„Red Motel“ direkt neben früherer Kirche Fenne zeigt zwei Gesichter

Kirche geschlossen, Bordell eröffnet: Im kleinsten Völklinger Stadtteil treffen Gegensätze aufeinander.

„Red Motel“ direkt neben früherer Kirche: Fenne zeigt zwei Gesichter
Foto: SZ/Robby Lorenz

Fenne ist mit rund 900 Einwohnern der kleinste Völklinger Stadtteil. Und nun macht er von vielen Bürgern unerwünschte Schlagzeilen. Hier eröffnet mit dem Red Motel nun das (neben Burbach) wohl größte Bordell des Saarlandes. Auch wenn es der Betreiber lieber „Hotel“ nennt und auch nach diesem Geschäftsprinzip führen will.

Die 41 Miet-Räume für Prostituierte sind in die denkmalgeschützte Hülle der ehemaligen Glashütte eingebaut. Die Außenfassade wurde renoviert, ist aber zur Hausenstraße hin mit einem Bauzaun abgesperrt und mit ebenso unschönen Sichtschutz-Matten verhüllt. Die Tristesse setzt sich fort, wenn der Blick zum benachbarten Kirchturm von St. Antonius wandert. Die Kirche, schon vor Jahren wegen Baufälligkeit geschlossen, ist dem langsamen Verfall preisgegeben. Wenn dem nicht die Gnade der Abrissbirne zuvorkommt.

Fenne hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Unter- und Oberdorf sind durch Bahnlinie und – teilweise brach liegendes – Firmengelände voneinander abgeschnitten, und an Kindergarten und Schule ist schon gar nicht mehr zu denken. Doch es gibt auch positive Signale. Nicht weit weit enfernt vom Bordell hat ein türkischstämmiger Unternehmer, nicht zu verwechseln mit dem Grundbesitzer der Glashütte, zur Freude vieler Mieter zwei Hochhäuser saniert. In einem Leerstand nahe der früheren Kirche ist die Ökumenische Sozialstation eingezogen. Als Schmuckstück zeigen sich etwas weiter unten die historischen Glasmacherhäuser. An der Turnhalle in der Saarbrücker Straße ist ein Dorfplatz entstanden, der auch genutzt wird, und die Stadt geht an den Bau einer lange ersehnten Umgehungsstraße.

Dass nun ein bordellähnlicher Betrieb in die Glashütte Einzug gehalten hat, geht auch auf ein peinliches Versehen der Stadtplanung zurück, das der Stadtrat abnickte. Das Gelände war uneingeschränkt zum Gewerbegebiet erklärt worden, wobei man davon ausging, dass dort eine große Spielhalle eingerichtet werde. Nachdem dieses Vorhaben scheiterte, erschien das Red Motel dem Grundstückseigentümer und seinem Mieter, dem jetzigen Betreiber, als einzige Alternative.

Prostitution ist hierzulande legal – egal, was man persönlich davon hält. Die Fenner müssen nun mit dem Faktum leben. Sie dürfen aber erwarten, dass die zuständigen Behörden den Betrieb peinlich genau beobachten. Derzeit wird die Angelegenheit im Ort anscheinend noch relativ gelassen betrachtet. „Jedenfalls besser, als wenn die Frauen an der Straße stehen“, meinten gleich mehrere Leser in Kommentaren auf der SZ-Facebook-Seite.

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