Integration Jeder Sechste hat einen ausländischen Pass

Völklingen · Die Nationalitäten-Mischung in Völklingen hat sich verändert, 17,5 Prozent der Einwohner sind heute Zuwanderer. Nun überarbeitet die Stadt ihr Integrationskonzept.

 Ein Bild aus den ersten Jahres des Kikus-Projekts: Erzieherin Hildegart Groß unterstützt in der Völklinger Kita Schubertstraße Belma, Lena, Sila, Justin, Leon und Gülias (von links) beim Deutschlernen. Es geht spielerisch zu, so lernt es sich besser.

Ein Bild aus den ersten Jahres des Kikus-Projekts: Erzieherin Hildegart Groß unterstützt in der Völklinger Kita Schubertstraße Belma, Lena, Sila, Justin, Leon und Gülias (von links) beim Deutschlernen. Es geht spielerisch zu, so lernt es sich besser.

Foto: BeckerBredel

Wo die Reise hingeht, ist noch offen. Klar ist nur: Völklingen hat sich auf die Socken gemacht – das Integrations-Konzept der Stadt wird „überarbeitet und fortgeschrieben“, heißt es in einer Mitteilung der Stadtpressestelle. Den Anstoß dazu hat der Stadtrat gegeben. In nichtöffentlichen Sitzungen haben der Hauptausschuss des Rates und der Ausschuss für Kinder, Soziales und Jugend bereits Ende August entsprechende Beschlüsse gefasst. Was zu tun ist, sollen Externe erledigen: Das Saarbrücker Institut für Sozialforschung, Praxisberatung und Organisationsentwicklung (ISPO) hat den Auftrag erhalten, das Projekt zu begleiten und das neue Konzept zu erstellen.

Braucht die Stadt tatsächlich ein neues Konzept für die Integration von Menschen, die aus anderen Ländern zugewandert sind? Das bisher gültige Konzept hatte Sevim Tasci 2009 vorgelegt, die erste Völklinger Integrationsbeauftragte. Die 40-seitige Broschüre behandelt das Thema ungemein gründlich, mit vielen Daten und Fakten, mit schlüssigen Analysen und einleuchtenden Vorschlägen, was die Stadt für die Integration ihrer zugewanderten Bürger tun kann und soll. Und wie: nämlich als Querschnittsaufgabe, die von allen Bereichen und Ressorts der Verwaltung zu leisten ist. Im Mittelpunkt des Konzepts steht die Sprachförderung, Integration durch Deutschlernen. Dazu hatte Tasci mehrere Projekte initiiert (siehe „Hintergrund“), mit denen Völk­lingen neue Wege ging und Vorbild wurde für andere Kommunen.

Tascis Analysen zeigen eine Stadt mit „gewachsener“ Zuwanderung: Völklinger Unternehmen hatten über Jahrzehnte „Gastarbeiter“ angeworben, die dann blieben. Beim zwölfprozentigen Ausländer-Anteil, den die Einwohner-Statistik für Ende 2009 ausweist – durchschnittlich im Bundesvergleich, überdurchschnittlich nur für saarländische Verhältnisse –, stellen denn auch Türken und Italiener die größten Gruppen.

Gülsah Bora, seit 2012 Tascis Nachfolgerin, steht heute vor einer anderen Situation. Zum 31. Oktober 2017 verzeichnet die Einwohner-Statistik 7067 Völklinger mit ausländischem Pass, also 17,5 Prozent der Bevölkerung. Und die Nationalitäten-Mischung hat sich stark verändert. Türken (2059 Menschen) und Italiener (1275) sind zwar noch immer die größten Zuwanderer-Gruppen. Doch gleich danach folgen die Syrer: Ihre Zahl ist von 16 im Jahr 2009 auf mittlerweile 1215 gestiegen – die großen internationalen Flucht-Bewegungen haben unübersehbare lokale Auswirkungen.

Auch die Erweiterung der  EU lässt sich am Völklinger Nationen-Spektrum ablesen: Lebten 2009 nicht mal 100 Menschen aus den Balkanländern in der Hüttenstadt, so sind es heute mehr als 1000 (unter anderem 444 Bulgaren, 536 Rumänen, 50 Bosnier, 50 Serben, 49 Kosovaren). Anders als einst bei Türken und Italienern hat sich dieser neue Zuwanderungs-Prozess quasi im Zeitraffer vollzogen. Die Integrations-Aufgaben der Stadt sind damit gewachsen. Die der städtischen Zivilgesellschaft auch.

Das wenige, das sich bereits abzeichnet zur Arbeit am neuen Integrationskonzept, klingt, als sei die Herausforderung im Grundsatz verstanden. „Aufgabe aller“ soll die Integration bleiben. Wobei Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) auch die Akteure außerhalb des Rathauses einbeziehen will: Die hätten dank ihres direkten Kontaktes zu den Migranten wichtige Erfahrungen und Informationen, die ins Konzept einfließen sollten, sagte er.

 Sevim Tasci, Integrationsbeauftragte von 2004 bis 2011.

Sevim Tasci, Integrationsbeauftragte von 2004 bis 2011.

Foto: BeckerBredel
 Gülsah Bora, Integrationsbeauftragte seit 2012.

Gülsah Bora, Integrationsbeauftragte seit 2012.

Foto: BeckerBredel

Nach einem – verwaltungsinternen – Auftaktworkshop, den es Anfang November gab, sollen  „alle relevanten städtischen und zivilgesellschaftlichen Akteursgruppen“ (Gülsah Bora) beteiligt werden an der Konzept-Arbeit. Für Mai 2018 hat Erik Schäffer, Geschäftsführer des ISPO-Instituts, einen ersten Entwurf angekündigt. Und im Sommer nächsten Jahres soll das  neue Integrationskonzept dann fertig sein.

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