Ehemalige Hüttenleute führen durchs Völklinger Weltkulturerbe Hütten-Berichte aus erster Hand

Völklingen · Jetzt haben Ehemalige der Alten Völklinger Hütte das Wort. Bei Führungen durch das Weltkulturerbe erzählen sie über den Arbeitsalltag von einst.

 Detlef Thieser, Jahrgang 1936, ist Besucherbegleiter im Völklinger Weltkulturerbe. Dort hat er früher als Schlosser gearbeitet.

Detlef Thieser, Jahrgang 1936, ist Besucherbegleiter im Völklinger Weltkulturerbe. Dort hat er früher als Schlosser gearbeitet.

Foto: Oliver Dietze

Als die alte Völklinger Hütte im Juli 1986 schloss und der zähe Kampf um die Erhaltung der Industrie-Anlage begann, war es ganz selbstverständlich: Ehemalige Hüttenleute engagierten sich, um den Abriss des stählernen Kolosses zu verhindern. Sie zeigten Besuchern ihre Arbeitsplätze, erklärten ihnen die Abläufe bei der Eisen- und Stahl-Produktion, berichteten vom eigenen, nun vergangenen Alltag.

Wer „Hütte gucken“ ging, durfte nirgends ohne Helm hinein, weil Hochöfen und Hosenrohre, Hallen und Winderhitzer, Treppen und Stege noch ungesichert dastanden. Und bekam Erläuterungen von Menschen, die die Hütte aus der Schaffer-Perspektive kannten.

Das ist 31 Jahre her. Die abenteuerliche, teilweise marode Anlage hat sich zum sorgsam renovierten Denkmal gewandelt. Und aus den kämpferischen Hüttenführern der ersten Stunde sind ältere Herrschaften geworden. Einige leben nicht mehr.

Einige mussten ihr Engagement aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Aber ein paar – wenige – Ehemalige sind heute noch dabei, mit gleicher Leidenschaft und Einsatzfreude wie damals, mit lebhafter Erinnerung und ungebrochener Erzählfreude. Unter ihrer Führung durchs Denkmal zu streifen, ist etwas Besonderes: Sie berichten aus erster Hand, persönlich, authentisch.

Drei Ehemaligen hat das Denkmal-Team in den Sommerferien das Wort gegeben. Der Älteste im Trio ist Detlef Thieser, 1936 geboren. Er hat bereits vorige Woche seine Extra-Führung absolviert – doch wer aufmerksam durchs Gelände geht, wird ihm dort oft begegnen: Thieser ist der Gärtner im Team.

Dieser Traumberuf blieb ihm verwehrt, seine Eltern schickten ihn in die  Schlosserlehre. Heute  hat er die Hütte zu seinem Garten gemacht, kümmert sich um die Weiheranlage, die er mit Seerosen bepflanzt hat, füttert Fische und Vögel. Und wer den klein gewachsenen, gemütlich wirkenden Mann anspricht, wird freundliche, kompetente Auskünfte bekommen.

Heute steht Karl-Günther Lavall, Jahrgang 1938, Besuchern Rede und Antwort.

Er kennt sich wie kaum ein anderer aus mit den Kohlewertstoffbetrieben, deren Reste unter dem großen Parkplatz verborgen liegen und deren Umrisse dort nachgezeichnet sind: Lavall war Laborant dort. Nebenprodukte der Kokerei wurden an diesem Ort gewonnen, der als besonders feuergefährlich galt – Rohbenzol oder Rohteer waren Basis für so manches Produkt der Farben-, Kunststoff- oder Arznei-Industrie. Chemie also. Quasi zum Ausgleich hat sich Lavall auch in seinem Heimatdorf Karlsbrunn engagiert, für Grünes und Natur, im Landschaftspflegeverein.

Der Dritte im Bunde ist Manfred Baumgärtner, Jahrgang 1942. Sein Arbeitsplatz lag im Herzen der Hütte: am Hochofen. Auch beim allerletzten Abstich vor der Schließung, am 4. Juli 1986, war Baumgärtner dabei.

Der hochgewachsene, hagere Mann weiß viel zu erzählen. Und auch er hat sich stets auch noch jenseits des Denkmals eingebracht: Er gehört zu den Aktiven des Völklinger Tanzsportclubs Royal. Seine persönliche Extra-Runde durch die Alte Hütte ist am Mittwoch, 2. August.

Hüttenarbeit früher war härter, gefährlicher,  mit direkterem Kontakt zu Material und Maschinen, als das heute üblich ist. Nur noch wenige Hütten-Ehemalige können davon aus eigener Erfahrung berichten — fragen wir sie aus!

 Der Karlsbrunner Karl-Günther Lavall, Jahrgang 1938,  war einst Laborant in den Kohlewertstoffbetrieben.

Der Karlsbrunner Karl-Günther Lavall, Jahrgang 1938,  war einst Laborant in den Kohlewertstoffbetrieben.

Foto: Weltkulturerbe Völklinger Hütte/ Karl-Heinrich Veith/Karl-Heinrich Veith
 Manfred Baumgärtner, Jahrgang 1942, war Hochöfner.  Und auch beim letzten Abstich im Juli 1986 war er dabei.

Manfred Baumgärtner, Jahrgang 1942, war Hochöfner.  Und auch beim letzten Abstich im Juli 1986 war er dabei.

Foto: Oliver Dietze

Die Spezialführungen beginnen jeweils um 15 Uhr. Sie sind im regulären Eintrittspreis enthalten.

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