Gläserne Vielfalt für den Alltag

Ludweiler. Flakons, Puderdosen und Bürstenschalen, bernsteinfarbene Vasen mit "Cecilie"-Dekor, zartrosa Geschirr, unzählige Glaswaren füllen die Vitrinen und Schaukästen des Glas- und Heimat-Museums Warndt in Ludweiler. Viele stammen aus der Fenner Hütte, die meisten sind aus Pressglas

Ludweiler. Flakons, Puderdosen und Bürstenschalen, bernsteinfarbene Vasen mit "Cecilie"-Dekor, zartrosa Geschirr, unzählige Glaswaren füllen die Vitrinen und Schaukästen des Glas- und Heimat-Museums Warndt in Ludweiler. Viele stammen aus der Fenner Hütte, die meisten sind aus Pressglas. Wie es hergestellt wird, erklären Burkhardt und Maria Valentin anhand von französischen Pressglasformen. Die sind aus schwerem Gusseisen, sehen aus wie große Zangen und haben in der Mitte eine Aussparung, in die die Glasmasse gegossen wurde.Die Valentins, die das Museum im adretten, ehemaligen Bürgermeisteramt ab 2002 mit weiteren Ehrenamtlichen, unterstützt von der Industriekultur Saar (IKS) mit aufgebaut haben, sowie der Kunsthistoriker Michael Jähne, seit dem Eröffnungsjahr 2007 dort wissenschaftlicher Mitarbeiter, stehen im Ausstellungsraum "Glas auf den Tisch!". Hier wird vom Schlafzimmer bis zum Keller, vom Stammtisch bis zur Gartenlaube gezeigt, in welcher Vielfalt Glas früher im Alltag benutzt wurde. Was heute aus Plastik oder ganz verschwunden ist, war oft aus diesem Material: Knöpfe, Fingerhüte, Konfektschalen, Stopfeier. Wer kennt noch den Milchwecker, Augengläser oder die Klickerwasserflasche? Burkhart Valentin war Justiziar beim Regionalverband, ist Mitglied im Heimatkundlichen Verein Warndt, zu dem das Museum gehört, seine Frau war Grund- und Hauptschullehrerin, beide Ludweiler sind passionierte Glassammler: "Wir gingen immer schon auf Antiquitätenmärkte wie andere Leute ins Kino", sagt Maria Valentin. Sie wissen, dass die ausgestellten Gläser Zeugnisse interessanter Sozial- und Kulturgeschichte sind. 1616 sei an der Saar die erste Glashütte gegründet worden, in Ludweiler. Französische Glasmacher waren hergezogen, Hüttengründer war Jacques de Thietry aus Creutzwald. Es entstanden 23 Glashütten im Warndt, etwa in Klarenthal, Lauterbach, Wadgassen, Fenne oder in Friedrichsthal. Michael Jähne erklärt: "Wo sonst nichts ging, ging Glas." Alles sei hier Waldgebiet gewesen. Günstig, da man Holz zum Glasmachen brauchte.

An die 500 Ausstellungstücke, überwiegend aus dem 19. und 20. Jahrhundert, sind auf zwei Etagen im Museum zu sehen, etliche lagern im Depot. "In den Ferien gibt es Veranstaltungen für Kinder, da können sie mit Glas arbeiten, es bemalen und gravieren", sagt Jähne. Als Verantwortliche für ein Museum müsse man in die Zukunft schauen. Ein Film über Glasherstellung wird gezeigt, man würde gern interaktive Medien anschaffen, die überregionale Bedeutung der Thematik noch ausbauen. Im Jahr kommen an die 1000 Besucher. Jähne kümmert sich um Pressearbeit, Inventarisierung, Erwerb von Ausstellungstücken. Auch Führungen und Kassendienst erledigen er und die Valentins, fällt einer der übrigen Ehrenamtlichen aus.

Das einst bergbaugeschädigte Gebäude ist teilsaniert, um die gehorteten Gläser, Schleifplätze oder Ziselierwerkzeuge zeigen zu können, müssten weitere Räume hergerichtet werden. Die Stadt Völklingen unterstützt das Glasmuseum mit einem jährlichen Zuschuss. Auch Saartoto, die Energiestiftung Völklingen und der Regionalverband Saarbrücken, der es als "Ort der Kunst und Kultur" propagiert und ihm 2011 den Kulturpreis für besondere Verdienste im Bereich der Heimatpflege verlieh, setzen sich für das Museum ein. Glas als Industriegeschichte wird hier ins rechte Licht gesetzt. Lesungen, Konzerte, Themenabende zu Whisky oder Champagner veranstaltet. "Kommendes Jahr machen wir was zum Thema Rum, und Gitarrist Olaf Prätzlich tritt auf", kündigt Jähne an. Pressglassammler treffen sich in Ludweiler, ein Förderverein wurde gegründet und Sonderausstellungen von Glaskünstlern wie Ingeborg Schwingel oder Pascale Seil gezeigt, für 2013 wird eifrig geplant. Über ihre Leidenschaft für Glas können die Valentins stundenlang reden. Burkhardt Valentin erklärt, welche Detektivarbeit es manchmal sei, Herkunft und Alter eines Glases zu bestimmen. Als er von einer Schale mit Delfinfuß aus der Fenner Hütte behauptet, "Der Fuß sieht lothringisch aus, passt nicht", unterbricht ihn seine Frau: "Das ist jetzt deine Theorie." Schon sind die beiden im Fachdiskurs, Glas-Enthusiasten unter sich.

Die Broschüre gibt es kostenlos beim Regionalverband Saarbrücken: Tourist Information im Saarbrücker Schloss, Schlossplatz 1-15, Tel. (06 81) 5 06 13 13, Mail: touristinfo@rvsbr.de

Auf einen Blick

Glas- & Heimat-Museum Warndt im Heimatkundlichen Verein Warndt, Am Bürgermeisteramt 5, 66333 Völklingen-Ludweiler; Tel. (0 68 98) 4 48 00 60; E-Mail: glasmuseum@warndt.de; geöffnet: Di-So, 14 bis 16 Uhr, Eintritt: 2 Euro, ermäßigt 1 Euro; Führungen auf Anfrage. Sonntags 14.30 Uhr kostenlose Führung. Die Termine für Veranstaltungen 2013 stehen noch nicht fest. rr

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