Flüchtlinge müssen „anständig wohnen“
Völklingen · Flüchtlinge aus Syrien kommen von der Lebacher Landesaufnahmestelle über die Landkreise und den Regionalverband in Kommunen, die weder Strukturen noch Fachpersonal für deren Betreuung haben. Die Art und Weise der Verteilung stößt in Völklingen auf Protest.
"Montags bekommen wir einen Anruf aus Lebach , dass morgen früh fünf weitere Syrer nach Völklingen gebracht werden. Wir müssen dann gucken, wo wir so schnell eine Wohnung herbekommen, denn wir haben keine" - Kurt Kasper, der zuständige Fachbereichsleiter in der Völklinger Stadtverwaltung, ist verärgert über die Art und Weise, wie die "Verteilung" von Flüchtlingen im Saarland vonstatten geht.
72 Menschen in Völklingen
Seit Jahresanfang werden Flüchtlinge , Asylbewerber und Spätaussiedler nicht mehr nur in der Landesaufnahmestelle in Lebach untergebracht, sondern auch in den Städten und Gemeinden. Der Verteilungsschlüssel ergibt sich aus der Einwohnerzahl der Kommunen und nicht aus der Zahl vorhandener Unterkünfte. Ursächlich für diese Maßnahme war die starke Belegung der Lebacher Zentralstelle, deren Aufnahmefähigkeit durch zwei Brände zusätzlich sank. Eine plausible Begründung für die Unterbringung der Menschen in den Kommunen ist aber vor allem der Gedanke der würdevollen Eingliederung - wo, wenn nicht in den Dörfern und Städten, soll den Flüchtlingen ein Neustart sonst gelingen? Also werden sie von Lebach an die Kreise und den Regionalverband "verteilt". Der Regionalverband wiederum schickt die Menschen in seine Kommunen. Dort ist es aus diversen Gründen mit der Würde aber nicht immer so weit her.
Seit Jahresbeginn zogen 277 Personen (Stand 23. Oktober) aus der Aufnahmestelle - über den Regionalverband, der Kostenträger ist - in die neun Kommunen (Saarbrücken hat einen eigenen Verteilschlüssel). Völklingen hat, wie fast alle anderen Gemeinden auch, derzeit sein Soll von 72 Untergebrachten erfüllt. Zwei Drittel davon sind Syrer, ein Drittel Eritreer (hinzu kommen 46 Minderjährige ohne Begleiter, die in drei Häusern von der Diakonie betreut werden).
Wohnungssuche als "Kraftakt"
Die Menschen leben in städtischen (Wohnungsbaugesellschaft) und in von Privat gemieteten Unterkünften, die man so gut wie möglich einrichtet und ausstattet. Hier leisten auch Ehrenamtler, etwa von der Diakonie , nach den Worten von Kurt Kasper gute Hilfe.
Die Vermittlung ging allerdings nicht leicht und ist nach Schilderung von Kasper ein tagtäglicher Kraftakt beziehungsweise ein Improvisieren von einer Notlage zur nächsten. Weder gebe es in der Verwaltung Fachpersonal , das sich in angemessener Weise um die Menschen kümmern könne, noch komme man mit der Raumbeschaffung nach. Kasper gibt zu bedenken, dass die Lage auch für die Flüchtlinge nicht glücklich sei; die meisten seien unter solchen Umständen in Lebach sicher besser umsorgt. Der Fachbereichsleiter wünschte sich eine zweite Aufnahmestelle, um die Flüchtlinge sozusagen fürs Leben "flügge" zu machen, vom Spracherwerb über Anleitung zum Bedienen von Geräten bis hin zur Eröffnung eines Kontos.
Völklingens Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU ) hat als Repräsentant des Städte- und Gemeindetages am gestrigen Montag ein Gespräch mit der zuständigen Innenministerin Monika Bachmann (CDU ) geführt, um die Lage zu verbessern. Auch er hält die Art der Zuteilung von Flüchtlingen für "völlig unorganisiert und teilweise abenteuerlich". Die Flüchtlinge müssten "anständig wohnen". Und deshalb bräuchten die Kommunen "mindestens eine Vorlaufzeit von drei bis vier Wochen". Es dürfe jedenfalls nicht so bleiben, dass die Kommunen mit dem Problem auf sich gestellt blieben.
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Auf einen BlickDie Gemeinde Großrosseln kommt mit ihren Verpflichtungen zur Aufnahme von Flüchtlingen derzeit gut zurecht. Die 16 Syrer sind alle in einem großen, privat geführten Appartement-Haus untergebracht, im Kernort Großrosseln. Und nach Beobachtung von Roland Jancik, der das Großrosseler Ordnungsamt leitet, sind sie wohl auch alles in allem zufrieden. "Das läuft reibungslos, es gibt keine Beschwerden", sagt Jancik. wp
