Kolumne Wenn Wörter verschwinden

Aus dem Duden verschwinden ständig Wörter. Es verschwinden aber auch Wörter, die niemals im Duden zu finden waren. Darunter etwa das Kittelscherz. Und auch dessen Trägerinnen sucht man heute vergeblich.

Im Saarland verschwinden Begriffe, die noch nie im Duden standen.
Foto: SZ/Robby Lorenz

Man liest ja immer mal wieder davon: Wörter, die dereinst fester Bestandteil gepflegter und weniger gepflegter Unterhaltungen waren, verschwinden. Zuerst aus dem Sprachgebrauch, dann aus dem Duden, und dann war es das. Keine Mamsell ist heute mehr schokant, kein Stutzer mehr zartsinnig. So ist das nun mal mit der Sprache, sintemal sie ja lebendig ist und sich daher auch verändert wie ein Teenager nach seiner ersten Cola-Peng im Schullandheim. Hier in der Gegend verschwinden ja sogar Begriffe, die noch nie im Duden zu finden waren.

Nähts ist so einer. Schon ewig nicht mehr gehört, dass jemand was mit Nähts gestopft hat. Nicht zu verwechseln mit dem NEZ (Neeez), dem Neunkircher Einkaufszentrum, das mal vor etwa 40 Jahren so hieß und seither fast so häufig seinen Namen geändert hat. Aber noch immer fahren nicht wenige an Samstagen ins Neeez, um Peterling, Grauworscht, Schuhwix und anderes Zeug zu kaufen. Junge Eltern tun dies sogar samt Scheesewähnsche.

Ähnlich wie Nähts scheinen weitere Begriffe aus der Welt der Schnüre immer mehr zu verblassen. Oder wann, bitteschön, ist heute noch die Rede davon, dass einem der Schuhnischdel gerissen ist? Auch auf anderen Feldern verdorren wundervolle Wörter. So werden etwa beim Essen nur noch selten Orwese gemacht, selbst wenn das Aufgetischte viel zu
läpsch ist.

Verantwortlich dafür wäre vor nicht allzu langer Zeit noch die Herrin der Küche gewesen, immer gut zu erkennen an ihrer Uniform: der Kittelscherz. Und auch das gibt es nicht mehr.

In meiner Kindheit trugen alle alten Frauen – was für mich damals alle über 50 waren – eine Kittelscherz. Mal bunt gemustert, mal in dezentem Weiß, immer aber mit Würde und einem gewissen kochlöffligen Stolz.

Und eines war klar: Bei Kittelscherz-Trägerinnen war man stets gut aufgehoben. Denn dort wurde einem jede Sünde mit einem einzigen Satz vergeben: „Ach, jetzt gebbt’s zuerschd mol was zu esse.“ Und läpsch war das nie.

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