Genauen Überblick hat niemand

Fürstenhausen · Grubenschäden haben Fürstenhausens Ortsbild grundlegend verändert, viele Häuser wurden abgerissen. Wie viele genau, lässt sich derzeit aber nicht in Erfahrung bringen: Die Akteure zählen unterschiedlich.

 Abbrucharbeiten in der Fürstenhausener Kurt-Schumacher-Straße kurz vor Weihnachten – bis Ende Januar soll der Schutt abgeräumt sein. Foto: Jenal

Abbrucharbeiten in der Fürstenhausener Kurt-Schumacher-Straße kurz vor Weihnachten – bis Ende Januar soll der Schutt abgeräumt sein. Foto: Jenal

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Kurz vor Weihnachten rückte in Fürstenhausen wieder der Abrissbagger an, um das Doppelhaus Kurt-Schumacher-Straße 23-25 dem Erdboden gleich zu machen (wir haben berichtet). Für uns Anlass zu einem genaueren Blick aufs Fürstenhausener Bergschadensgebiet: Wie viele Gebäude dort sind bisher abgebrochen worden, weil sie sich nach Grubenschäden nicht mehr reparieren ließen? Welche Pläne für den Neuaufbau, für die Neugestaltung gibt es? Wer kümmert sich um die Zukunft des Stadtteils? Und wer hat Überblick über die aktuelle Lage dort?

Die Antwort auf die letzte Frage ist ernüchternd: Niemand. Früher wusste die RAG exakt Bescheid darüber, wie viele Gebäude gegen Bergschäden gesichert wurden, wie viele sich letztlich doch nicht retten ließen und wie viele neu errichtet worden sind. Die hat die Abwicklung der Bergbaufolgen jedoch 2007 abgegeben an ihre Tochtergesellschaft RAG Montan Immobilien (MI). Und so konnte RAG MI-Sprecherin Traudel König im Dezember erst einmal nur die Abbrüche seit 2007 beziffern: 58. Zuvor, so hat sie dann bei der RAG in Erfahrung gebracht, habe es in Fürstenhausen zehn Abrisse gegeben. 14 Grundstücke seien veräußert und 14 Häuser neu errichtet worden. Wobei man die Zahl der Abrisse und Verkäufe nicht eins zu eins sehen könne, denn teilweise seien Grundstücks-Zuschnitte verändert worden.

Auch sonst stellt sich die Frage: Wie haben die RAG-Leute hier gezählt? Nur Wohnhäuser? Nur Bauten im RAG-Eigentum? Haben sie Gebäude eingerechnet, die abgebrochen und neu aufgebaut wurden? 2010 berichtete die RAG-Fachfrau Barbara Traving-Ney dem Völklinger Stadtrat, dass bis dahin 66 Häuser abgebrochen worden seien und weitere 20 bis Ende 2012 für den Abriss vorgesehen. Die Bergschadengemeinschaft kam beim Rechnen auf rund 100 Abbrüche bis heute. Die Stadtverwaltung hat Kenntnis von etwa 90 Abrissen, teilte Stadtpressesprecher Uwe Grieger auf SZ-Anfrage mit.

Die beiden Bauten in der Kurt-Schumacher-Straße zählen nach Griegers Auskunft dazu. Sie seien Teil der Fläche, auf der das geplante Seniorenzentrum Fürstenhausen entstehen soll. Die Stadt habe "freigelegte" RAG-Grundstücke nördlich der Saarbrücker Straße erworben, um dort, wie berichtet, Sportplatz und Clubheim, Festplatz, Multifunktionsfeld und Parkanlage neu zu bauen.

Rund 50 Baulücken, die man sofort (wieder) bebauen könne, haben die städtischen Planer in Fürstenhausen ausgemacht. Dabei haben sie sich allerdings nur innerorts umgeschaut, und sie haben Flächen mitgezählt, die bisher unbebaut waren.

Überblick über den gesamten Stadtteil hat also auch die Stadtverwaltung nicht. Aber das, sagt Grieger, solle sich bald ändern. Um freie Grundstücke besser vermarkten zu können, will die Stadt ein Leerstands- und Baulücken-Kataster für Fürstenhausen erarbeiten.

 Hier stand mal eine Häuserzeile: Baulücken wie hier prägen das Bild an der Saarbrücker Straße, im Fürstenhausener Ortskern. Im Hintergrund die Marienkirche. Archivfoto: Jenal

Hier stand mal eine Häuserzeile: Baulücken wie hier prägen das Bild an der Saarbrücker Straße, im Fürstenhausener Ortskern. Im Hintergrund die Marienkirche. Archivfoto: Jenal

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HintergrundVon 1993 bis 2005 baute das Bergwerk Warndt-Luisenthal unter Fürstenhausen Kohle ab. Fast alle 727 Gebäude im Stadtteil erlitten Schäden. 95 Häuser wurden als Totalschäden deklariert; die meisten sind abgerissen, einige wenige wieder aufgebaut. Von den knapp 3000 Einwohnern in den 1990er Jahren waren 2005 rund 700 weggezogen, seither gibt es wieder Zuzüge. Der Neuaufbau lässt auf sich warten. dd

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