdienst. Um Rechts- und Versicherungsfragen kümmerte sich Hennrich nach wie vor persönlich. Wie auch um Sonderfälle wie die Gastspiele des 1. FC Saarbrücken im Hermann-Neuberger-Stadion. Dazu erarbeitete sie das nötige Sicherheitskonzept.

Hennrichs wohl heißester Fall in jüngster Zeit war der Bauantrag zur Einrichtung eines Großbordells in der früheren Glashütte in Fenne. Da empfahl sie dringend, die Genehmigung nicht zu versagen. Die Glashütte sei nämlich im Bebauungsplan (den sie übrigens nicht zu verantworten hatte) als Gewerbegebiet ausgewiesen. Damit seien dort "Vergnügungsstätten", unter die auch Bordelle fielen, grundsätzlich zulässig, und bei einem Nein riskiere die Stadt teuersten Schadenersatz. Andererseits sorgte Hennrich dafür, dass dem Betreiber enge Grenzen gezogen wurden. So darf das Bordell mit Blick auf die Nachtruhe der Anwohner nur von sechs bis 22 Uhr geöffnet sein. Und die Frauen, vom Betreiber "Mieterinnen" genannt, dürfen auch nicht in den Kabinen auf dem Gelände übernachten. Das verursacht dann zusätzlich zu der hohen "Miete", die sie in der Glashütte zahlen, womöglich abschreckend hohe weitere Kosten.

Hennrich war nie jemand, der nach öffentlichem Lob trachtete. Doch ihr langjähriger Mitstreiter Uwe Grieger, Stadt-Pressereferent seit bereits Netzers Zeiten, sagt dennoch lobende Worte. Eine "unermüdliche Schafferin" sei Hennrich gewesen, hochkompetent im Fachwissen, aber unkompliziert im Ausdruck und in den Umgangsformen. Er und auch viele andere würden sie nun im Rathaus vermissen.

Privat habe er sie als Klassik-Fan und bekennenden Fußballfan mit Sinn für Humor kennen gelernt. So habe sie, wenn der lange Dienstleistung-Mittwoch (bis 18 Uhr) im Rathaus vorüber gewesen sei, regelmäßig gerufen: "Aus, aus, das Spiel ist aus!" Das waren genau die Worte, die nach Deutschlands WM-Triumph in Bern durch den Äther klangen.

Ein Nachfolger für Christina Hennrich ist noch nicht in Sicht. Derzeit amtiert Herbert Mailänder, allerdings im Gegensatz zu Hennrich kein Jurist, als stellvertretender Fachbereichsleiter. Derweil nähert sich auch Kurt Kasper, Leiter des Fachbereiches 2, dem Ruhestand. Der erfahrene Verwaltungsmanager ist hier für ein weites Sachgebiet von Sport über Kultur, von Kindertagesstätten bis hin zu Grundschulen, für Wirtschafts- und Tourismusförderung und Soziales zuständig. Seine größte Herausforderung war es in jüngster Zeit, die Ankunft von Flüchtlingen in Völklingen zu meistern. Demnächst hat er aber zumindest noch eine angenehme Aufgabe: Er ist zusammen mit seinen Mitarbeitern dabei, das nächste Saarfest in Völklingen (9. bis 11. Juni), eines der Lieblingskinder Klaus Lorigs, zu organisieren. Wer nach Kasper den Fachbereich 2 meistern soll, ist offen.

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 Unkonventionell: Christina Hennrich (rechts) bei einem Ortstermin im August 2003. Archivfoto: Andreas Engel

Unkonventionell: Christina Hennrich (rechts) bei einem Ortstermin im August 2003. Archivfoto: Andreas Engel

Wenn auch Kurt Kasper geht, bleiben im Rathaus nur zwei von bisher vier Fachbereichsleitern übrig: Stefan Forster, im Fachbereich 1 unter anderem an oberster Stelle für Personal und Finanzen zuständig, wie Christina Hennrich Volljurist, und Heinz Beck, Fachbereichleiter 4, Technische Dienste, der unter anderem das gesamte Bauwesen verwaltet. Auch sonst gibt es offenbar Schwierigkeiten, Nachfolger zu finden. Der bisherige Stadtarchivar hat Völklingen verlassen, und auch für die Stadtbibliothek wird weiter ein neuer Leiter gesucht.

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