Frank Matvos aus dem Warndt Ein Lächeln schon um vier Uhr früh

Völklingen · Kältebus, Wärmestube, Senf und Gin: Frank Matvos aus dem Warndt macht unglaublich viel und ist glücklich dabei.

 Frank Matvos in den Räumen in Geislautern, in denen seine Senfmanufaktur entsteht.

Frank Matvos in den Räumen in Geislautern, in denen seine Senfmanufaktur entsteht.

Foto: Oliver Dietze

Frank Matvos muss die Tür auflassen, damit wenigstens ein bisschen Licht in den riesigen, noch fensterlosen Raum einer ehemaligen Videothek kommt. Aber die Ecken bleiben trotzdem schwarz, und Matvos’ weißes Hemd verschwimmt ein wenig in der Dunkelheit, als er loszieht und in einer von ihnen quasi verschwindet. Hinten liegen vielleicht hundert oder tausend Isoliermatten an der Wand, aus der offenen Balkendecke hängen Kabel wie Haare. Da muss noch einiges passieren.

Matvos bastelt an diesem Ort an seiner neuen „Offenen Senfmanufaktur“, mit der er die Leute beim Durchfahren durch die Ludweiler Straße in Geislautern ab Mai zum Anhalten bringen will. Ein kleiner Bruchteil von denen dürften schon reichen, damit sich das lohnt, bei dem Verkehr auf der Pulsschlagader zwischen Völklingen und dem Warndt. In der Manufaktur will Matvos eine Senfmühle, Kupferkessel und eine kleine Destille hinter einer riesigen Glasscheibe platzieren, so dass jeder beim Senf machen oder Alkohol brennen zuschauen kann.

Aber um das alles geht es eigentlich gar nicht. Frank Matvos steht da und lächelt. Warum ist er so gelassen und fröhlich? Er ist wie jeden Tag um vier Uhr in der Früh aufgestanden, um 180 Kilo Senfkörner zu mahlen. Manchmal wirkt er wie ein Phantom, das hier ist und dann mal dort, nicht so leicht zu greifen, und er hat unglaublich viel zu tun.

Vor fast fünfzig Jahren ist Frank Matvos in Creutzwald auf die Welt gekommen, danach ist er in der Natur zwischen Ludweiler und Karlsbrunn aufgewachsen und in dieser Zeit mit dem BMX-Rad „einfach so über die Grenze gehüpft“. Mit 18 Jahren hat er den Warndt verlassen und verschwand für eine Weile. Österreich, Schweiz und danach irgendwie überall. Er zählt die Länder gar nicht mehr auf, aber mit Ende Zwanzig jedenfalls hat er mit einem Range Rover die komplette Küste Afrikas abgefahren. Er hatte viel Geld, stürzte dann in eine schwere Lebenskrise und verlor alles, wie er sagt. Jetzt geht er die Dinge anders an, lebt wieder in Ludweiler und will machen und machen und machen.

Als Jugendlicher lernte Matvos das Handwerk des Bäckers und Konditors, merkte aber, dass nicht das Backen das Seine war, sondern das Formen. Also studierte er Produktdesign in Aachen. Heute stellt er neben seinem Senf auch Marmelade her, brennt mit seinen Lizenzen in Österreich und Frankreich Gin, Whisky und Schnaps, entwickelt mit seiner Design-Agentur Logos und schlachtet selbst. Er beliefert seine Kunden in der Umgebung mit dem eigenen Auto – „ich muss ja sowieso da lang“ – wie seinen Kumpel Ralph, der gerade einen Bioladen in Altenkessel aufgemacht hat, wo der geschäftige Matvos oft dann wieder die Zeit sausen lässt und sich zum Mittagessen an den Tisch hockt.

Mit ihm, Ralph Jochum, zusammen hat er zuletzt das Catering für die Diakonie in Völklingen gestiftet. Denn zu helfen, ist Matvos – wie unbedingt Nachhaltigkeit auch – sehr wichtig. Lange Zeit hat er jeden Tag für Ingos Kältehilfe in Saarbrücken gekocht, jetzt hilft er im Saarbrücker Kältebus mit.

Für die Wärmestube in der Großstadt hat er die Beschilderung organisiert und Lebensmittel gerettet. Zum Beispiel Kartoffeln: Manche sind für den Geschmack von Supermärkten zu klein oder zu groß. Matvos rettet sie, also er bekommt sie gratis von den Großmärkten und verteilt sie an die Wärmestube oder an jeden, der möchte. Er will einfach nicht, dass Lebensmittel verschwendet werden. Deswegen produziert er auch nur so viel Senf oder Marmelade, wie seine Kunden bei ihm bestellen.

Das alles klingt nach so unglaublich viel zu tun, aber Matvos macht mittags Siesta. Wenn er keine Lust hat, Senf zu mahlen, dann erledigt er etwas anderes. „Ich glaube, ich bin einer der freiesten Menschen“, sagt er. Aber er weiß auch, dass viele andere an einem solchen Lebensstil verzweifeln. Es funktioniert halt nur bei ihm.

Er hält sich nicht an die von Menschen gemachte Zeiteinteilung, wie er sagt, er erledigt seine Arbeit, wenn er es will. Das macht manche Tage lang, aber genau das liebt er wie auch zu angeln, ein Buch zu lesen und sich dabei mit Stille zu umgeben. Das Machen aber ist für ihn existenziell. Wenn er Senf mahlt, ist das für ihn wie für einen Meditierenden der Klang des „Om“. „Das, was ich tue, das bringt mich runter“, sagt Frank Matvos – und lächelt.

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