Frauen bringen das Haus voran

Völklingen. "Mich gibt's eigentlich gar nicht", sagt Dr. Claudia Birkenheier und meint ihren Job. Weiblicher Chefarzt, das sei so unrealistisch, dass sie von Firmen oft als "Herr Dr. Claudia B." angeschrieben werde

 Die Chefärztin Dr. Claudia Birkenheier (rechts) und die Ärztin Dr. Sabine Baltes-Streit im Foyer der SHG-Kliniken Völklingen. Beide meinen: Familie und Arztberuf sind vereinbar. Foto: Becker & Bredel

Die Chefärztin Dr. Claudia Birkenheier (rechts) und die Ärztin Dr. Sabine Baltes-Streit im Foyer der SHG-Kliniken Völklingen. Beide meinen: Familie und Arztberuf sind vereinbar. Foto: Becker & Bredel

Völklingen. "Mich gibt's eigentlich gar nicht", sagt Dr. Claudia Birkenheier und meint ihren Job. Weiblicher Chefarzt, das sei so unrealistisch, dass sie von Firmen oft als "Herr Dr. Claudia B." angeschrieben werde. Fragt die Chefärztin der Klinik für Psychatrie, Pychotherapie und Psychosomatik der SHG- Kliniken Völklingen, die außerdem Ärztliche Direktorin ist, nach, erfährt sie, dass es im Computerprogramm einfach den weiblichen Chefarzt nicht gibt. Punkt. Auch an den SHG-Kliniken Völklingen sieht die Frauenquote bisher eher verhalten aus. 109 Ärzte arbeiten hier, 77 sind männlich, 32 weiblich (davon 27 Assistenzärztinnen). Unter den Chefärzten oder leitenden Oberärzten sind 13 Männer und drei Frauen. Bei den Oberärzten gibt es 21 Männer und drei Frauen; zwei von ihnen arbeiten in Birkenheiers Abteilung, eine in der Kardiologie. "Schade", meint die Chefärztin, denn sie findet: "Frauen können bestimmte Dinge einfach besser, zum Beispiel Zeitmanagement. Männern fällt es oft schwer, auf unerwartete Situationen in der Familie zu reagieren." Dass der Völklinger Ableger unter den insgesamt zehn SHG-Kliniken als "Flaggschiff" mit der besten Bilanz gilt, hat für sie ganz klar damit zu tun, dass im Haus Frauenpower angesagt ist: "Wir sind innovativer und kreativer", resümiert sie und betont die gute Zusammenarbeit mit Verwaltungsdirektorin Gabriele Haser und Pflegedirektorin Monika Klein. Doch die Frauenwelle in der Medizin rollt. Das belegen die Zahlen der Universitäten. Unter den Erstsemestern sind bereits 70 Prozent und mehr weiblich. In einigen Jahren erreichen sie die Kliniken. Birkenheier berichtet von ihrem Sohn, 21, der in Köln Medizin studiert: In seinem Semester sitzen 75 Prozent Frauen. Um Frauen das Leben mit Doppelbelastung Kinder und Job zu erleichtern, haben Dr. Birkenheier und ihre Kollegen ein Modell "Familie und Beruf" etabliert. "Wir haben uns erst einmal getroffen. Wir sammeln noch Ideen", sagt sie. Dennoch gibt es erste Ergebnisse: "Man kann Essen mit nach Hause nehmen, sogar Eis für die Kinder." Lösungen werden auch gesucht für die zunehmende Problematik, älter werdende, pflegebedürftige Familienmitglieder zu betreuen, trotz Job. Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, ist möglich. Das weiß Birkenheier aus eigener Erfahrung: Studium, Examen, erstes Kind, da war sie 24 - noch zu Zeiten des 72-Stunden-Dienstes, Arbeit in der Klinik inklusive Übernachtung. 1984 kam die 36-Stunden-Bereitschaft. Ein Jahr später, mit 31, war sie Oberärztin: "Jetzt sind wir auf 24 Stunden, das ist doch eine Verbesserung." Unterstützt wird sie von Dr. Sabine Baltes-Streit, seit zehn Jahren als Ärztin an den SHG-Kliniken. Die 44-Jährige hat sich als Arzthelferin durch das Studium zur Ärztin durchgearbeitet. Sie hat zwei Töchter im Alter von acht und zwölf Jahren; Dr. Birkenheier hat zwei Kinder, Junge und Mädchen, heute erwachsen. Netzwerke sind wichtig, sagen beide. Und Organisation. Baltes-Streit hat sich für einen Dreiviertel-Job entschieden, arbeitet 75 Prozent, um mehr Luft zu haben. Dennoch, auch sie trat im Juni, der Blick auf den Dienstplan belegt es, vier Mal an zur 24-Stunden-Schicht. "Es geht. Man kann nicht jeden Familiengeburtstag mitfeiern, klar."Was könnte helfen, ein firmeneigener Kindergarten? "Nein, nicht nötig", sagt Birkenheier. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass Eltern ihre Kinder lieber im Wohnort unterbringen und nicht am Arbeitsplatz." Leider hätten viele Frauen trotz guter Examensnote immer noch oft wenig Selbstvertrauen: "Eine ehemalige Kommilitonin von mir arbeitet als Arzthelferin und ist Ärztin", sagt Birkenheier. Viele hätten aber auch unrealistische Vorstellungen vom Arztalltag à la Schwarzwaldklinik. Darum bietet Birkenheier jeder Medizinstudentin oder angehenden Ärztin eine Schnuppermöglichkeit bei den SHG-Kliniken Völklingen an. Kontakt: Telefon (0 68 98) 12-24 71 (Sekretariat). "Wir sind innovativer und kreativer." Chefärztin Dr. Claudia Birkenheier zur Frage, was die Völklinger SHG-Kliniken anderen Krankenhäusern voraus haben

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